Tailor Made Dreams – Maßgeschneiderte Träume

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Stoff, aus dem die (Bollyood-)Helden sind

Issar ist ein einfacher Schneider und Issar hat einen Traum: Der gebürtige Inder, der in Thailand lebt und dort mit der Anfertigung von Maßanzügen seinen Lebensunterhalt bestreitet, wäre gerne ein Filmstar aus einem Bollywood-Streifen. Als eines Tages der deutsche Regisseur Marco Wilms vor ihm in seinem Laden in Bangkok steht, weiß Issar, dass seine Chance gekommen ist. Die beiden Männer, der Regisseur und der Schneider, vereinbaren ein gemeinsames Filmprojekt: Issar wird seine zahlreichen Kunden aus Europa, deren Visitenkarten er wie einen Schatz aufbewahrt besuchen, und Marco Wilms wird ihn auf seiner Reise quer durch Europa mit der Kamera begleiten. Viele der Kunden, die ihn im fernen Asien ausgesucht haben, kennen den freundlichen älteren Herrn im perfekt sitzenden Zwirn nicht mehr, doch andere erinnern sich und freuen sich auf ihn. Und vielleicht, so Issars heimliche Hoffnung, landet er irgendwann im Verlauf seiner Reise in jenem Hotel hoch oben in den Schweizer Alpen, in dem vor rund vierzig Jahren sein Lieblingsbollywoodfilm Sangam gedreht wurde. Es beginnt eine Reise quer durch Europa, von Düsseldorf nach Helsinki, von Berlin nach Brüssel, von Jyäskyäli – wo Issar eine Liebe aus alten Zeiten trifft – bis in die Schweizer Alpen, für Issar das Abenteuer seines Lebens und die Erfüllung so mancher Träume.

Marco Wilms und Issar, der indische Schneider haben sich in Thailand kennen gelernt, wo Wilms sich um einen Job bewarb. Vom Regen völlig durchnässt vor dem Bürogebäude angekommen stand der Regisseur wie ein begossener Pudel im Regen, bis der Besitzer des Maßateliers die verzweifelte Lage des jungen Mannes erkannte und ihm einen der nicht abgeholten Anzüge auslieh – der Beginn einer wundervollen Freundschaft. Und so erklärt es sich auch, dass Tailor Made Dreams — Maßgeschneiderte Träume weniger ein „echter“ Dokumentarfilm ist als vielmehr ein Experiment verschiedener filmische Form, dass vom stillen Einverständnis der beiden und von einer tiefen Sympathie getragen wird. Was Puristen des Dokumentarischen den Schweiß auf die Stirn treibt, findet andererseits an den Kinokassen reichlich Zuspruch. Möglicherweise ein Hinweis darauf, dass Leben pur zwar gefragt ist, aber bitteschön mundgerecht zubereitet und in massenkompatibler Dramaturgie. Auch Wilms versteht sich in der Verdichtung und Dramatisierung, doch er tut das mit viel Herzenswärme und ohne den Zynismus eines Borat. Stattdessen ist es Issar, der sich selbst und seine Träume mit einer gehörigen Portion Humor und Selbstironie immer wieder auf die Schippe nimmt.

Mit Gesangseinlagen und allgegenwärtigen indischen Tänzerinnen, sehr viel Witz und nachdenklichen Momenten sowie einem wundervoll schrägen und weisen indischen Schneider auf der Reise seines Lebens und eingeschnittenen Filmsequenzen aus alten Bollywood-Schnulzen ist Marco Wilms mit Tailor Made Dreams — Maßgeschneiderte Träume eine furiose Bollywood-Doku gelungen, deren Star mit einem Shah Rukh Khan zwar nicht in punkto Jugendlichkeit mithalten kann, dessen Charme aber die Herzen der Zuschauer im Sturm erobern wird. So Herz erwärmend wie ein Chicken Korma!
 

Tailor Made Dreams – Maßgeschneiderte Träume

Issar ist ein einfacher Schneider und Issar hat einen Traum: Der gebürtige Inder, der in Thailand lebt und dort mit der Anfertigung von Maßanzügen seinen Lebensunterhalt bestreitet, wäre gerne ein Filmstar aus einem Bollywood-Streifen.

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Meinungen

Jo · 18.01.2007

Toll - frisch - melancholisch - verwirrend - schrill