Pink Taxi

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Mit dem Taxi in Richtung Emanzipation

So selten man sie auch sieht – sie gehören zum Stadtbild von Moskau einfach dazu und sind sowieso kaum zu übersehen. Gemeint sind die 22 pinkfarbenen Taxis, in denen ausschließlich Frauen befördert werden – und zwar ebenfalls ausschließlich von weiblichen Taxifahrerinnen. Unter den mehr als 100.000 Taxis der russischen Metropole und den mehr als drei Millionen Automobilen insgesamt in Moskau bilden sie die absolute Ausnahme. Und dennoch erfährt man im Verlauf von Pink Taxi, der natürlich zum großen Teil in diesen Taxis spielt, einiges über den Zustand der russischen Gesellschaft und über die Rolle, die Frauen darin spielen.
Marina, Alla und Viktoria heißen die drei Frauen mittleren Alters, die Uli Gaulke in seinem Film Pink Taxi mit der Kamera begleitet. Bei ihnen sind nicht nur die Taxis pink, sondern gerne auch mal die Fingernägel und die Halstücher, die sie tragen. Nicht nur im beinharten Moskauer Verkehr kommen die drei Taxifahrerinnen ohne Männer klar, auch im privaten Alltag gelingt ihnen dies – wenngleich nicht ganz freiwillig. Ihre Ehemänner sind ihnen allesamt im Laufe der Jahre abhanden gekommen, auf verschiedene Art und Weise. Der eine hat sich zu Tode gesoffen, der andere ist mit einer Jüngeren abgehauen – das ganz normale Leben eben. Dennoch haben sie sich nicht unterkriegen lassen, schließlich müssen sie Kinder versorgen und eine Familie ernähren. Und dafür schuften sie schon auch mal 48 Stunden am Stück, um zwischendurch am Straßenrand ein kleines Nickerchen zu halten und sich mit Unmengen an Kaffee wachzuhalten.

Mit den Kundinnen, die zu ihnen ins Taxi steigen, kommen die drei schnell ins Gespräch. Und so geht es während der Fahrten durch Moskau um Kosmetik, um Dessous, ums liebe Geld, um die Kind, um Russland – und natürlich immer wieder um die Männer. Zwar trennen die Frauen hinter dem Lenkrad und jene auf der Rückbank nicht nur etliche soziale Stufen, sondern ganze Welten. Und dennoch fühlen sich auch reiche Geschäftsfrauen, die Töchter steinreicher Oligarchen und andere zu Wohlstand gekommene Frauen in den pinkfarbenen Taxis gut aufgehoben und plaudern munter drauf los. In diesen Gesprächen von Frau zu Frau entsteht mit der Zeit ganz nebenbei ein Bild von der Lebenssituation russischer Frau ganz ohne erhobenen Zeigefinger, das aussagekräftiger ist also so manche ambitionierte Sozialreportage. Was unter Umständen auch daran liegen mag, dass sich Gaulke spürbar zurückhält und man die Anwesenheit des Filmemachers kaum je spürt. Und weil er die Bilder und vor allem die Frauen für sich selber sprechen lässt, anstatt über sie zu sprechen.

Männer kommen in diesem Film – natürlich – nur am (Straßen)Rande vor, sie lachen über die auffälligen Taxis, die sie vor allem vom Hörensagen kennen. Doch spürt man deutlich, wie sehr ihnen dieser Raum, der allein den Frauen gehört, Unbehagen bereitet. Weil sie sich eigentlich immer noch als das starke Geschlecht fühlen, in Wahrheit haben sich in vielen Familien die Machtverhältnisse längst gedreht. Nur ist diese Erkenntnis noch nicht in der Gesellschaft selbst und deren Wahrnehmung angekommen. Die Emanzipation der Frau in Russland, das spürt man deutlich nach diesem Film, sie hat gerade erst begonnen. Die 22 pinkfarbenen Taxis jedenfalls sind erst der Anfang.

Pink Taxi

So selten man sie auch sieht – sie gehören zum Stadtbild von Moskau einfach dazu und sind sowieso kaum zu übersehen. Gemeint sind die 22 pinkfarbenen Taxis, in denen ausschließlich Frauen befördert werden – und zwar ebenfalls ausschließlich von weiblichen Taxifahrerinnen. Unter den mehr als 100.000 Taxis der russischen Metropole und den mehr als drei Millionen Automobilen insgesamt in Moskau bilden sie die absolute Ausnahme.
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