Senna (2010)

Eine Filmkritik von Sandy Kolbuch

Der perfekte Rennfahrer

Ayrton Senna gilt auch heute noch, 17 Jahre nach seinem tödlichen Unfall, als schnellster Rennfahrer der Formel-1. Als er beim großen Preis von San Marino ums Leben kam, trauerte ganz Brasilien um den damals 34-jährigen. Regisseur Asif Kapadia kombiniert in seinem Dokumentarfilm Senna bisher unveröffentlichte Aufnahmen, private Familienvideos, sowie Interviews mit Senna, seinen Kollegen und Konkurrenten, zu einer filmischen Einheit, die den tiefgläubigen Ausnahmefahrer für einen kurzen Moment zurück auf die Leinwand, ja beinahe ins Leben zurück holt. Der Film ist eine Hommage an den scheinbar unbezwingbaren Sieger der Rennstrecke, der als Außenseiter begann und nach und nach sein Ansehen bei Fans und Teams etablierte.

Asif Kapadia bekam für seinen Dokumentarfilm uneingeschränkten Zugang zum Formel 1-Archiv, dessen Material er nutzt, um den Zeitraum von 1984 bis zu Sennas Tod am 1. Mai 1994 Revue passieren zu lassen. Vor allem die Konkurrenz zu Erzrivale Alain Prost, die all die Jahre über anhielt, wird besonders gewürdigt. Beide Fahrer starteten eine zeitlang als Teamkollegen in die Rennen und sahen sich dennoch bereits zu diesem Zeitpunkt als Konkurrenz. Der Kampf zwischen ihnen steigerte sich im Laufe der Jahre immer mehr und hielt bis zu Sennas Tod an. Alain Prost wurde nach seinen Tod zum Schirmherrn der „Ayrton Senna Institution“, die die Schulbildung brasilianischer Kinder fördert.

Die Dokumentation zeichnet sich durch eine gewisse Eigenwilligkeit aus. Die Interviews finden jeweils im Off statt und werden mit passenden Bildern ergänzt. Rennaufnahmen werden in der schlechten Qualität der damaligen Zeit, unverfälscht neben Familienvideos eingefügt, ohne verändert oder visuell bearbeitet worden zu sein. Die Musik dramatisiert die Rennen während andere Szenen völlig unvertont werden. Der Kontrast zwischen Beruf und Privatleben ist deutlich erkennbar. Aber die Grenzen fließen ineinander über. So liefert der Film auch Einblicke in die politischen Ränkespiele und knallharten ökonomischen Interessen der Formel 1, die sonst hinter den Kulissen verborgen bleiben.

Der Kinobesucher wird Zeuge einer Fahrerbesprechung, bei der Senna selbst auf die mangelnde Streckensicherung hinweist, die zu gefährlichen Unfällen führen kann. Bei dem Qualifikationsrennen zum Großen Preis von San Marino kam bereits einen Tag vor Senna der Österreicher Roland Ratzenberger ums Leben. Auch der damalige Formel 1-Newcomer Rubens Barrichello wurde in einen Unfall verwickelt. Senna überlegte das Rennen abzusagen. Er haderte mit seinem Glauben an Gott, der Angst vor dem Rennen und der Mechanik seines Wagens. Er entschied sich trotz aller Bedenken zu fahren und schlug in der 7. Runde mit mehr als 200 Stundenkilometer in eine Begrenzungsmauer ein. Ein Teil der Vorderradaufhängung durchbohrte seinen Helm und verletzte ihn schwer. Wenige Stunden später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen. Mit seinem Tode ging auch seine Ära zu Ende, doch der Mythos um den perfekten Rennfahrer lebt fort, der auch zentrales Thema der Dokumentation ist. Und dann sieht der Zuschauer tödlichen Unfälle, die für ihn genauso unglaubhaft und zugleich schockierend wirken, wie für die Besucher 1994 vor Ort.

Auf dem Sundance Filmfestival 2011 wurde Senna mit dem „World Cinema Documentary Audience Award“ für den Besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. Die Dokumentation zeigt in beeindruckender Weise, Sennas Aufstieg vom Go-Kart in die Formel 1 und vergisst dabei nicht den Privatmenschen Senna mit all seinen Stärken und Schwächen zu zeigen.

Nach Sennas Tod wurden die Sicherheitsbestimmungen für die Rennen der Formel 1 maßgeblich verändert. Dadurch ist es seit 1994 zu keinen weiteren tödlichen Unfällen mehr gekommen. Für den möglicherweise perfektesten Rennfahrer der Welt kamen diese Maßnahmen jedoch zu spät.
 

Senna (2010)

Ayrton Senna gilt auch heute noch, 17 Jahre nach seinem tödlichen Unfall, als schnellster Rennfahrer der Formel-1. Als er beim großen Preis von San Marino ums Leben kam, trauerte ganz Brasilien um den damals 34-jährigen.

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Meinungen

cory fay · 01.06.2011

Ausgerechnet die Ära Senna ist an mir- als quasi Gelegenheitsfan- komplett vorbeigegangen aber jetzt, nach "Senna", verstehe ich die ungeheure Faszination die vom besten Fahrer seiner Zeit ausgegangen ist und ihn zur (unsterblichen) Legende gemacht hat.
Ich glaube er war der letzte wirklich Grosse Rennfahrer "alter Schule", ein totaler Individualist und Purist der für zuviel technische Spielereien als auch für die Politik und übermässigen Showbuiz im Sport nicht viel übrig hatte. Mit seinem Tod ist eine ganze Motorsport - Epoche ausgeklungen ,sowohl vom technischen als auch vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet.
Aus technischer Sicht zum Glück für die heutige Fahrergeneration, ansonsten eine unglaubliche Erfolgsstory mit tragischem Ausgang.
Es kann einfach keinen zweiten Senna geben....aber vielleicht Fahrer, die sich ein grosses Vorbild an ihm nehmen - nicht nur technisch sondern eben auch menschlich.

Klasse Doku, mitreissend, rührend und spannend bis zum Schluss.
Bilder und dezente Off-Kommentare die nur für sich selbst bzw. für Senna sprechen.
Besser als so manch gehypter Blockbuster der letzten Zeit.....

Frank Naevecke · 13.05.2011

Einfach brillant!!