Am Ende des Tages (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Verfolgungsjagd in die Vergangenheit

Es muss am Klima liegen, an der Luft oder an der Landschaft, dass es in Österreich weitaus weniger Berührungsängste mit dem Genrekino US-amerikanischer Prägung gibt als bei den nördlichen Nachbarn. Peter Payers düsterer Thriller Am Ende des Tages ist ein gutes Beispiel dafür, wie man einen Film in sein heimatliches Habitat einbettet, ohne dabei die Spannung schleifen zu lassen.
Eigentlich sollte es ein ganz normales Wochenende, ein Kurzausflug in die Sommerfrische werden, den der aufstrebende Jungpolitiker Robert (Simon Schwarz) und seine schwangere Frau Katharina (Anna Unterberger), eine wohlbehütete Tochter aus bestem Hause, zusammen unternehmen wollen. Beide sehen optimistisch einer glänzenden Zukunft entgegen, die Karriere des populistischen Rechtsauslegers nimmt dank seiner einfachen Botschaft (es sei vor allem die Ehrlichkeit, auf die es in der Politik ankomme, betont er mehr als einmal) gerade Fahrt auf, die bevorstehende Wahl soll nun endgültig besiegeln, dass er es, aus einfachsten Verhältnissen kommend, nach ganz oben geschafft hat. Allerdings erweist sich die Fahrt in die Berge auch als düsterer Roadtrip in die gar nicht so lichte Vergangenheit Roberts. Denn unterwegs begegnet das Paar – keinesfalls zufällig, wie sich im Laufe der Reise herausstellen wird, einem früheren Freund, der einiges über die Jugendsünden des smarten Politikers weiß. Und irgendwie schafft es dieser Wolfgang (Nicholas Ofczarek), der im Laufe der Zeit eine beängstigende Wandlung durchmacht, dem Paar auf den Fersen zu bleiben und mit seinen Fragen, Andeutungen und Angriffen immer wieder für Angst und Schrecken zu sorgen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Situation eskaliert und Robert die Masken der Gutbürgerlichkeit und Wohlanständigkeit endgültig fallen lässt.

Am Ende des Tages (weder mit einer Folge des Hessischen Rundfunks aus der Tatort-Reihe noch mit einem Krimi von Robert Hültner zu verwechseln) ist ein Muster an Effizienz: Drei Personen, ein Auto (bzw. zwei), viel Landschaft und ein Geheimnis aus der Vergangenheit – sehr viel mehr brauchen der Regisseur Peter Payer (Untersuchung an Mädeln) und sein Autor Kai Hensel nicht, um einen richtig guten und spannenden Thriller mit hohem Fiesheitskoeffizienten aus den Bildschirm zu zaubern, der ganz langsam, aber im weiteren Verlauf mit bitterster Konsequenz immer neue Windungen der Emotions-und Gewaltspirale nimmt.

Wobei man sich diesen Film aufgrund seiner gelungenen Arbeit mit den wechselnden Landschaften auch bestens auf der großen Leinwand vorstellen kann – wie sich hier die Stimmung parallel zum Weg aus der lichten Sommerfrische ins Schroffe und existenziell Bedrohliche der Bergwelt schrittweise verändert und schließlich radikal kippt, ist zwar nicht unbedingt neu, aber dafür mit Wucht und Schmackes und ohne jegliche Längen oder Hänger vorgetragen.

Am Ende des Tages ist eine echte kleine Entdeckung, die wieder einmal schmerzhaft den Finger auf die eigentliche Wunde im deutsch-österreichischen Verhältnis legt – und die dreht sich nicht um die ewige Frage, wer heuer die Vierschanzentournee dominiert hat, sondern um die schlichte Feststellung, dass es Genrekost diesen Kalibers in Deutschland nach wie vor schwer hat, während unsere südlichen Nachbarn mit großer Nonchalance einen Knaller nach dem anderen raushauen.

Am Ende des Tages (Blu-ray)

Es muss am Klima liegen, an der Luft oder an der Landschaft, dass es in Österreich weitaus weniger Berührungsängste mit dem Genrekino US-amerikanischer Prägung gibt als bei den nördlichen Nachbarn. Peter Payers düsterer Thriller „Am Ende des Tages“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie man einen Film in sein heimatliches Habitat einbettet, ohne dabei die Spannung schleifen zu lassen.
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