Sieben verdammt lange Tage

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Die liebe Verwandtschaft

Die Ausgangssituation dieser Romanadaption erinnert in mancher Hinsicht an den erst kürzlich ausgetragenen Familienkrieg in der Theaterverfilmung Im August in Osage County. Hier wie dort ist es der Tod der Vaterfigur, der eine Handvoll Geschwister in ihrem Elternhaus zusammenführt und eine Entladung innerfamiliärer Spannungen zur Folge hat. Während die Bühnenadaption als zynisch-böses Kammerspiel daherkommt, schlägt Sieben verdammt lange Tage allerdings einen gemäßigteren Tonfall an und macht sich des Öfteren frei von seiner räumlichen Beschränkung.
Gerade erst hat Judd Altman (Jason Bateman) seine Ehefrau mit seinem Chef im Bett erwischt, da erreicht ihn auch schon die nächste Hiobsbotschaft. Sein Vater ist gestorben, und nun soll die Familie gemeinsam die siebentägige jüdische Totenwache abhalten. Während Judd und seine Geschwister Wendy (Tina Fey), Paul (Corey Stoll) und Phillip (Adam Driver) dem letzten Willen eher zähneknirschend nachkommen, ist ihre Mutter Hillary (Jane Fonda) sichtlich erfreut, ihre Kinder samt Partnern um sich zu haben. Meinungsverschiedenheiten und persönliche Frustrationen lassen die Stimmung jedoch recht bald überkochen.

Schon das Zusammentreffen der Altman-Sippe auf der Beerdigung lässt erahnen, dass wir es hier mit einer durch und durch dysfunktionalen Familie zu tun haben. Während Judd, der als Bindeglied zwischen allen Beteiligten fungiert, sein Leben bisher stets umsichtig geplant hat, durch das Scheitern seiner Ehe aber aus der Bahn geworfen wird, lebt sein jüngerer Bruder Phillip einfach in den Tag hinein und führt sich zumeist wie ein Kleinkind auf. Daran stößt sich vor allem Paul, der mit seiner Frau Alice (Kathryn Hahn) verzweifelt versucht, ein Kind zu bekommen, und von den ständigen Nachfragen der Verwandtschaft mehr und mehr genervt ist. Wendy wiederum hat einen Mann geheiratet, der seine Familie für den Beruf vernachlässigt, was ihr erst jetzt, während der Trauerzeit, vollends bewusst wird. Als eigenwilliges Temperamentbündel erweist sich ihre Mutter Hillary, eine leidenschaftliche Psychologin, die offenherzig über Sexthemen spricht und sich erst jüngst einer Brustvergrößerung unterzogen hat.

Reibungsfläche gibt es also reichlich, sodass Regisseur Shawn Levy und Drehbuchautor Jonathan Tropper (er adaptierte seinen eigenen Roman) durchaus in der Lage sind, neben banalen Albernheiten auch eine Reihe herrlich schräger Situationen zu kreieren, die den familiären Wahnsinn unterstreichen. Äußerst amüsant ist beispielsweise der Moment, als Judd von seiner Schwester dazu gedrängt wird, vor versammelter Mannschaft – andere Verwandte und Freunde sind ebenfalls zugegen – das Ende seiner Ehe preiszugeben. Das Ergebnis ist eine keineswegs jugendfreie Brandrede, die alle Anwesenden verstummen lässt. Als Gegengewicht zu solch komischen Ereignissen streuen die Macher immer wieder anrührende Szenen ein, in denen, trotz handfester Auseinandersetzungen, eine tiefe Verbundenheit zum Vorschein kommt. Etwa, wenn sich Judd und Wendy frühmorgens auf dem Dach ihres Elternhauses treffen und sich gegenseitig Mut zusprechen.

Wie viele andere Ensemblefilme auch leidet Sieben verdammt lange Tage allerdings in nicht unerheblichem Maße unter seiner Episodenhaftigkeit. Wenngleich das größte Problemfeld aller Familienmitglieder das der Beziehungen ist, werden hier diverse Geschichten und Schicksale zusammengebracht, ohne dass das Drehbuch ihnen wirklich gerecht werden könnte. In der Konsequenz erscheinen manche Stränge äußerst oberflächlich, was sich automatisch auf einige Figuren überträgt. Manchmal hat es fast den Anschein, als sei der Regisseur ohnehin mehr an einer schwungvollen Abfolge der Gags und Krisensituationen interessiert, anstatt sich den Sorgen seiner Protagonisten ernsthaft zuzuwenden.

Zieht man abschließend noch einmal den Vergleich mit Im August in Osage County, wird außerdem ersichtlich, dass die Romanverfilmung im letzten Akt viel deutlicher in Richtung Happy End tendiert. Findet die gallige Bühnenadaption noch einen recht ambivalenten Schlusspunkt, lösen sich die familiären Zwistigkeiten bei Levy und Tropper fast vollständig in Wohlgefallen auf. Ein Ausgang wie aus dem Bilderbuch, der die vorher aufscheinenden Ecken und Kanten leider gründlich abschleift.

Sieben verdammt lange Tage

Vier erwachsene Geschwister treffen sich im Elternhaus wieder, um ihren Vater zu beerdigen. Jedes ist im eigenen Leben mehr oder minder gescheitert, und jetzt müssen sie eine ganze Woche unter einem Dach ertragen — in Gesellschaft ihrer gluckenhaften Mutter, etlicher Ehe-, Ex- und Wunschpartner. Die Ausgangssituation dieser Romanadaption erinnert in mancher Hinsicht an den erst kürzlich ausgetragenen Familienkrieg in der Theaterverfilmung „Im August in Osage County“.
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