Sleepless Knights (2012)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Kleine Landfluchten

Eigentlich ist es ein Sommer wie jeder andere auch. Wie all die Jahre zuvor, so verbringt Carlos (Raul Godoy), der das Jahr über in Madrid lebt, die heißen Monate bei seinen Eltern in der Extremadura im Süden – jenem Landstrich, der zu den am dünnsten besiedelten in ganz Europa zählt. Dieses Mal aber ist so einiges anders als bei den vorherigen Aufenthalten: Weil die wirtschaftliche Lage in Spanien aufgrund der Wirtschaftskrise schlecht ist und Carlos in der Hauptstadt keine Arbeit mehr findet und weil sein Vater an Demenz leidet, ist die Rückkehr des jungen Mannes völlig offen. Und so verbringt er seine Tage mit der Arbeit auf dem Bauernhof, sorgt sich um seinen Vater und trifft schließlich Juan (Jaime Pedruelo), der bei der Guardia Civil arbeitet. Die beiden jungen Männer verlieben sich ineinander. Doch haben die beiden überhaupt eine gemeinsame Zukunft?

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Fast schon dokumentarisch muten weite Teile des Spielfilms von Stefan Butzmühlen und Cristina Diz an, deren Mutter genau aus dem Dorf stammt, in dem die Geschichte spielt. Viel Zeit lassen sie sich für die langsame Entwicklung ihrer eigentlich recht schlichten Liebesgeschichte, der Rhythmus des Films ist ebenso langsam wie das sommerliche Leben in dem Dorf, das sie mit Sinn für Detailbeobachtungen unter die Lupe nehmen, die Einstellungen erscheinen gedehnt wie das Leben selbst, das sich unter dem Eindruck der Hitze spürbar verlangsamt. Eingewoben in diesen mitunter etwas zähen Fluss der Bilder sind Schilderungen von alltäglichen Ritualen, von gesellschaftlichen Verbindungen, die seit vielen Jahrzehnten das Leben auf dem Land bestimmen und die doch, so scheint es, Gefahr laufen, in Vergessenheit zu geraten. Da ist beispielsweise die Legende, auf die sich der Titel des Films bezieht: Zur Feier der Befreiung des Ortes von den Mauren ziehen an Fronleichnam als Ritter kostümierte Männer durch das Dorf, es wird gesungen und getanzt, während eine farbenfrohe Prozession auf die Burg zustrebt.

Sleepless Knights gelingt es mit seinen überaus realistisch eingefangenen Szenen aus dem Dorfleben, dem Wechsel zwischen der Helligkeit des südlichen Mittags und der Schwärze der Nacht sowie dem zurückhaltenden, beinahe schon verfremdeten Spiel der Laiendarsteller, eine ganz eigene Atmosphäre zu erschaffen, die aus der Mischung von Dokumentarischem, zarter Liebesgeschichte, den archaisch anmutenden Ritualen eine ganz eigene, sommerlich flirrende Traumwelt erschafft. Fast schon meint man, die Kraft der Hitze zu spüren, die wie mit unsichtbarer Hand den Lauf des Lebens in der Extremadura beinahe zum Stillstand bringt.

Die Stärke von Sleepless Knights liegt weniger in der recht spröde und beiläufig inszenierten (Liebes)Geschichte, sondern vielmehr in deren Einbettung in das ländliche Leben, die neugierig macht auf das Niemandsland im staubig-heißen Südwesten Spaniens. Auf diese „terra incognita“ mit ihren Gebräuchen und ihrem vom modernen Großstadtleben völlig entkoppelten Leben im Schleichgang ist man nach dem Film neugierig geworden.
 

Sleepless Knights (2012)

Eigentlich ist es ein Sommer wie jeder andere auch. Wie all die Jahre zuvor, so verbringt Carlos (Raul Godoy), der das Jahr über in Madrid lebt, die heißen Monate bei seinen Eltern in der Extremadura im Süden – jenem Landstrich, der zu den am dünnsten besiedelten in ganz Europa zählt. Dieses Mal aber ist so einiges anders als bei den vorherigen Aufenthalten:

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