Alibi.com (2017)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Professionell vertuschte Seitensprünge

Einerseits legt der moderne Mensch Wert auf selbstbestimmte Freizeitgestaltung, andererseits aber hat er Beziehungen und mit ihnen auch Verpflichtungen. Dieses Dilemma weiß die französische Firma Alibi.com als lukratives Geschäftsfeld zu nutzen. Der junge Unternehmer Greg (Philippe Lacheau), sein Partner Augustin (Julien Arruti) und der neue Mitarbeiter Medhi (Tarek Boudali) verschaffen ihren Kunden sorgsam ausgetüftelte Alibis, wenn sie zum Beispiel die Ehefrau betrügen oder sich vor einem Abendessen mit den Schwiegereltern drücken wollen. Solche Dienstleistungsangebote soll es wirklich geben, der Regisseur und Co-Autor Philippe Lacheau (Project: Babysitting) ließ sich zu dieser Geschichte von einem Fernsehbericht inspirieren. Vielleicht liegt es also an der Realitätsnähe dieser augenzwinkernd unkorrekten, quirligen Komödie, dass sie in Frankreich knapp 3,6 Millionen Zuschauer in die Kinos lockte.

Die Philosophie der Lügen-Firma klingt direkt human: “Wir wollen nicht, dass die Opfer leiden, wir schützen sie.“ So wird der untreuen Ehefrau, die angeblich einen Backkurs besucht, auf dem Heimweg ein Päckchen mit frischem Gebäck für ihren Ehemann in die Hand gedrückt. Und der Kunde Gérard (Didier Bourdon), der sich Jean-Claude nennt, soll beruhigt einen Kurzurlaub mit seiner Geliebten genießen können, ohne dass die Gattin (Nathalie Baye) von seinen Ausgaben erfährt. Es dauert aber nicht lange, da müssen Greg und seine Mitarbeiter wild jonglieren mit all den selbst fabrizierten Lügen, die ihnen um die Ohren fliegen. Denn Greg verliebt sich in die Juristin Flo (Elodie Fontan), die ihm gleich sagt: “Betrüger und Lügner hasse ich wie die Pest!“ Also verschweigt ihr Greg seinen Beruf und überspielt natürlich auch sein Entsetzen, als er in ihrem Vater seinen Kunden Jean-Claude wiedererkennt.

So nimmt die freche Komödie schnell Fahrt auf, wenn sich die Firma mit all ihrer Manpower um Jean-Claudes Urlaub kümmern muss, der ausgerechnet in dem Hotel stattfindet, in dem auch seine Gattin mit Flo eincheckt. An Comedy-Einfällen mangelt es hier nicht, die wie auf einem Laufband in dichter Folge abgespult werden. Der neue Mitarbeiter Medhi hat Narkolepsie, so dass er ausgerechnet am Steuer einschläft und natürlich auch beim Observieren auf der Luftmatratze im Meer. Die Strömung trägt ihn hinaus und er kehrt in einem Flüchtlingsboot zurück, was sich negativ auf die Art und Weise, wie ihn die französische Polizei empfängt, auswirkt. Mit dieser kurzen Passage ist das Thema Flüchtlinge auch schon abgehandelt und es geht weiter zum nächsten Abenteuer, actionreiche Autoverfolgungsszenen inbegriffen.

Nach dem vielversprechendem Beginn verwandelt sich die Geschichte also mehr oder weniger in Klamauk. Obwohl selbst dem früheren Präsidenten Hollande in einer kurzen Satirenummer ein Anruf bei Alibi.com angedichtet wird, wirkt der Film im Ton aber weniger französisch, als vielmehr global. Denn er orientiert sich stark an Hollywoodkomödien, in denen ständig etwas los ist und der Held alle Mühe hat, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Der sympathische Greg erinnert zudem vom Aussehen her stark an Owen Wilson. Mit den Ekelwitzen, die in amerikanischen Komödien praktisch zum Standard gehören, wird hier eher sparsam umgegangen. Dafür leistet sich der Film eine böse Besonderheit, er mutet nämlich putzigen Tieren wie einem weißen Hündchen oder einer Katze schlimme Unfälle zu, in denen sie zum Teil sogar als Wurfgeschosse herhalten müssen. Zugegebenermaßen besitzt dieses unmoralische Herumtrampeln auf dem Niedlichkeitsklischee durchaus Witz.

Insgesamt aber ist das bunte Treiben weder ausreichend zentriert, noch besitzt es echten Charme oder emotionale Tiefe. Die Charaktere sind nur knapp skizziert, um die Handlung nicht auszubremsen. Und wie das oft so ist in Geschichten, die mächtig auf die Pauke hauen: Irgendwann löst sich der ganze Wirbel erstaunlich zielstrebig in Wohlgefallen auf. So bleibt diese Komödie letztlich doch nur eine Option für Leute, die gerade nichts Besseres zu tun haben.
 

Alibi.com (2017)

Einerseits legt der moderne Mensch Wert auf selbstbestimmte Freizeitgestaltung, andererseits aber hat er Beziehungen und mit ihnen auch Verpflichtungen. Dieses Dilemma weiß die französische Firma Alibi.com als lukratives Geschäftsfeld zu nutzen.

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Meinungen

donnyduck · 18.07.2017

Selten so gelacht. Von Anfang bis Ende. Ein Gag nach dem anderen. Klar, über Logik und Sinn braucht man nicht nachzudenken, aber der Film kommt im Gegensatz zu den vielen (z.B.amerikanischen) Komödien, so leicht und unverkrampft rüber, das bringen nur die französischen Komödien fertig.
Die Schauspieler sind großartig, einzig die Freundin Flo (Elodie Fontan) passte meiner Meinung irgendwie nicht so ganz in ihre Rolle. Warum der Singsang der 3 Möchtegernsängerinnen unbedingt ins deutsche übersetzt und interpretiert werden musste, entbehrte jedem Sinn und Intensität. In diesem Fall hätten die deutschen Untertitel ausgereicht.
Für einen entspannten, lustigen Abend ist ein Kinobesuch auf jeden Fall zu empfehlen.