The Man Who Shot Chinatown: Der Kameramann John A. Alonzo

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Mann mit der Mütze

John A. Alonzo gilt unter intimen Kennern des US-amerikanischen Films als einer der besten Kameramänner New Hollywoods, wirkliche Anerkennung aber erfuhr der aus Mexiko stammende DoP (Director of Photography) von Seiten des Hollywood-Establishments kaum. Ein Umstand, der angesichts der Filme, die Alonzo realisierte, einigermaßen erstaunen muss, war er doch verantwortlich für die Bildgestaltung solch epochaler Werke wie Harold & Maude (Hal Ashby 1971), Fluchtpunkt San Francisco / Vanishing Point (Richard C. Sarafian 1971), Norma Rae (Martin Ritt 1979), Scarface (Brian de Palma 1983) und vor allem natürlich Roman Polanskis großartiger Hommage an den Film noir Chinatown aus dem Jahre 1974. Dabei begann die Karriere des Auges von Hollywood viel unspektakulärer, denn der 1934 in Dallas, Texas geborene Sohn mexikanischer Farmer fand zunächst als Kleindarsteller den Weg zum Film – mehr als ein Dasein als Statist schien in jenen Jahren nicht drin zu sein für einen wie ihn. Und das, obwohl er bereits Kameraerfahrung bei einem lokalen TV-Sender gesammelt hatte. Doch Alonzo ließ nicht locker und konnte tatsächlich bei den jungen Rebellen des amerikanischen Films Fuß fassen. Außerdem setzte er sich – was mit Sicherheit seinen eigenen Erfahrungen als aus Mexiko stammender Kameramann geschuldet ist — für multiethnische Teams und die Stärkung der Rechte von Minderheiten in der Filmbranche ein und war einer der Pioniere auf dem Gebiet der HD-Kinematografie. Doch er blieb Zeit seines Lebens ein Außenseiter, der 2001 mit 67 Jahren starb.
Der deutsche Regisseur Axel Schill und die Produzentin Stephanie Bahr lernten John A. Alonzo als ihren Nachbar kennen, als sie in Los Angeles wohnten. Als der freundliche und bescheidene Nachbarn starb, waren die beiden tief bewegt und beschlossen, einen Film über diesen großartigen und viel zu wenig bekannten Kameramann zu drehen, der den Look vieler Filme in der Aufbruchphase von New Hollywood geprägt hatte. Allerdings waren während der drei Jahre dauernden Diskussion etliche Hürden zu nehmen, von denen die Finanzierung bei weitem nicht die höchste war. Als noch schwieriger erwies sich die Klärung der Lizenzrechte für die zahlreichen Filmausschnitte aus jenen Werken, an denen John A. Alonzo mitgewirkt hatte. Denn manche Studios verlangten Preise von bis zu 10.000 Dollar pro Minute, so dass lange Verhandlungen geführt wurden mussten, um das Gesamtbudget in einem überschaubaren Rahmen zu halten. Auch technisch erwies sich der Dreh als enorm anspruchsvoll, denn um den HD-Pionier auch formal entsprechend zu würdigen, mussten verschiedene Formate wie 35 mm, Super-8 und Videoformate auf HD konvertiert werden – was die Postproduktion sehr zeitaufwändig machte. Bemerkenswert ist auch die Vielzahl der Zeitzeugen, die Schill zu Wort kommen lässt: Neben den Schauspielern Sally Field und Richard Dreyfuss sind dies die Regisseure William Friedkin, Mike Figgis, John McNaughton und Michael Crichton ebenso wie der Filmkritiker Roger Ebert von der Chicago Sun-Times und Kollegen wie Haskell Wexler – ein wahres „Who is who“ der Filmindustrie.

Für Filmfans und solche, die die Arbeiten von John A. Alonzo kennen und schätzen, ist dieser Film ein echter Leckerbissen – zumal ja gerade Kameramänner sonst nur in Ausnahmefällen zu Stars werden. Dieser Mann war mit Sicherheit einer, so sind wir uns nach diesem Film sicher. Und das nicht nur, weil er als Auge für einige der wichtigsten Filme New Hollywoods agierte, sondern wegen seiner Menschlichkeit und seiner außergewöhnlichen Karriere.

The Man Who Shot Chinatown: Der Kameramann John A. Alonzo

John A. Alonzo gilt unter intimen Kennern des US-amerikanischen Films als einer der besten Kameramänner New Hollywoods, wirkliche Anerkennung aber erfuhr der aus Mexiko stammende DoP (Director of Photography) von Seiten des Hollywood-Establishments kaum.
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