Orphan - Das Waisenkind (2009)

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Horrorthriller über ein mysteriöses Killergirl

Horrorfilme lieben sie immer wieder: Merkwürdige, teuflische Kinder, die ihren Eltern das Leben zur Hölle machen und kurzum zu Mördern werden. Das Omen (1976) und Kinder des Zorns (1983) sind gute Beispiele dafür. Noch nicht allzu lange her ist George Ratliffs Joshua (2007), der ebenso einen bitterbösen, kleinen Satansbraten präsentierte. Nun legt der katalanische Regisseur Jaume Collet-Serra mit Orphan — Das Waisenkind nach und führt uns eines der fiesesten Kinder der Filmgeschichte vor Augen, das seinen Vorgängern in Kaltblütigkeit nichts nachsteht.

Zunächst scheint mit der neunjährigen Esther (Isabelle Fuhrman) alles in Ordnung zu sein. Als adoptiertes Waisenkind kommt sie in die Familie von Kate (Vera Farmiga) und John Coleman (Peter Sarsgaard), die schon einen Sohn und eine Tochter haben. Nach Schwierigkeiten in der Ehe, Kates Alkoholproblem und der Verlust eines ungeborenen Kindes, scheint die Adoption eine Art Rettungsanker für die Familie zu sein. Umso glücklicher sind sie, dass sie mit der aus Russland stammenden Esther nicht nur ein hübsches und liebes, sondern auch ein intelligentes Mädchen hinzugewonnen haben.

Doch der Schein trügt. Es dauert nicht lange, bis man (Kate und das Publikum) merkt, dass mit Esther etwas nicht stimmt. „Ich schätze, ich bin eben anders“, meinte Esther noch beim Vorstellungsgespräch im Waisenhaus. Obwohl Kate ihr damals versichert hat, dass es nichts Schlimmes sei, anders zu sein, fällt ihr schnell auf, dass ihre Adoptivtochter doch ziemlich anders als die anderen Mädchen in ihrem Alter ist. Ihre Kleider sind altmodisch, ihre Bilder ungewöhnlich frühreif, ihr Klavierspiel zu perfekt. Zuhause schließt sie sich im Badezimmer ein und schleicht wie ein Geist über den Flur. Als Esther brutal eine Taube erschlägt, bekommen die taubstumme Max (Aryana Engineer) und der ältere Daniel (Jimmy Bennett) vor ihrer Stiefschwester zum ersten Mal so richtig Angst.

Immer wieder passieren in Esthers Gegenwart ungewöhnliche Dinge: Ein Kind fällt von der Rutsche, eine Nonne verunglückt, die Handbremse von Kates Auto löst sich. Esther schafft es jedoch, clever wie sie ist, ihre Unschuld zu bewahren. Doch Horror und Alptraum fangen erst richtig an. Esther versucht ihre neue Familie nicht nur zu schikanieren und zu manipulieren, sie hat richtig hinterlistige, böse Absichten – und geht dabei über Leichen. Warum sie das macht und was alles dahinter steckt, wird an dieser Stelle natürlich noch nicht verraten. Genau das ist eigentlich das Schöne an dem Film: Gerade wenn man auf seine Uhr schauen will, in der Hoffnung, dass es sich bald ausgegruselt hat, nimmt der Film eine äußerst unerwartete Wendung.

Auch wenn sich alles um das mysteriöse Horrorgirl dreht, ist der Film gleichzeitig auch interessantes Frauenporträt. Kate wird grandios von Vera Farmiga gespielt, die bereits in anderen schwierigen Mutterrollen glänzte. Ihre Filmkinder Joshua und Bruno aus Der Junge im gestreiften Pyjama (2009) haben es ihr nicht gerade einfach gemacht. Sie hat gekämpft, gezaudert, gelitten, aber all das war nichts im Vergleich zu der Mutterrolle, die sie in Orphan meistert. Verzweifelt versucht sie das Richtige für ihre Kinder zu tun, während sie an ihrem Perfektionismus und ihrer Vergangenheit scheitert. Sie wirkt sehr glaubwürdig, auch die Kinderrollen sind genial gespielt und nicht zuletzt auch der Part von Peter Sarsgaard, der den Vater verkörpert.

Orphan basiert auf dem klassischen Horrorfilm-Schema. Einer kennt die Wahrheit und besteht darauf und alle anderen halten ihn verrückt und wollen ihn in die Klapsmühle stecken. Je mehr Kate über Esthers Vergangenheit herausfindet, desto unglaubwürdiger scheint sie. Selbst ihre Therapeutin und ihr Ehemann glauben ihr nicht. Das ist die Tragik, die in blanken Horror, Schock und Entsetzen kulminiert. Viel Spaß beim Gruseln!
 

Orphan - Das Waisenkind (2009)

Horrorfilme lieben sie immer wieder: Merkwürdige, teuflische Kinder, die ihren Eltern das Leben zur Hölle machen und kurzum zu Mördern werden. „Das Omen“ (1976) und „Kinder des Zorns“ (1983) sind gute Beispiele dafür. Noch nicht allzu lange her ist George Ratliffs „Joshua“ (2007), der ebenso einen bitterbösen, kleinen Satansbraten präsentierte. Nun legt der katalanische Regisseur Jaume Collet-Serra mit „Orphan — Das Waisenkind“ nach und führt uns eines der fiesesten Kinder der Filmgeschichte vor Augen, das seinen Vorgängern in Kaltblütigkeit nichts nachsteht.

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