The 3 Rooms of Melancholia

Der vergessene Krieg

Es sind vor allem die Kinder, die es der finnischen Filmemacherin Pirjo Honkasalo angetan haben. Sie sind die Opfer in einem Krieg, der seit Jahren nahezu vergessen am Rande Europas tobt – der Tschetschenien-Konflikt. Schauplatz des blutigen Kampfes sind Russland, Tschetschenien und Inguschetien – eben jene Titel gebenden drei Räume der Melancholie. Die Unfähigkeit oder der Unwillen der Politiker und Verantwortlichen, den Konflikt zu beenden, sorgt dafür, dass eine Generation heranwächst, für die Hass, Gewalt und Tod selbstverständlich zum Weltbild gehört und systematisch anerzogen und gefördert werden – eine menschliche Tragödie.

Ursprünglich war es ein ganz anderer Film gewesen, den die finnische Dokumentarfilmerin Pirjo Honkasalo drehen sollte, eine Umsetzung des achten Gebots „Du sollst deinem Nächsten kein falsches Zeugnis ablegen“. Doch von da aus war es nicht mehr weit zur Verlogenheit, die die Diskussion – wenn überhaupt – bezüglich des Tschetschenien-Konflikts beherrscht. Sie machte sich in den drei Kampfgebieten auf Spurensuche und konzentrierte sich auf die kleinsten Opfer des Krieges – die Kinder. Im ersten Raum der Melancholie genannt „longing“ besucht sie eine Kadettenanstalt auf der St. Petersburg vorgelagerten Insel Kronstadt. Hier werden Zehn- bis Sechzehnjährige, zumeist Waisen oder Halbwaisen systematisch auf eine militärische Laufbahn vorbereitet. Und da die meisten von ihnen die Kinder in Tschetschenien gefallener Soldaten sind, fällt die planmäßige Erziehung zum Hass auf fruchtbaren Boden. Im zweiten Raum namens „breathing“ besucht Honkasalo die tschetschenische Hauptstadt Grosny und findet dort Menschen vor, die der Krieg vollkommen zerstört hat. Auch hier sind es vor allem die Kinder, die unter dem Konflikt leiden, sie spielen mit Waffenattrappen oder lassen sich für ein paar Rubel in giftige Ölbrunnen abseilen, um nur irgendwie das bisschen Geld für das tägliche Überleben zusammen zu bekommen. Der dritte Raum namens „remembering“ ist ein Flüchtlingslager in Inguschetien nahe der tschetschenischen Grenze, wo sich die Muslimin Hadizhat Gataeva sich um tschetschenische Waisen und Halbwaisen kümmert. Zu ihren Schützlingen gehören unter anderen die elfjährige Aslan, die mehrfach vergewaltigt mitten im Winter in einem Pappkarton gefunden wurde oder der zwölfjährige Adam, den seine geistig verwirrte Mutter aus dem Fenster einer Wohnung im achten Stock werfen wollte. Ein anderes Mädchen, gerade mal zwölf Jahre alt, wurde schwanger, nachdem sie ein russischer Soldat mehrfach vergewaltigt hatte, noch im siebten Monat hatte sie eine Abtreibung.

Ein erschütternder Film, bei dem der Titel definitiv wie eine Untertreibung wirkt. Denn wer einmal die Augen der Kinder in diesem wichtigen Dokumentarfilm gesehen hat, der empfindet nichts als Wut und Betroffenheit über das unsägliche Leiden der Kinder, die längst in nahezu jedem Bereich ihre Unschuld verloren haben.

The 3 Rooms of Melancholia

Es sind vor allem die Kinder, die es der finnischen Filmemacherin Pirjo Honkasalo angetan haben. Sie sind die Opfer in einem Krieg, der seit Jahren nahezu vergessen am Rande Europas tobt – der Tschetschenien-Konflikt.

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