Sworn Virgin (2015)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Erstarrt in Klischeebildern

Hana (Alba Rohrwacher) wächst in den Bergen Albaniens auf. Hier herrscht noch ein archaisches und durch und durch patriarchalisches Denken. Eine Frau isst nicht vor dem Mann. Eine Frau geht nicht allein aus dem Haus. Eine Frau redet nicht, bevor der Mann es ihr erlaubt. Ein Frau darf kein Gewehr anfassen. Eine Frau hat ihren Mann zu ehren. Eine Frau hat Kinder zu gebären.

Nach dem frühen Tod ihrer Eltern wird sie von einer anderen Familie aufgenommen. Diese hat schon eine Tochter: Lila. Als Hana heranwächst, spürt sie mit jedem Tag den Druck und die Restriktionen, die auf ihr lasten. Um dem zu entkommen und um ihrem Adoptivvater zu gefallen, beschließt Hana, eine alte Tradition als Schlupfloch zu nutzen: In Albanien ist es Frauen möglich, als Männer anerkannt zu werden, wenn sie sich als solche kleiden, sich so benehmen und im Gegenzug einen Schwur leisten, ihr gesamtes Leben lang eine Sworn Virgin — eine eingeschworene Jungfrau — zu bleiben. So wechselt das Mädchen das Geschlecht.

Jahre später, als auch ihre Adoptiveltern tot sind, fährt Hana, jetzt Mark, zu Lila, die inzwischen mit ihrem Mann nach Italien geflohen ist, weil sie sich nicht den alten Sitten und einer Zwangshochzeit fügen wollte. Lila ist nicht allzu glücklich über Marks Auftauchen, doch sie bietet ihm Unterschlupf. Und so beginnt für Mark ganz langsam ein neues Leben. Je länger er aus den alten Traditionen heraus ist, desto mehr kehrt er in sein altes Geschlecht zurück. Auch wenn dies inzwischen gar nicht mehr so einfach ist, haben sich die Geschlechtergrenzen doch sehr vermischt. Ihm ist völlig unklar, wie Geschlecht, Macht und Gesellschaft in Italien funktionieren.

Ein sehr spannendes Thema hat sich Sworn Virgin da herausgesucht. Die Umsetzung ist leider nicht annähernd so interessant. Laura Bispuris Werk ist grundsätzlich wortkarg und in dunklen Farben gehalten. Ihre Figuren agieren nicht viel, die Handlung schreitet sehr langsam voran. Das ist nicht grundsätzlich verwerflich, hätte man nur nicht permanent das Gefühl, dieses einzelne Bild schon einmal im Kino gesehen zu haben. Die Bildästhetik und Art der Erzählung sind seit vielen Jahren der Standard des rührigen, sozialgeschichtlichen Weltkinos. Eine sichere, aber dafür absolut langweilige Wahl der Mittel, die vor allem diesem Thema nicht gut tut. Im Gegenteil, Hana und ihre Geschichte ersticken ganz langsam im dunklen Sud, sie erstarren und enden in Klischeebildern: Man schneidet die Haare ab, um sie zum Mann zu machen, sie probiert einen BH an, um wieder zur Frau zu werden. Dazwischen: nicht viel, vor allem nichts aus dem Inneren dieser Figur, die eine doppelte Transition von Frau zu Mann zu Frau hinter sich bringt.

Und so bleibt der Film eine reine Oberflächlichkeit in Verlangsamung, in Schweigen, in hohlen Gesten. Wie schade. Es bleibt nur zu hoffen, dass vielleicht jemand anderes sich mit mehr Mut an dieses spannende Thema wagt.
 

Sworn Virgin (2015)

Hana (Alba Rohrwacher) wächst in den Bergen Albaniens auf. Hier herrscht noch ein archaisches und durch und durch patriarchalisches Denken. Eine Frau isst nicht vor dem Mann. Eine Frau geht nicht allein aus dem Haus. Eine Frau redet nicht, bevor der Mann es ihr erlaubt. Ein Frau darf kein Gewehr anfassen. Eine Frau hat ihren Mann zu ehren. Eine Frau hat Kinder zu gebären.

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