Playing God (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Simon Hauck

Playing Director

Stolze 12 Millionen US-Dollar bekam Andy Wilson (Für alle Fälle Fitz – Mörderische Liebe) Mitte der 1990er Jahre in die Hand gedrückt: Immerhin für (s)ein Regie-Debüt! Obendrein servierte ihm die ausführende Produktionfirma Touchstone, die dem Disney-Konzern gehört, einen veritablen Cast mit Oscar-Preisträger Timothy Hutton als zynischen Ober-Ganoven und eine blutjunge Angelina Jolie als dessen erotische Gangster-Braut Claire. Dazu den kantigen Schwedenexport Peter Stormare (Fargo) – und David Duchovny, der hier seine erste Leinwandhauptrolle spielt.
Playing God heißt dieser überaus seltsame Thriller-Erstling, der sich in der Hoffnung der Produzenten zu einem künstlerisch-alternativen Independent-Hit à la Pulp Fiction, True Romance oder Bube, Dame, König, grAS entwickeln sollte – und stattdessen ziemlich floppte: Lediglich ein Drittel seiner Entstehungskosten konnte er 1997 an der Kinokasse einspielen. In Deutschland kam er erst gar nicht ins Kino, aber Concorde veröffentlicht Wilsons knallbunte Neunziger-Jahre-Gangster-Krachtüte nun zum ersten Mal als Blu-ray.

Andy Wilson, der in den 1980er Jahren vom alternativen Theater zuerst zum legendären Channel 4 wechselte und im Anschluss einige bemerkenswerte Videos für Underworld inszenierte, ist im Grunde ein Verehrer des Grotesken. Kein Wunder, dass er in Interviews stets Fellini als sein großes visuelles Vorbild nannte, doch von dessen grandioser Virtuosität im ausufernden Erzählen wie in der Erfindung von ganzen Welten ist der britische Regisseur, der heute vorwiegend für das Fernsehen (Unforgotten, Kommissar Wallander) arbeitet, meilenweit entfernt.

Denn Playing God hätte im Grunde auch „Playing Director“ heißen können, weil sich Wilson inszenatorisch – zusammen mit seinem heillos überforderten Drehbuchautor Mark Haskell Smith – von Beginn an in dieser kruden Story um einen drogengeschwängerten Arzt (David Duchovny), der seine Approbation infolge eines tödlichen Behandlungsfehlers verloren hat, verirrt. So gut wie gar nichts passt hier zusammen: Weder die verunglückte Pop-Art-Kulisse noch die halbgaren Stunt- und Show-Einlagen. Auch David Duchovny, der sich schauspielerisch sichtlich bemüht und wenigstens in wenigen kurzen Szenen-Splittern mit seinem typisch somnambulen Charme punkten kann, wirkt in dieser krachledernen Pseudo-Gangster-Kulisse weitgehend verloren.

Eine echte Regie-Handschrift ist in Wilsons Versuch, den grellen open-your-mind-spirit der lauten 1990er Jahre in passable Kinobilder zu überführen, nirgendwo zu spüren, was in der Tat umso erstaunlicher ist, weil Duchovnys Chirurgen-Hände in zahllosen Einstellungen zu sehen sind. Nach einer Stippvisite im Neo-Noir-Club, wo neben ihm am Tresen plötzlich ein Mann niedergeschossen wird, dem er als Chirurg im Zwangsruhestand sofort zur Seite springt, wird er von dessen Gangster-Macker Raymond Blossom (Timothy Hutton) – ohne zu wollen – als „Arzt für besondere Einstätze“ rekrutiert.

Im Bandenkrieg gegen die estnische Mafia muss sich Duchovny im Anschluss ebenso beweisen wie im Kampf um Claires Hand. Spätestens als sich das FBI auch noch einschaltet und den ehemaligen Chirurgen für sich einspannen möchte, verliert sich Andy Wilsons Regie vollends in dieser teilweise unfreiwillig komisch wirkenden Räuber-Pistole. Nicht einmal Anthony B. Richmond, immerhin Nicolas Roegs Stammkameramann (Wenn die Gondeln Trauer tragen, Black out – Anatomie einer Leidenschaft), kann diesem ziemlich wirren Leinwand-Debüt seinen visuellen Stempel aufdrücken – oder es wenigstens halbwegs retten.

Herausgekommen ist dabei ein selten rundes Genre-Experiment, das wie ein Buffalo-Schuh aus den 1990er Jahren wirkt: Alles daran kreischt um sich, ist laut und betont frech. Playing God ist daher ein Film wie ein Sneaker mit überbreiter Schnalle und dicker Plateausohle. Er möchte auf der Straße eigentlich permanent Ausrufezeichen setzen – und ist doch nur lächerlich.

Playing God (Blu-ray)

Stolze 12 Millionen US-Dollar bekam Andy Wilson („Für alle Fälle Fitz – Mörderische Liebe“) Mitte der 1990er Jahre in die Hand gedrückt: Immerhin für (s)ein Regie-Debüt! Obendrein servierte ihm die ausführende Produktionfirma Touchstone, die dem Disney-Konzern gehört, einen veritablen Cast mit Oscar-Preisträger Timothy Hutton als zynischen Ober-Ganoven und eine blutjunge Angelina Jolie als dessen erotische Gangster-Braut Claire. Dazu den kantigen Schwedenexport Peter Stormare („Fargo“) – und David Duchovny, der hier seine erste Leinwandhauptrolle spielt.
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