Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt

Eine Filmkritik von Florian Koch

Gegen ihn war „Dagobert“ nur ein kleiner Fisch. Jacques Mesrine, Frankreichs berühmtester Verbrecher terrorisierte über 20 Jahre die Grande Nation. Ob Bankeinbrüche, brutale Morde, eiskalte Entführungen oder spektakuläre Ausbrüche aus Hochsicherheitsgefängnissen — Mesrines Strafakte bot Platz für mehrere Telefonbücher. Als er am 2. November 1979 auf offener Straße in Paris erschossen wird, atmete ganz Frankreich auf.
Mesrines grausam-faszinierendes Leben schrie förmlich nach einer Film-Adaption. Regisseur Jean-François Richet (Assault on Precint 13) wusste zugleich aber auch, dass der Stoff in zwei Kino-Stunden kaum zu bewältigen war. Deshalb splittete er Mesrines Geschichte in zwei Teile auf.

Der erste Part Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt erzählt in klassischer Gangsterfilm-Manier vom Aufstieg Mesrines in Frankreichs Ganovenszene. Public Enemy No. 1 – Todestrieb (Starttermin: 21.5) zeigt Mesrine als degenerierten Staatsfeind Nr. 1, dem zusehends die Felle davon schwimmen.

1956 wird der lebenslustige, 19-jährige Jacques (Vincent Cassel) in den Algerienkrieg eingezogen. Als abgestumpfter, gefühlskalter Mann kehrt er 1959 in die Pariser Heimat zurück. Ohne Ausbildung schwindet bald seine Hoffnung auf eine geregelte, anständig bezahlte Arbeit. Mesrines aufgestaute Aggressionen finden ein Ventil, als er den Gangsterboss Guido (ein aufgeschwemmter Gérard Depardieu an der Grenze zur Selbstparodie) kennenlernt. Gemeinsam mischen die beiden die Pariser Unterwelt mit brutalen, dreisten Überfällen auf. Als Mesrine seinen ersten Menschen erschießt taucht er in Spanien unter und gründet mit der naiven Sofia (Elena Anaya) eine Familie. Doch Mesrine ist ein Adrenalin-Junkie und abhängig von Verbrechens-Kicks. Dafür lässt er Sofia und seine drei kleinen Kinder kaltblütig sitzen. Mesrine zieht es wieder auf die Straße. Gemeinsam mit der unberechenbaren Jeanne Schneider (Cécile de France) verübt er im Stile von „Bonnie und Clyde“ spektakuläre Raubzüge. Bis die beiden in Kanada gefasst werden. Mesrine wird zu Einzelhaft verdonnert und von mehreren Wachmännern brutal gefoltert. Doch brechen können ihn die Beamten nicht. Im Gegenteil: Mesrine heckt einen Fluchtplan aus dem Hochsicherheitsgefängnis aus, der seinesgleichen sucht.

Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt braucht sich vor Genrevorbildern wie Scarface (1983) oder American Gangster (2007) nicht zu verstecken. Richet gelang mit dem sündhaft teuren Biopic, das auf Mesrines im Gefängnis verfasster Autobiografie beruht, ein mitreißender Thriller. Über die volle Laufzeit beweist der junge Filmemacher ein feines Gespür für atmosphärische, opulente Bilder, stimmige Dialoge und perfekt arrangierte, an Heat (1996) erinnernde Actionsequenzen. Brillant bis in die Nebenrollen besetzt sticht Vincent Cassel in der Titelrolle hervor. Mit ständig wechselndem Aussehen – er nahm während des neun Monate Drehs 20 Kilo zu – zeigt er beklemmend intensiv alle Facetten des gefährlichen Killers, die von charmantem Flirtversuchen bis zu grausigen Gewalteruptionen reichen. Lohn für die Mühen war ein César, den Cassel für seinen Parforceritt in diesem Jahr erhielt.

Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt

Gegen ihn war „Dagobert“ nur ein kleiner Fisch. Jacques Mesrine, Frankreichs berühmtester Verbrecher terrorisierte über 20 Jahre die Grande Nation. Ob Bankeinbrüche, brutale Morde, eiskalte Entführungen oder spektakuläre Ausbrüche aus Hochsicherheitsgefängnissen — Mesrines Strafakte bot Platz für mehrere Telefonbücher. Als er am 2. November 1979 auf offener Straße in Paris erschossen wird, atmete ganz Frankreich auf.
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