Schönheit

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Im Auge des Betrachters

Wahre Schönheit kommt von innen? Diesem Satz würden die Protagonistinnen und Protagonisten (zugegeben – die Herren der Schöpfung sind bei diesem Film in der Minderzahl) in Carolin Schmitz‘ Film Schönheit sicher nicht so ohne weiteres zustimmen. Sie alle haben eines gemeinsam – weil die natürlichen Gaben nicht mehr ausreichten, haben sie sich allesamt (mindestens) einem schönheitschirurgischen Eingriff unterziehen lassen, um den kleinen Fehlerchen und den Gesetzen der Schwerkraft zu trotzen. Allerdings, so der Eindruck, geht es dabei gar nicht mal so sehr um die Beurteilungen durch Andere, sondern vor allem um das sprichwörtliche Selbstbild, das getunet und verbessert werden muss. Wobei die spezielle Form des Narzissmus mittlerweile, wie man erstaunt feststellen muss, längst alle Altersschichten erfasst hat: Die älteste der gezeigten Damen zählt mehr als 90 Jahre und legt immer noch größten Wert darauf, mit anderen, jüngeren Frauen mithalten zu können.
Nasenkorrekturen und Brustvergrößerungen sind mittlerweile vielfach medial abgehandelt worden und bedürfen selbst bei Laien der Schönheitschirurgie kaum mehr Erläuterung. Interessanter, aber auch unappetitlicher sind hingegen einige der Operationsmethoden, die hier ganz selbstverständlich vorgestellt werden: Von der Vaginalunterspritzung bis hin zu speziellen Eingriffen, die auf größere Gewichtsabnahmen folgten, reicht die Bandbreite der Operationen, die man gottlob niemals im Bild sieht. Schon allein das Reden darüber dürfte bei manchem Zuschauer ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hinterlassen. Überhaupt hält sich der Film sichtlich zurück mit Ekel- und Schockbildern, wie man sie mittlerweile aus Boulevard-Formaten und seriösen TV-Formaten zuhauf kennt, sondern setzt stattdessen lieber auf die Selbstentlarvung während der Gespräche.

Auch wenn sich die Regisseurin Carolin Schmitz (Portraits deutscher Alkoholiker) sichtlich zurückhält mit Fragen und jeglicher erklärende Kommentar unterbleibt, ist doch schnell klar, dass der Film vor allem dazu dienen soll, ein kritisches Bild eines heute weit verbreiteten Schönheitsideals zu zeichnen. Und zum überwiegenden Teil geht der Plan auch auf, die Aussagen der Protagonisten selbst als stärkste Argumente gegen den Schönheitswahn ins Feld zu führen. Allerdings führt dieses Konzept zu zwei nicht ganz unwesentlichen Problemen: Zum einen arbeitet Schönheit naturgemäß mit einer Vielzahl an „talking heads“, die die Regisseurin durch Variationen bei den Einstellungsgrößen in den Griff zu bekommen versucht. Und diese Tableaus, in denen man die Befragten in ihrer Lebenswelt sieht, gehören just zu den gelungensten Momenten des Films – so beispielsweise, als eine der Frauen ihren beneidenswerten Schuhschrank vorführt. In Momenten wie diesen werden Kontexte und Lebensumstände sichtbar und Milieus deutlich, die man sonst bei manchem der Beteiligten ein wenig vermisst.

Auf der anderen Seite aber verhindert die diesem Konzept innewohnende Ironie jegliche Identifikation mit den vorgestellten Personen, was dafür sorgt, dass man ihren Ausführungen mit zunehmender Dauer des Films nicht immer mit dem gleichen Interesse folgt. Gut möglich, dass hier eine Reduzierung der vorgestellten Protagonisten mehr Raum für Einsichten in deren Motivationen und Lebenswelten gelassen hätte. So aber hat man das Gefühl, dass das eigentlich hochinteressante Thema lediglich angerissen und insgesamt zu wenig vertieft wurde.

Schönheit

Wahre Schönheit kommt von innen? Diesem Satz würden die Protagonistinnen und Protagonisten (zugegeben – die Herren der Schöpfung sind bei diesem Film in der Minderzahl) in Carolin Schmitz‘ Film „Schönheit“ sicher nicht so ohne weiteres zustimmen. Sie alle haben eines gemeinsam – weil die natürlichen Gaben nicht mehr ausreichten, haben sie sich allesamt (mindestens) einem schönheitschirurgischen Eingriff unterziehen lassen, um den kleinen Fehlerchen und den Gesetzen der Schwerkraft zu trotzen.
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Meinungen

Sophie D. · 14.10.2012

Der Film ist weitgehend mißlungen. Die Regisseurin versucht es gar nicht erst mit einer tiefergehenden Analyse des Schönheitswahns. Die gesellschaftlichen Umstände, die zu einer Zunahme an Schönheitsoperationen führen, werden gleich völlig ausgeblendet und durch eine ironisch-unbeteiligte und stets überhebliche Haltung ersetzt. Die vorgestellten Personen werden vorgeführt und keine Sekunde lang mit ihren Nöten und Komplexen ernstgenommen. Man merkt recht schnell die Masche der Regisseurin, suggestive Fragen zu stellen (auch wenn man die Fragen selbst nie zu hören bekommt), um die Protagonisten hinterher in möglichst schlechtem Licht dastehen zu lassen. Deshalb kommt es zum Beispiel dazu, daß eine fettleibige Frau, deren Arzt ihr aus gesundheitlichen Problemen zur Einsetzung eines Magenbandes geraten hat, mit der gleichen abschätzigen Ironie vorgeführt wird wie eine Frau, die sich mehrere Male aus kosmetischen Gründen die Brust vergrößern hat lassen. Dadurch wird das Problem des zunehmenden gesellschaftlichen Drucks auf Menschen, sich möglichst juvenil, frisch und perfekt zu präsentieren, in die individuelle Sphäre von Befindlichkeiten und Oberflächlichkeit verschoben. 80 Minuten Filmzeit ohne neue Erkenntnisse und nur mit wenigen gelungenen Momenten.

Nicki · 11.03.2022

Der deutsche Film ist sehenswert!
Super Schauspieler!
Liebe Sophie, analysieren sollte man eigentlich ned, denn jeder betrachtet anders.
Die Regisseurin hat versucht in dieser kurzen Zeit (90 Minuten) einen Realität dem Zuschauer rüberzubringen. Und erfolgreich, fand ich!