Palo Alto

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Die große Leere

Mit ganz schön dicken Namen kommt dieser Film daher: Gedreht von Gia Coppola, der Enkelin von Francis Ford Coppola, mit Emma Roberts, der Nichte von Julia Roberts, Val Kilmer und James Franco, der Palo Alto auch gleichzeitig produziert hat und auf dessen Kurzgeschichten der Film beruht — da kommt also einiges zusammen an Prominenz. Mit Namen zu protzen hat aber schon in der Schule nichts genutzt. Entweder man liefert, oder man liefert nicht. Im Falle von Palo Alto muss man wohl aufgrund der James Franco Beteiligung etwas Milde walten lassen. Denn es ist zu vermuten dass die literarische Vorlage dieses Filmes einige Probleme mit sich bringt. Francos Kurzgeschichten sind nämlich vor allem stilistisch interessant, dafür aber inhaltlich eher flach geraten. Somit blieb Gia Coppola in ihrem ersten Langfilm nur ein recht dünner Handlungsfaden, mit dem sie arbeiten konnte, ein Problem, dass sie recht clever durch Verdichtung des Stoffes löst, was man aber trotz allem an allen Ecken und Enden spürt.
Der Coming-of-age Film begleitet ein paar Jugendliche in dem gleichnamigen Ort in Kalifornien durch ihr 10. Jahr an der High School. April (Emma Roberts) ein schüchternes Mädchen, ist verliebt in Teddy, doch als der sich bei einer Party von Emily (Zoe Levin) einen blasen lässt, wendet sie sich ab. April babysittet ab und an bei ihrem Fußballtrainer Mr B. (James Franco), der ein Auge auf sie geworfen hat und sie versucht zu verführen. Teddy wiederum hat seine ganz eigenen Probleme. Er hat betrunken einen Unfall gebaut und ist jetzt auf Bewährung draußen. Wenn er noch einmal Mist baut, kommt er in den Jugendknast. Als Strafe muss der Junge erst in einer Kinderbibliothek und später in einem Altersheim arbeiten — ein Unterfangen, dass ihm sein bester Freund Fred (Nat Wolff) nicht einfach gestaltet. Emily ist die Schlampe der Schule, die Liebe mit Blowjobs verwechselt. Sie ist verknallt in Teddy, doch der lässt sie irgendwann links liegen. Als sein bester Kumpel Fred Interesse zeigt, lässt sie sich mit ihm ein. Fred hat allerdings massive psychische Probleme und spricht öfter mal davon, Amok zu laufen und sich anschließend umzubringen.

Genauso ziellos wie die Jugendlichen selbst driften auch die einzelnen Geschichten und Erzählstränge von einem zum anderen; eine Fluidität, die das Ensemble sehr gut auffängt und mit ihren soliden Auftritten eine Basis gibt, die den Film über die Zeit rettet. Wirklich wunderschön ist in Palo Alto vor allem die Kameraarbeit, die die Grundlage legt für dieses melancholisch-depressive Gefühl, das die ganze Zeit über diesen Jugendlichen hängt. Allerdings fällt auf, dass Gia Coppola genau wie ihre Tante Sophia ein extrem eigenes Bild davon hat, was es bedeutet, ein Teenager zu sein. Hier werden auf keinen Fall Durchschnittsteenager gezeigt, vielmehr sind alle Jugendlichen (ganz wie in The Bling Ring) weiße, reiche Kids, die eine scheinbar nie enden wollende Abundanz an Zeit (ergo Langeweile) und Drogen in ihrem Leben haben.

Sex ist nichts weiter als eines der vielen Mittel, um die Leere und Langeweile zu vertreiben. Die menschenverachtenden Attitüden, die immer wieder beiläufig wiederholt werden, und die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Kids das Recht herausnehmen, über andere hinwegzugehen, um selbst weiter zu kommen — das ist ganz ehrlich gesagt gruselig mit anzusehen. Genau an dieser Stelle bekommt die bewusst coole Präsentation einen bitteren Beigeschmack, denn ganz offensichtlich stört sich niemand an dieser weißen, reichen Welt, im Gegenteil. Sie wird zum Kult erhoben und zelebriert, als wolle man dem Publikum voller Stolz zurufen: „Schaut her, wie geil abgefuckt wir alle sind“. Es gibt nur zwei Probleme, die diese Teenager haben: Erstens, dass sie de facto keine wirklichen Sorgen haben und zweitens, dass ihr kultivierter Narzissmus sie kalt und hohl werden lässt, wenn sie über andere hinwegfegen oder eben selbst zu Opfern der Egos der anderen werden.

Für den Film bedeutet dies vor allem eine schön anzusehende, gut ausgeleuchtete, sich selbst entlarvende Leere. Bei allem Geld, bei aller Coolness, was ist da schon dahinter zu finden? Am Ende von Palo Alto konstatiert April einmal, dass alle Filme heutzutage doch total leer und sinnlos sind. Ob sie versteht, dass sie sich selbst gerade in solch einem befindet?

Palo Alto

Mit ganz schön dicken Namen kommt dieser Film daher: Gedreht von Gia Coppola, der Enkelin von Francis Ford Coppola, mit Emma Roberts, der Nichte von Julia Roberts, Val Kilmer und James Franco, der „Palo Alto“ auch gleichzeitig produziert hat und auf dessen Kurzgeschichten der Film beruht — da kommt also einiges zusammen an Prominenz.
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