Papa Gold

Eine Filmkritik von Lena Kettner

Stiefpapa ante portas

Sex, Partys, Alkohol – Denny liebt sein freies und ungezwungenes Leben in Berlin. Jeden Tag schläft er mit einer anderen, tanzt die Nächte durch und lebt in einem heruntergekommenen Altbau. Da steht eines Tages plötzlich ein Unbekannter vor seiner Wohnungstür. Es ist Frank, der zweite Mann seiner Mutter, mit der er seit zehn Jahren kein Wort mehr gewechselt hat. Denny zeigt sich wenig erfreut über den ungebetenen Besuch, schließlich ist er es seit Jahren gewohnt, auf sich selbst gestellt zu sein.
In Tom Lass’ Film Papa Gold wird nicht nur Denny dazu gezwungen, sein Leben neu zu ordnen. Angeblich ist Frank zwar ausschließlich nach Berlin gekommen, um den verlorenen Stiefsohn nach Hause zu holen. Doch schnell wird klar, dass er wie einst Denny die Flucht vor Dennys Mutter ergriffen hat, die im Film nie selbst auftritt, das Leben ihres Mannes aber durch tägliche Kontrollanrufe dominiert. Die Sehnsucht nach einer heilen Familie verbindet Denny und Frank, aber auch die Angst davor, den Ansprüchen von Dennys Mutter nicht zu genügen. Frank beschließt, in Berlin zu bleiben und taucht in Dennys Welt ein, fährt Mofa und zieht mit seinem Stiefsohn um die Häuser. Bald muss er jedoch erkennen, dass Denny ihn mehr als unterhaltsamen Gast denn als Erzieher oder gar als Vaterersatz ansieht.

Die Besonderheit dieses Films liegt in der ungewöhnlichen Umsetzung des eher gewöhnlichen Plots. Mit einem minimalen Budget von nur 2.500 € realisierte der 27-jährige Schauspieler Tom Lass sein Spielfilmdebut und verzichtete dabei bewusst auf ein Drehbuch. „Ich wollte improvisativ drehen, weil ich darin eine Möglichkeit sah, mit sehr beschränkten Mitteln eine hochwertige Geschichte zu erzählen“, sagt Tom Lass über seinen Film, der in diesem Jahr für den „First Steps Award“ nominiert ist. Kein Take in Papa Gold wurde wiederholt, kein Text einstudiert. Das gereichte dem Film jedoch nicht zum Nachteil, denn in den ungekünstelten Dialogen und der authentischen Figurenzeichnung liegt die große Stärke dieses etwas anderen Coming-of-Age-Films.

Der Regisseur macht aus Papa Gold, den er auch selbst produziert hat, keine große Tom Lass-Show, sondern inszeniert sich selbstironisch als schmächtigen Antiweiberhelden mit Augenringen und Hühnerbrust, der in seiner schmutzigen und unordentlichen Wohnung täglichen Damenbesuch empfängt. Was es wirklich bedeutet, einen Menschen zu lieben, weiß Denny nicht. Die improvisierten Liebesszenen mit den gutaussehenden jungen Mädchen amüsieren auf den ersten Blick, sind aber auch das traurige Spiegelbild für Dennys tiefsitzende Sehnsucht nach Geborgenheit und Nähe, die er im Sex zu finden sucht. Trotz seines Erfolgs bei den Frauen bleibt Denny ein Verlierertyp, wenn auch ein sympathischer. Ähnlich wie Frank, der sich aus Frust ein paar Kilo zu viel angefuttert hat und ebenso wenig erwachsen wirkt wie sein Stiefsohn. Beide sind sie zu feige und bequem, Dennys Mutter mit ihren Wünschen, Ängste und Sehnsüchten zu konfrontieren, beide scheuen sie sich vor der Verantwortung, die sie für ihr Leben übernehmen müssen. Peter Trabner groovt als Frank lieber zu Elektrobeat durch Dennys Wohnung oder wäscht die heilige Slipsammlung des Stiefsohns, worüber sich dieser wenig begeistert zeigt.

„Schildkröten können sich nicht selber umdrehen“, stellt Denny einmal fest. Auch seine Angebetete Mike kann ihm in seiner Situation nicht den Schubs in die richtige Richtung geben. Durch Franks Hilfe wird Denny zwar an Mike herankommen, es bleibt aber letztendlich bei einer einmaligen Bettgeschichte. Tom Lass setzt am Ende von Papa Gold nicht auf ein rührseliges Happy-End mit Liebesschwüren und Familienzusammenführung, sondern auf einen leisen Schluss, der Denny mit seiner kleinen Halbschwester vor dem Aquarium im Haus seiner Mutter zeigt. Zum ersten Mal spürt Denny, was es bedeutet, einen Menschen wirklich zu lieben und die Verantwortung für ihn zu übernehmen. Nun kann sein Leben als Erwachsener endlich beginnen.

Papa Gold

Sex, Partys, Alkohol – Denny liebt sein freies und ungezwungenes Leben in Berlin. Jeden Tag schläft er mit einer anderen, tanzt die Nächte durch und lebt in einem heruntergekommenen Altbau. Da steht eines Tages plötzlich ein Unbekannter vor seiner Wohnungstür. Es ist Frank, der zweite Mann seiner Mutter, mit der er seit zehn Jahren kein Wort mehr gewechselt hat.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen