Shandurai und der Klavierspieler

Erstarrt in Schönheit

Alles beginnt in einer Diktatur irgendwo in Afrika: Shandurai (Thandie Newton) muss mit ansehen, wie ihr Ehemann William, ein politisch engagierter Lehrer, verschleppt wird, um einen unliebsamen Kritiker zum Verstummen zu bringen. Entsetzt flüchtet die jungen lebenslustige Frau nach Rom, wo sie sich fortan als Hausmädchen beim dem zurückgezogen lebenden englischen Pianisten Jason Kinsky (David Thewlis) verdingt. Dieser lebt in einem prachtvollen, aber menschenleeren Palazzo, den er geerbt hat, und erst die tägliche Begegnung mit der jungen lebenslustigen Frau aus Afrika erweckt den Künstler aus seiner emotionalen Erstarrung.

Natürlich verliebt sich der Ästhet und Dandy, dessen Lebenshaltung fatal an den Helden Des Esseintes aus Joris-Karl Huymans’ Schlüsselroman der Dekadenz Gegen den Strich erinnert, in die Frau, doch die gibt seinem Werben nicht so ohne Weiteres nach. Beharrlich verweist sie ihn immer wieder in die Schranken, bis sie ihm schließlich eine Aufgabe stellt: Kinsky soll dafür sorgen, dass Shandurais Mann wieder aus dem Gefängnis freikommt. Endlich beginnt der Klavierspieler zu erwachen und macht sich daran, den selbst geschaffenen Käfig zu durchbrechen. Möglicherweise die größte Herausforderung, der sich Kinsky jemals stellen muss.

Nach Großproduktionen wie Der letzte Kaiser, Himmel über der Wüste oder Little Buddha kehrte Regie-Altmeister Bernardo Bertolucci in den letzten Jahren mehr und mehr zu seinen Wurzeln zurück und konzentrierte sich immer häufiger auf kammerspielartige Produktionen mit unbekannten Gesichtern und neuen Talenten, so etwa im letzten Jahr mit seinem Film Die Träumer, der allerdings viele seiner Fans bitter enttäuschte. Vom revolutionären Schwung eines Films wie Der Letzte Tango in Paris, als dessen Nachfolger manche Kritiker Die Träumer im Vorfeld sahen, war kaum etwas zu spüren, stattdessen beherrschte prachtvoll und gekonnt inszenierte Langeweile die Leinwand, der Film blieb trotz „expliziter“ Thematik ziemlich anämisch. Ein Eindruck, der sich nun mit dem bereits 1998 gedrehten Film Shandurai und der Klavierspieler leider fortsetzt. Nach wie vor bestechen auch hier die poetischen Bilder, die Bertolucci wahrscheinlich wie kein Zweiter zu finden versteht, doch die Welt und die Personen, die er schildert, wirken merkwürdig starr und leblos, was sich im Fall des Dandys Kinsky sicher noch dramaturgisch begründen lässt, bei der lebenslustigen Shandurai allerdings vollkommen deplaziert wirkt. Insgesamt strahlt der Film eine emotionale Eiseskälte aus, die nahezu jegliche Identifikation mit den Figuren vollkommen unmöglich werden lässt, so dass das Werk ebenso prachtvoll und geisterhaft wirkt wie der Palast Jason Kinskys. Ein großartiges Thema, inszeniert von einem der Meister des europäischen Arthouse-Films, der hier allerdings scheitert. Schade!

Shandurai und der Klavierspieler

Alles beginnt in einer Diktatur irgendwo in Afrika: Shandurai (Thandie Newton) muss mit ansehen, wie ihr Ehemann William, ein politisch engagierter Lehrer, verschleppt wird, um einen unliebsamen Kritiker zum Verstummen zu bringen.

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Meinungen

· 19.01.2009

Atemberaubend ästhetisch, sinnlich bis übersinnlich. Ein Genuss für die Sinne...

Martin Z. · 16.01.2009

Bertolucci hat uns mit vielen beachtenswerten Filmen beschenkt. Manche waren dabei, die provozierten oder schockierten uns, manche beeindruckten mit ihrer epischen Erzählweise und dem bildgewaltigen Ausdruck. Keiner ließ uns kalt. Das galt bis 1998. Da lieferte er einen Film ab, den man getrost als “nichts-sagend“ bezeichnen kann, denn ihm fehlt eine zentrale Aussage. Dass sich der Klavierspieler in die schöne bei ihm putzende Medizinstudentin aus Afrika verliebt, ist kein Wunder. Dass sie einen Mann hat, der in ihrer Heimat im Gefängnis einsitzt, ist tragisch und wenn der freigelassen wird und nach Rom kommt, könnte das ein Problem bedeuten. Doch Bertolucci lässt es dabei bewenden und wir fragen uns “Na und?“, “Was soll’s?“ “Wie jetzt?“ Hier hat der große Meister entweder nicht zu Ende gedacht oder die Lust verloren. Uns so ein Stückwerk vorzusetzen ist schon recht mutig. Bei einem Erstlingswerk hätte die Kritik gesagt “Tonne auf und rein damit.“

· 16.01.2009

Dem kann ich mich nur anschliessen. Ich habe ihn gerade im Fernsehen gesehen und war 90 minutenlang gefangen. Es war Grossartig da man sich wirklich in die Darsteller hineinversetzen musste, denn wenn man das tat war er sehr interessant.Es wirkte autentisch ohne übertrieben actiongeladen zu sein.Ein Film zum Nachdenken eben.

sf · 07.03.2005

ich fand ihn großartig. distanziert ja, aber nicht kühl.leise.unter anderem ist der afrikanische musiker und sänger wunderbar.das licht, die einstellungen die kleinen gesten und die alltagsbilder lassen ein bischen an dogmafilme erinnern. erfrischend unamerikanisch. sehr künstlerisch.