Religulous

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Heidenspaß

In den USA ist Bill Maher so etwas wie hierzulande Harald Schmidt – ein respektloser TV-Star, der in seinen Talkshows – eine von ihnen trug den bezeichnenden Namen Politically Incorrect) – nicht gerade zimperlich, aber immer wieder treffend die Schwächen seiner Mitmenschen und die Verfassung der Gesellschaft aufs Korn nimmt. In der bitterbösen Dokumentation Religulous – Man wird doch wohl fragen dürfen von Larry Charles, der einst schon mit Borat Mut zu politisch nicht korrekten Scherzen bewies, fühlt Maher verschiedenen Religionen auf den Zahn und setzt dabei auf die altbewährte Taktik: Er führt seine Interviewpartner durch Fragen aufs theologische Glatteis und deckt dabei all jene Widersprüche auf, die Judentum, Christentum und Islam inne wohnen. Glaubensgemeinschaften wie Scientology, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (auch bekannt als Mormonen) sowie etliche kaum unterscheidbare Evangelikale Gemeinschaften sowie christlich-esoterische Splittergrüppchen erledigt der Film sozusagen en passant gleich mit.
Auf seiner Tour durch die Religionen sucht Maher die Schäfchen in Truckerkapellen auf, besucht ein Institut in Jerusalem, in dem merkwürdige Geräte zur Umgehung der Sabbatregeln erfunden werden, trifft einen antizionistischen Rabbi, der mit dem iranischen Präsidenten Achmadinedschad im Bunde ist, besucht einen „Ex-Jew for Jesus“, abtrünnige Mormonen, Scientologen in der Speaker’s Corner im Londoner Hyde-Park sowie einen zugedröhnten Holländer, der die „Church of Cannabis“ gegründet und dabei seinem Gott so sehr gefrönt hat, dass er die Grundzüge seines Glaubens nicht erläutern kann. Das von ihm besuchte fundamentalistisch ausgerichtete Museum entzückt durch die irgendwie wohl pädagogische Kombination von Urzeitmenschen und mechanisch bewegten Dinosauriern, die dem staunenden Publikum verdeutlichen sollen, dass die Evolutionslehre endgültig überwunden ist. Denn als Gott Himmel und Erde erschuf, lebten beide Spezies selbstverständlich gleichzeitig und nicht, wie von Darwin und Konsorten angenommen, zu verschiedenen Erdzeitaltern. Wenn das Steven Spielberg gewusst hätte, wäre uns Jurassic Park erspart geblieben. Im Chor der Durchgeknallten und der erleuchteten Überzeugungstäter ist das aber noch längst nicht der Gipfel des Abstrusen, auf seiner Tour de force finden Bill Maher und Larry Charles unzählige Beispiele dafür, dass allzu feste religiöse Überzeugungen nicht nur Terror und Krieg, sondern auch hanebüchenen Unsinn hervorbringen. Dass sich ausgerechnet zwei katholische Theologen, der ehemalige Leiter des vatikanischen Observatoriums George Coyne und Pater Reginald Foster (seines Zeichens Hauptlatinist des Papstes) als einzige Lichtblicke in einem Ozean von Dummheit, Sendungsbewusstsein und unverhohlener Geldgier entpuppen, zählt zu den wirklichen Mirakeln dieser seltsamen Reise in die Welt des Glaubens und Aberglaubens.

Doch Stimmen wie diese oder die des Wissenschaftlers Dr. Andrew Newberg (Autor des Buches Why we believe what we believe) bleiben die Ausnahme. Stattdessen sucht (und findet) Maher das Bizarre, das Beängstigende und das Entlarvende: Wenn er beispielsweise im Jesus Themenpark „Holy Land“ in Florida der Musical-Aufführung des Lebens von Jesus beiwohnt und sich anschließend den Hauptdarsteller des Spektakels vorknöpft. Oder beim Interview mit dem Fernsehprediger und Soulsänger Jeremiah Cummings, der sich – auf sein proper-protziges Outfit angesprochen – zu der Aussage versteigt, Jesus wolle, dass sich die Menschen gut kleiden. Ebenfalls höchst amüsant ist auch das Interview mit dem selbst ernannten wiedergeborenen puertoricanischen „Jesus“ Jose Luis De Jesus Miranda , der sich unter Mahers bohrenden Fragen immer wieder in Widersprüche verwickelt. Bis er schließlich zugibt, er wolle doch wie jeder ehrliche Arbeiter einfach nur einen „guten Job“ machen. Was man ihm nicht wirklich glaubt. Überhaupt gibt es vieles in Religulous, was man nicht glauben kann, ob offensichtlich viele Menschen dazu bereit sind, jeder Art von Scharlatanerie auf den Leim zu gehen.

In gewisser Weise ist Religulous dem Agit-Prop-Stil eines Michael Moore wesentlich näher als dem bitterbösen und oftmals an der Grenze des guten Geschmacks agierenden Nonsense von Borat. Wie Moore scheren sich auch Larry Charles und Maher wenig um „saubere Bilder“, sondern bevorzugen meist den Quick-and-dirty-Look, bei dem immer mal wieder Mikrofone deutlich sichtbar ins Bild hängen oder der zweite Kameramann deutlich zu sehen ist. Kleine Schönheitsfehler, die sich wohl am ehesten durch die Situation erklären. Meist, so scheint ist, haben Charles und Maher sich nicht lange mit Anfragen für Drehgenehmigungen aufgehalten, sondern mehr oder minder spontan die Gunst der Stunde ausgenutzt. Was sowohl im Vatikan wie auch in der Mormonen-Hochburg Salt Lake City und in „Holy Land“ die Sicherheitskräfte auf den Plan rief.

Ebenfalls an Moore erinnern die diversen Einschübe, die vor allem aus frömmelnden und unsäglich kitschigen Bibelschinken der Fünfzigerjahre stammen und die die Naivität vieler Glaubensvorstellungen verdeutlichen. Um ganz sicher zu gehen, werden diese Ausschnitte und manche Interviewpassagen noch mit Kommentaren versehen – das ist zwar nicht unbedingt subtil und in einigen Fällen sogar überdeutlich, erfüllt aber vollauf den Zweck von Mahers agnostischer Mission.

Bei so viel Licht der Erkenntnis und Aufklärung gibt es natürlich auch Schattenseiten; der Dualismus von Hell und Dunkel, Gut und Böse ist als Prinzip nicht nur auf die Religionen beschränkt, sondern wohnt als Wirkprinzip auch dem Film inne, wie wir nicht erst seit Theodore Roszaks Buch Flicker wissen. Ähnlich wie Michael Moore ist auch Bill Maher nicht frei von Eitelkeiten, so dass der Film vor allem gegen Ende Gefahr läuft, zu sehr zu einer One-Man-Show zu geraten. Wahrscheinlich macht sich hier eben doch bemerkbar, dass Maher es als Comedian gewohnt ist, den ihm zur Verfügung stehenden Raum alleine zu füllen.

So ganz ohne Predigt kommt auch Religulous nicht aus – am Ende verfällt Bill Maher in den Tonfall eines eifrigen Missionars und mahnt eindringlich an, sich mehr auf die Kräfte des eigenen Geistes zu verlassen, anstatt ohne zu hinterfragen jeden Blödsinn zu glauben. Ein Bekehrungsversuch ist also auch dieser Film. Immerhin aber einer, der auf die Vernunft und die Freiheit als höchste Maxime des menschlichen Handelns baut. Ob die filmische Missionsarbeit fruchtet, ist freilich ungewiss. Denn Fundamentalisten jeglicher Couleur und Glaubensrichtung werden diesen Film sicherlich meiden wie der Teufel das Weihwasser. Das zumindest ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Religulous

In den USA ist Bill Maher so etwas wie hierzulande Harald Schmidt – ein respektloser TV-Star, der in seinen Talkshows – eine von ihnen trug den bezeichnenden Namen Politically Incorrect) – nicht gerade zimperlich, aber immer wieder treffend die Schwächen seiner Mitmenschen und die Verfassung der Gesellschaft aufs Korn nimmt. In der bitterbösen Dokumentation Religulous – Man wird doch wohl fragen dürfen von Larry Charles, der einst schon mit Borat Mut zu politisch nicht korrekten Scherzen bewies, fühlt Maher verschiedenen Religionen auf den Zahn und setzt dabei auf die altbewährte Taktik:
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Meinungen

Benedikt · 13.04.2009

Naja... lächerlich ist aber auch ein überheblicher Atheist. Seine Perspektive heisst langfristig Angst und Verzweiflung. Nicht gerade verlockend. Sehr einseitig, der Film! Frohe und gesegnete Ostern noch...

Bill maher the best · 12.04.2009

bill maher ist der Beste.Religionen sind lächerlich und verursachen so viel leid auf der erde!!!!!!!!!!!!!!!!!!