Supertex - Eine Stunde im Paradies

Einblicke in eine jüdische Familie

Seit langem schon ist Leon de Winter einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller der Niederlande. Fast pünktlich zum 50. Geburtstag des Autors am 26. Februar kommt nun eine Verfilmung seines Romans Supertex in die Kinos, die bereits zehnte Adaption eines Buches des niederländischen Romanciers.

Die beiden Brüder Max (Stephan Mangan) und Boy (Elliott Levey) sind die schwerreichen Erben des jüdischen Textilunternehmers Simon Breslauer (Jan Decleir), der trotz aller Erfolge niemals seine Wurzeln vergessen hat. Während Max gegen den übermächtigen Vater revoltiert und bewusst lax mit den jüdischen Gesetzen und Riten umgeht, hat sich Boy den Wünschen des Vaters angepasst und sogar schon die passende – selbstverständliche jüdische – Frau in peto. Doch die festgefügten Rollen und das scheinbar funktionierende, fein ausbalancierte Familiengerüst zeigt Spuren des Verfalls: Max ist sich unsicher, ob seine Beziehung zu Esther von Dauer sein kann, zumal er die faszinierende Maria kennen lernt, der treusorgende Vater hat seit langem schon eine Affäre mit einem Ex-Model und Boy erfährt während einer Reise durch Marokko eine seltsame Wandlung. Als Simon Breslauer schließlich stirbt, trifft die Familie am Grab des Patriarchen zusammen und muss sich damit auseinandersetzen, dass die bisherigen Lebensentwürfe und –modelle nicht mehr funktionieren.

Trotz einer hochkarätigen Besetzung mit exzellenten Schauspielern und der stimmigen Regie von Jan Schütte (Auf Wiedersehen, Amerika, Drachenfutter, Fette Welt) an die Güte der Romanvorlage nicht ganz heran. Zu komplex ist das Geflecht der Figuren und die Anzahl der angerissenen Motive, um den Zuschauer in den Bann zu ziehen und mit den Figuren mitleiden zu lassen. Eine Straffung der Handlung und die Kunst des Weglassens hätte manches sicher vereinfacht. Doch „Supertex – Eine Stunde im Paradies“ bietet allemal faszinierende Einblicke in das Leben einer zeitgenössischen jüdischen Familie in den Niederlanden. Schade nur, dass man die Figuren und ihre Kämpfe bereits nach 95 Minuten bereits wieder verlassen muss. Doch wer mag, kann sich ja nach dem Film noch an Leon de Winters Romanen delektieren. Die sind nämlich immer wieder ein literarischer Hochgenuss.

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Meinungen

Peter Dreßke · 28.02.2005

Klasse Film! Kein aufgesetzter Film a la Hollywood.