Rare Exports (2010)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Finnen verkaufen den Weihnachtsmann

Alle Jahre wieder im Dezember schwärmen bärtige Männer in roten Mänteln aus, die beim amerikanischen Santa Claus in die Lehre gegangen sind. Zumindest lässt ihr zur Schau getragenes großväterliches Wohlwollen darauf schließen. Die bissige finnische Weihnachtsparodie Rare Exports wagt sich in eine Marktlücke vor, indem sie an die finsteren Gestalten erinnert, die das saisonale Brauchtum auch zu bieten hätte. Knecht Ruprecht oder Krampus, die humorlosen Begleiter des Heiligen Nikolaus, verbreiteten einst Angst und Schrecken. Die wilden Gestalten waren berechtigt, unartige Kinder zu schlagen. Regisseur Jalmari Helander spinnt in seinem Spielfilmdebüt die Angst vor solchen Figuren schaurig-spöttisch weiter und lässt den Weihnachtsmann zu einem Monster werden, das die Bewohner Lapplands schon vor langer Zeit loswerden wollten. So landete er tiefgefroren in einem Berg an der finnisch-russischen Grenze. Aber wenige Tage vor dem Fest lässt ein amerikanischer Unternehmer dort Bohrungen durchführen und die nackten Wichtel, die in den verschneiten Wäldern wohnen, treffen ebenfalls Vorbereitungen für den 24. Dezember.

Helander machte sich bereits mit seinen beiden Kurzfilmen Rare Exports Inc. (2003) und Rare Exports: Official Safety Instructions (2005) einen Namen außerhalb der Werbefilmbranche, aus der er kommt. Die Filme, die auf dem Internetportal youtube ein großes Publikum fanden, zeigen, wie tapfere finnische Jäger wilde Weihnachtsmänner einfangen, sie zähmen und für ihre festliche Aufgabe trainieren, um sie schließlich in Kisten mit dem Aufdruck „Aus dem Land des originalen Santa Claus“ in alle Welt zu verkaufen. Auf Basis dieser Ideen und mit der gleichen Lust am Schauder erzählt der Spielfilm, wie die Finnen dieses lukrative Geschäftsfeld entdeckten. Pietari (Onni Tommila), der kleine Sohn des Rentiermetzgers Rauno (Jorma Tommila), erkennt die tödliche Gefahr, die im Berg lauert. Vorsorglich tackert er das Türchen für den 24. Dezember auf seinem Adventskalender zu und hält nachts am Fenster seines Zimmers Wache mit Blick auf den Berg.

Rauno hat vor dem Häuschen, in dem er seit dem Tod seiner Frau allein mit Pietari wohnt, eine illegale Fallgrube gebaut, in der eines Tages ein alter Mann liegt. Er beschließt, den vermeintlich Toten unauffällig wegzuschaffen, aber in Raunos Hausmetzgerei mit den schmutzigen Fliesen öffnet der bärtige Alte die Augen. Weil Pietari behauptet, es handle sich um den Weihnachtsmann, wollen ihn Rauno und seine Freunde verkaufen. Denn ihre bisherige Einnahmequelle, eine Rentierherde, wurde von wilden Bestien getötet.

Die Handlung spielt ironisch mit Motiven aus Horrorfilmen, etwa in Raunos Schlachthaus oder wenn in der nächtlichen Schneelandschaft nackte alte Männer laufen. Die Fantasyelemente rund um das Monster im Berg werden mit hollywoodreifer Action aus der Perspektive des kleinen Helden Pietari verknüpft. Die Musik stellt sich in den Dienst der gruseligen Stimmung. Helanders vielseitige Demontage der Weihnachtsseligkeit hat den Nachteil, dass die Geschichte nicht wie aus einem Guss wirkt. Ihr Humor, der sowohl lakonisch als auch entfesselt und versponnen sein kann, ist sicherlich Geschmackssache.

Die beißende Komik spiegelt das entbehrungsreiche Leben der Männer. Frauen kommen in diesem Film überhaupt nicht vor. Die verloren wirkenden bunten Glühbirnen an Raunos Häuschen, das Loch in seinem Wollpullover oder sein mickriger Weihnachtsbaum mit den finnischen Papierfähnchen zeigen, dass es hier, weit weg von den Wirtschaftszentren, keinen Grund zum Feiern gibt. Die Sprache der Männer ist geprägt von ihrer Desillusionierung, viele Sprüche spielen mit der Missachtung von Normen. So fragt Pietari seinen Vater, der ihm ein Gewehr in die Hand drückt, ängstlich, ob es geladen sei, und bekommt zu hören, klar, sonst wäre es ja nutzlos.

Zwar bleibt der Grundton auch dieser Weihnachtsparodie versöhnlich, denn Pietari und sein Umfeld sorgen für rechtzeitige Bescherung zum Fest. Aber der Film verzichtet so konsequent auf Zuckerguss, dass er sich gut zum Abbau weihnachtlich angestauter Aggression eignet.
 

Rare Exports (2010)

Alle Jahre wieder im Dezember schwärmen bärtige Männer in roten Mänteln aus, die beim amerikanischen Santa Claus in die Lehre gegangen sind. Zumindest lässt ihr zur Schau getragenes großväterliches Wohlwollen darauf schließen.

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