Ooops! Die Arche ist weg... (2015)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Der freche Witz nie gekannter Stofftiere

Die Geschichte von der Arche Noah mag zwar im Alten Testament stehen, aber ihre Kombination aus paradiesischem Märchen und apokalyptischem Szenario wirkt auch heute ausgesprochen reizvoll. Immer noch sind Kinder fasziniert von dem Gedanken, dass Tiere, die in freier Wildbahn Fressfeinde wären, einträchtig nebeneinander ein Schiff besteigen, um die alles vernichtende Sintflut zu überleben.

Der 3D-Animationsfilm Ooops! Die Arche ist weg…, eine Produktion aus Deutschland, Luxemburg, Belgien und Irland, modelt die mythische Geschichte ein wenig um: Zwei Tierkinder verpassen die Abfahrt der Arche und sind auf sich allein gestellt, während die Eltern dafür kämpfen, mitsamt dem Schiff umzukehren. Der Clou an dieser unbekümmert fantasiereichen Version, die Toby Genkel und sein Co-Regisseur Sean McCormack inszenierten, ist, dass der kleine Finny und das Mädchen Leah rein fiktiven Tierarten angehören. Vor der Arche stehen sie in einer Schlange mit Tigern, Affen und Elefanten, mit denen sie wiederum ihre Stofftiernatur verbindet. Menschen kommen nicht vor, so dass ein von Noah beauftragter Löwe als Schiffskapitän fungiert.

Finny und sein Papa Dave sind Nestrier, quietschbunte Knuddelwesen mit gestreiften Rüsseln und puscheligen Ohren. Das Tollpatschige ist den Vegetariern ebenso in die Wiege gelegt wie Einfallsreichtum, bauliches Geschick und die Gewohnheit, ein blaues Gas abzusondern, wenn sie Angst haben. Leider stehen sie nicht auf der Passagierliste der Arche. Dave wendet also einen Trick an und maskiert sich und Finny als Grymps. Den heftigen Protest der fleischfressenden Grymp-Dame Kate, die mit ihrer Tochter Leah an Bord geht, tut die Besatzung als Ehestreit ab und weist der angeblichen Familie eine Kabine zu. Die Grymps sind aggressive, mürrische Einzelgänger und sehen aus wie Füchse – oder Katzen? – mit Zorromaske.

Die Reibereien dieser Zwangsgemeinschaft sorgen für viel Dialogwitz. In der deutschen Fassung entpuppt sich Christian Ulmen, der dem Nestrier-Papa seine Stimme leiht, als Glückstreffer: Mit seiner verdrucksten Eloquenz prägt er diesen Charakter viel stärker, als dies Sprechern von Animationsfiguren normalerweise vergönnt ist — zum Beispiel auch Katja Riemann, die der knurrigen Kate ihre Stimme gibt. Den Zoff der Erwachsenen machen die Kinder vorbildlich nach. Nachdem sie auf dem Gerüst zurückbleiben, von dem sich die Arche bei Ankunft der Flut löst, versuchen sie dennoch gemeinsam einen hohen Berg zu erklimmen und böse Verfolger abzuwehren. Dabei schließen sich ihnen der dicke, schwerfällige Mobesy und sein vorlauter Parasit Stayput an.

Die pädagogisch beinahe schon obligatorische Botschaft von Zusammenhalt und Altruismus bildet den roten Faden, wirkt aber aufgrund witzig-überdrehter Späße nicht enervierend. Die auf Unabhängigkeit bedachte Leah überwindet ihren Stolz und klopft eines Abends, vom Regen völlig durchnässt, an Finnys in Nullkommanix erbautem Häuschen an, aus dem ihr sogar ein anheimelndes Licht entgegenleuchtet. Ein ähnlich reizvolles Spiel mit der Übertreibung bietet eine Szene an Bord, in der Kate und Dave den König der Tiere vorübergehend in eine Marionettenfigur verwandeln.

Die bunte Animation passt gut zur flotten Mischung aus Komik und Abenteuer. Wenn die imposante Arche auf dem Meer schwimmt, sieht das Wasser zuweilen so echt aus, als wären die Bilder gar nicht am Computer erzeugt. Der Film pendelt eigenwillig zwischen realistischeren und fröhlich abwegigen Szenarien, zeitloser Einfachheit und modernen Anflügen. Zu letzteren zählen die Lautsprecheransagen, die das Besteigen der Arche in eine Check-In-Prozedur der Gegenwart verwandeln. Zuschauer im Kindergartenalter fiebern offenbar ganz gern mit den lustigen Helden mit, ohne sich an deren wild zusammenfantasierter Natur zu stören. Eltern hingegen müssen sich entscheiden, ob der beachtliche Unterhaltungsfaktor die grundsätzliche Zumutung aufwiegt, die Nestrier trotz allem für wissbegierige Geister darstellen.
 

Ooops! Die Arche ist weg... (2015)

Die Geschichte von der Arche Noah mag zwar im Alten Testament stehen, aber ihre Kombination aus paradiesischem Märchen und apokalyptischem Szenario wirkt auch heute ausgesprochen reizvoll.

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Meinungen

Udo Frobisch · 27.04.2015

Hallo Mike, danke fuer die Erklaerung. Trotzdem verstehe ich nicht, wie bluehende Fantasie im Zusammenhang eines Animationsfilmes auf irgendwen stoerend wirken kann. Und was das Ganze mit einer "Zumutung" fuer "Wissbegierige" zu tun hat, also da komme ich wirklich nicht dahinter... Ich kann doch wissbegiereig sein und Fantasie trotzdem schaetzen. Lesen wissbegierige Menschen keinen Tolkien? Haben Erwachsene keinen Spass an Star Wars? Ist schliesslich auch alles "wild zusammenfantasiert"! Also nee...

@Udo Frobisch · 24.04.2015

Ich denke , dass ergibt sich aus dem Satz zuvor. Kleine Kinder stören sich nicht an der "wild zusammenfantasierten Natur". Erwachsene und Wissbegierige jeden Alters möglicherweise schon. Grüsse, Mike

Udo Frobisch · 23.04.2015

Hallo Frau Piringer,
Eine unterhaltsame Rezension des Filmes. Vielen Dank.
Einen Satz finde ich aber ziemlich verschwurbelt, naemlich den hier:
"Eltern hingegen müssen sich entscheiden, ob der beachtliche Unterhaltungsfaktor die grundsätzliche Zumutung aufwiegt, die Nestrier trotz allem für wissbegierige Geister darstellen."
Tut mir leid, ich versteh nur Bahnhof. Koennten Sie noch einmal ausfuehren, was genau gemeint ist...?
Danke und Gruss,
Udo