PlayOff

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Basketball und Holocaust

Max Stoller (Danny Huston) ist kein Basketballtrainer wie jeder andere. Das liegt nicht allein an seiner Vorliebe für die Mann-gegen-Mann-Verteidigung, die die individuellen Stärken der einzelnen Spieler dem oftmals geforderten Teamgeist entgegensetzt, sondern auch an seiner eigenen Geschichte und Herkunft. Denn Stoller ist ein israelischer Trainer und ein Überlebender des Holocaust und übernimmt Anfang der 1980er Jahre ausgerechnet die bundesdeutsche Basketball-Nationalmannschaft – eine Entscheidung, die nicht nur in seiner Heimat Israel auf Unverständnis stößt.
Auch in Deutschland sieht er sich Schwierigkeiten ausgesetzt, mit denen er nicht unbedingt gerechnet hat. Da ist zum einen die Presse, die mit ihm nicht über den Sport, sondern vor allem über seine Herkunft sprechen will, was dem in sich gekehrten, verschlossenen Mann überhaupt nicht recht ist. Und sportlich läuft es ebenfalls nicht so, wie Stoller sich das vorgestellt hat: Aufgrund seiner Weigerung, Deutsch mit den Spielern zu sprechen, hapert es gewaltig an der Kommunikation, so dass es bald zu ersten Zerwürfnissen kommt, zu denen aber auch der (natürlich arisch-blonde) deutsche Kapitän Thomas (Max Riemelt) seinen Teil beiträgt. Und dann sind da noch die Schatten der Vergangenheit, denen sich Stoller stellen muss, denn die Orte seiner traumatisierten Kindheit liegen buchstäblich vor der Haustür. Schließlich lernt er noch die Türkin Deniz (Amira Casar) und deren Tochter Sema (Selen Savas) kennen, die nach Deutschland gekommen sind, um Deniz‘ verschwundenen Ehemann aufzuspüren.

PlayOff basiert auf der wahren Geschichte des früheren deutschen, aus Israel stammenden Basketball-Nationaltrainers Ralph Klein (1931-2008), der in den 1970er Jahren mit Maccabi Tel Aviv Europameister wurde. 1983 sorgte Kleins Entscheidung, deutscher Nationaltrainer der bis dato erfolglosen deutschen Nationalmannschaft zu werden und diese für die Olympischen Spiele in Los Angeles zu führen, für einiges Aufsehen im In- und Ausland. Auch wenn der Trainer im Film einen anderen Namen trägt, so ist seine Figur doch recht nahe an die historische Persönlichkeit Ralph Kleins angelehnt – was mit Sicherheit auch daran liegt, dass einer der Drehbuchautoren Kleins Schwiegersohn ist.

Trotz dieses direkten Zugangs zum Thema und zur zentralen Figur des Filmes ist Eran Riklis mit PlayOff kein überzeugender Film gelungen. Die Figurenzeichnung und die Konflikte zwischen ihnen wirken wie am Reißbrett entworfen, da wimmelt es plötzlich nur so von Schuldgefühlen und Vätern, die entweder zu Opfern wurden oder Täter waren. Hinzu kommt eine Liebesgeschichte, die so offensichtlich als „love interest“ und Kommentar zum Hauptplot konzipiert ist, dass ihr jede Glaubwürdigkeit abgeht und sie mehr als einmal die Grenze zur Gefühlsduseligkeit überschreitet. Hinzu kommt die fast schon stiefmütterliche Behandlung des Basketball-Sports, der einige Male vollkommen aus dem Fokus gerät. Entgegen der Beteuerungen Stollers, er wolle sich in Deutschland einzig auf das Training konzentrieren, weiß der vorgeblich charismatische Trainer nicht sehr viel mehr zu vermitteln als Phrasen wie „Ich bin nicht hier, um zu verlieren, sondern um zu gewinnen“.

Immerhin erweist sich Danny Huston allen Fallstricken des holzschnittartigen Drehbuchs zum Trotz als gute Wahl für die Rolle des Trainers, tapfer versucht er gegen die Überfrachtung des Drehbuchs mit zu vielen Teilaspekten und Elementen anzuspielen und bewahrt seiner Figur genau jenes Maß an Zurückhaltung, dass man ihm seine inneren Qualen und den schmerzhaften Prozess der Erinnerung glaubt.

Eran Riklis ist bislang vor allem durch seine drei vorherigen Filme Die syrische Braut (2004), Lemon Tree (2008) und Die Reise des Personalmanagers (2010) bekannt geworden. Schon in diesem Jahr wird am 12.9. in den deutschen Kinos sein neuestes Werk Zaytoun anlaufen. PlayOff gehört in dieser Reihe eher zu den schwächeren Filmen des Regisseurs. Und das liegt vor allem an der thematischen Überfrachtung, an der Bedeutungsschwere, mit der hier der Basketball-Sport mit Symbolik und Metaphern aufgeladen wird und stets etwas anderes meint. Dadurch geht dem Film die Leichtigkeit verloren, die das Spiel selbst auszeichnet und zur elegantesten, leichtfüßigsten und schwerelosesten Ballsportart überhaupt macht. Wäre der Film selbst ein Basketballspieler, dann am ehesten einer, dessen Füße in bleischweren Schuhen stecken, wodurch die gewaltigen Sprünge verhindert werden.

PlayOff

Max Stoller (Danny Huston) ist kein Basketballtrainer wie jeder andere. Das liegt nicht allein an seiner Vorliebe für die Mann-gegen-Mann-Verteidigung, die die individuellen Stärken der einzelnen Spieler dem oftmals geforderten Teamgeist entgegensetzt, sondern auch an seiner eigenen Geschichte und Herkunft. Denn Stoller ist ein israelischer Trainer und ein Überlebender des Holocaust und übernimmt Anfang der 1980er Jahre ausgerechnet die bundesdeutsche Basketball-Nationalmannschaft.
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