Sisters in Law

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Engagierte Juristinnen in Aktion

Wenn sich in der augenblicklichen Flut cineastischer Dokumentationen eine Rubrik ausmachen lässt, die als engagiertes Kino bezeichnet werden kann, so ist dieser Film zweifellos einer ihrer würdigsten Vertreter. Sisters in Law porträtiert die Arbeit zweier mächtiger Frauen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihren Einfluss für ihre minder privilegierten und nicht selten ohnmächtigen Geschlechtsgenossinnen streng nach dem Gesetz in die Waagschale zu werfen und sich ganz besonders auch für Kinder einzusetzen, die als schwächste Glieder innerhalb der Gesellschaft oftmals schutzlos erschreckenden Gewalttätigkeiten ausgesetzt sind.
Es ist der Ort Kumba im Südwesten Kameruns, in dessen Gerichtssaal die Richterin Beatrice Ntuba und die Staatsanwältin Vera Ngassa mutmaßliche Täter und Täterinnen überwiegend wegen Gewaltverbrechen anklagen und verurteilen – oder aber freisprechen. Die beiden Juristinnen sind höchst qualifizierte und erfahrene Expertinnen; Beatrice Ntuba ist Vorsitzende Richterin des Landgerichts in Muyuka und setzt ihren juristischen Fokus auf Gleichstellungsfragen, häusliche Gewalt und Kindesmisshandlung, Vera Ngassa sitzt als Richterin dem Obersten Zivilgericht Kameruns vor, ist Professorin für Genderstudies an der Universität von Buea, in diesem Bereich als gesetzliche Beraterin sowie Publizistin tätig und engagiert sich zudem für die Alphabetisierung von Frauen und bei der Ausbildung von JuristInnen. Bei ihrer Tätigkeit in Kumba jedoch begreifen sich die „Sisters in Law“, wie sie genannt werden, vorrangig als Anwältinnen, und zwar für Frauen und Kinder, die Opfer von Gewalttaten wurden.

Sisters in Law dokumentiert die teilweise recht turbulenten Gerichtsverfahren dreier Fälle, die von Vera Ngassa und Beatrice Ntuba in Kumba verhandelt werden: Ein kleines Waisenmädchen, das völlig verängstigt und von schrecklichen Misshandlungen gezeichnet nachts auf der Straße aufgefunden wurde, soll der permanenten brutalen Willkür seiner Tante ausgesetzt sein. Ein Mann wird beschuldigt, seine junge Nachbarin vergewaltigt zu haben, und eine gepeinigte Ehefrau verlangt die Scheidung von ihrem Gatten, der sie seit langen Jahren übelst schikaniert. Mit ihrer Konzentration auf die Rechte der Opfer und ihrer eindeutigen Positionierung gegen eine Banalisierung von Gewaltdelikten setzen die Juristinnen mit ihrer unbeirrbaren Haltung und einem angemessenen Strafmaß deutliche Zeichen, die auch innerhalb der Gesellschaft Kumbas allmählich Wirkung zeigen und die Sensibilität derartigen Vergehen gegenüber erhöhen.

Einige Male wurde die so nüchtern und kommentarlos inszenierte und doch so bewegende Dokumentation von den englischen Filmemacherinnen Florence Ayisi und Kim Longinotto, die international auf etlichen Filmfestivals zu sehen war, schon ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Prix Art et Essai“ in Cannes, als „Best Documentary Film“ auf Hawaii und mit dem Preis für den „Besonderen Dokumentarfilm“ in München. Für Regisseurin Longinotto, deren Filme sich immer wieder mit feministischen Themen und Geschlechterproblematiken beschäftigen, ist das weder neu noch ungewöhnlich, haben ihre herausragenden Dokumentationen wie Dream Girls (1994), Divorce Iranian Style (1998) und The Day I Will Never Forget (2001) bereits häufiger Auszeichnungen erhalten, doch Sisters in Law ist mit Abstand der Film, der am meisten für Furore gesorgt hat. Und das ist dem schwierigen Thema sowie den unermüdlich mutigen, strengen und doch nur allzu humanistischen Protagonistinnen und nicht zuletzt den schutzbedürftigen Opfern auch zu wünschen.

Sisters in Law

Wenn sich in der augenblicklichen Flut cineastischer Dokumentationen eine Rubrik ausmachen lässt, die als engagiertes Kino bezeichnet werden kann, so ist dieser Film zweifellos einer ihrer würdigsten Vertreter.
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