Super 8

Eine Filmkritik von Lida Bach

8mm

Der über zweistündige Familienfilm Super 8, der Retro-Schick mit futuristischen Effekten kombiniert, ist konzipiert im Stil der Jugendfilmklassiker der 198oer: Stand By Me, ES und Die Goonies. Mit letzterem prägte Steven Spielberg das Subgenre mit, das Super 8 kopiert. Spielbergs Name steht auf dem Poster über dem des Regisseurs und Drehbuchautoren, dessen cineastisches Spektakel Spielberg-Hommage und Spielberg-Produktion ist, niemals jedoch authentische Inspiration.
Tatsächlich spielt die Handlung unmittelbar vor der Ära klassischer Coming-of-Age-Filme, um eine Originalität zu behaupten, die ihre Grundstruktur widerlegt. Super 8 vereint die Schwächen der filmischen Vorbilder, ohne deren Stärken zu besitzen. Der Plot kreist um eine Gruppe von Freunden an der Schwelle zum Jugendalter, deren Mitglieder Wiedergänger der einstigen Protagonisten sind: Joe (Joel Courtney), der Sensible, der übergewichtige Charles (Riley Griffiths) und Alice (Ellen Fanning), das Mädchen. Dazu kommen der Clevere, der Selbstdarsteller, das obligatorische Minderheiten-Kind. Die dramaturgische Perspektive ist stets die des nachdenklichsten und kreativsten der Clique, um gleichsam die Kreativität und Nachdenklichkeit der Inszenierung zu betonen.

Statt sich dem Wunsch seines Vaters (Kyle Chandler) folgend für Sport zu begeistern, dreht der Amateuerfilmer Joe zusammen mit Charles nachts heimlich Szenen für den Zombie-Film, den sie auf Super-8-Format fertigen. Das Zugunglück, das umgehend das Militär unter Führung des eisernen Colonel Nelec (Noah Emmerich) anrücken lässt, ist harmlos verglichen mit dem Chaos, das kurz darauf in der verschlafenen Kleinstadt ausbricht. Mikrowellen und Motoren verschwinden und die Tiere scheinen eine übernatürliche Präsenz wahrzunehmen. Etwas ist aus dem Zug entkommen und die Freunde haben es: auf Super 8. Das Alien will in Wahrheit wie E. T. nur nach Hause. Die vage anklingende Sehnsucht nach Geborgenheit, familiär, in einer Gemeinschaft oder an einem Ort, konterkariert die Idealisierung der Kleinstadtwelt. Super 8 ist ein weiterer Beitrag zu einer von Spielberg mit initialisierten filmischen Kultur heuchlerischer Nostalgie, welche die amerikanische Vorstadt als sicheren Hort einer weißen, konservativen Mittelschicht darstellt.

Familien, klassische Rollenschemata und kommunaler Zusammenhalt sind hier noch intakt und können beschädigt werden durch Tod oder Eindringlinge, verkörpert durch den Außerirdischen und das Militär. Spielberg und Abrams setzen das Publikum auf die Schulbank, um ihm eine naive Fabel zu erzählen. Handlung und Charaktere unterliegen der Diktatur der zu vermittelnden Wertvorstellungen. ES und Stand By Me vertrauten auf ihre jugendlichen Protagonisten, welche die einfachen Geschichten zu etwas Besonderem machten. Super 8 hingegen gestattet seinen Figuren keine psychologische Tiefe und interessiert sich nicht für ihre kleinen Konkurrenzkämpfe. Emotional wirken die stereotypen Figuren hohl wie der vorhersehbare Plot, der die Aufmerksamkeit nur mit bombastischer Optik halten kann. Melodramatische Einschübe sollen den nächsten Effekt-Reigen noch überwältigender wirken lassen. Die emotionale, akustische und visuelle Betäubung durch Martialik und Sentimentalität sollen aufnahmebereiter machen für die schlichte Moral.

Super 8 verschnürt Monster-Film, Coming-of-Age-Story, Jugendabenteuer und Freundschaftsgeschichte zu einem adretten Paket, mit politisch korrekter Botschaft von Friedfertigkeit und familiärem und freundschaftlichem Zusammenhalt als Schleife. Originalität, Ernsthaftigkeit und Fantasie finden keinen Platz in dem filmischen Konstrukt kalkulierter Nostalgie, das sich hinter seinen Schauwerten verbirgt. In keiner Beziehung hebt Super 8 das Mainstream-Unterhaltungskino – mit all seinem Kalkül, Bombast und seiner Scheinheiligkeit – auf eine neue Ebene. Der Filmtitel erscheint demnach als bittere Ironie: kleine Liebhaberprojekte, wie das, welches innerhalb der Handlung lediglich als McGuffin fungiert, erliegen gegenüber Blockbustern wie Super 8.

Super 8

Der über zweistündige Familienfilm „Super 8“, der Retro-Schick mit futuristischen Effekten kombiniert, ist konzipiert im Stil der Jugendfilmklassiker der 1980er: „Stand By Me“, „ES“ und „Die Goonies“. Mit letzterem prägte Steven Spielberg das Subgenre mit, das „Super 8“ nun kopiert.
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Meinungen

@Normalo · 12.08.2011

Es steht Dir vollkommen frei eine Replik zu schreiben, in der Du das schreibst, was Du gerne lesen möchtest. Du solltest das aber nicht von uns erwarten. Grüsse, Mike

Normalo · 12.08.2011

Wäre es nicht sinnvoll, als Kritiker jemanden einzusetzen, der sich in die Erwartungen von Menschen einzusetzen versteht, die von 9 bis 5 malochen, um sich dann abends im Kino bei einem Phantasiefilm zu entspannen?
Warum einen politisch links gedrehten Cineasten als Kritiker beschäftigen, dessen Weltsicht von Widerwille gegen die "weiße, konservative Mittelschicht" in amerikanischen Vorstädten geprägt ist? Gäääähn...

Lodon :D · 10.08.2011

MEIN LIEBLINGSFILM NACH HARRY POTTER ♥♥

Anna Seubert · 10.08.2011

Ein sehr Toller & geregelter Film & displizien (:

@Arsenal · 09.08.2011

Weil die Kids auf Super 8 einen Film drehen, als die Geschichte passiert. Grüsse, Mike

Arsenal London Fan 99 · 06.08.2011

Warum heißt der film "super 8" ?