NVA

Ostalgie, die zehnte...

Ende der 80er Jahre, als die Wiedervereinigung schon vor der Tür steht, wird der sensible Henrik (Kim Frank, Ex-Sänger der Popgruppe Echt) zum Dienst in die unattraktivste Armee der Welt, die Nationale Volksarmee, kurz NVA, eingezogen. Doch nicht genug, dass vor ihm der unsinnige Dienst an der Waffe liegt, zu allem Überfluss musste er auch noch seine Freundin Eva zurücklassen. Einziger Lichtblick beim frostigen Empfang auf dem Kasernenhof ist der langhaarige Rebell Krüger (Oliver Bröcker), der Kaugummi kauend und scheinbar ungerührt das muntere Treiben in der Fidel Castro Kaserne beobachtet. Die Chaotentruppe der Neuankömmlinge wird komplettiert von Stadlmair (Philippe Graber), dem Allergiker Traubewein (Robert Gwisdek) und Mischke (Daniel Zillmann). Gemeinsam robben sie durch den Dreck, lassen sich auf dem Kasernenhof schleifen, ertragen den gefürchteten Politikunterricht und üben sich in der Kunst des ausdruckslosen Blicks, wie er anscheinend Usus in den Kasernenhöfen der NVA ist.
Die Absurdität des Festhaltens an der längst brüchig gewordenen Ideologie des Arbeiter- und Bauernstaates führt zu einigen Verwicklungen, denn natürlich wollen die Herren Offiziere um Oberst Kalt (Detlev Buck in bester Spiellaune) den Schlendrian und die Aufmüpfigkeit der jungen Rekruten nicht durchgehen lassen und gehen mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln gegen die renitenten Volksgenossen vor, so dass selbst der schüchterne Romantiker Henrik sich schlussendlich dazu gezwungen sieht, Stellung zu beziehen und aufzubegehren. Und als auf eine Kontaktanzeige des mittlerweile strafversetzen Rebellen Krüger plötzlich scharenweise Frauen die Kaserne stürmen, sind sie nur die Vorboten einer anderen machtvollen Bewegung, denn es ist der Herbst des Jahres 1989. Und über allem schwebt natürlich der Duft einer neuen Liebe, die Henrik gaz unvermutet ereilt…

Was auf den ersten Blick eine witzige Abrechnung mit dem starren und moribunden Arbeiter- und Bauernstaat hätte werden können, ist eine beinahe schon dümmliche Militärklamotte, die trotz mancher Seitenhiebe auf den real existierenden Sozialismus wenig Neues, Erhellendes oder wirklich Amüsantes auf die Leinwand zaubern kann. An den Bildern von Frank Griebe (Lola rennt, Winterschläfer) liegt es kaum, dass der Funke nicht so recht überspringen mag, viel eher schon an einer schwachen Geschichte und einer noch schwächeren Inszenierung. Scheinbar unentschieden wankt der Film zwischen tumber Klamotte und einer immer wieder fast schamhaft zurückgezogenen Ernsthaftigkeit. Und irgendwie reicht es dann auch mit gut gemeinten, aber schlecht gemachten Abrechnungen mit der DDR, denn die Sorglosigkeit, mit der hier Klischee um Klischee abgefackelt wird, ist kaum mehr zu überbieten. Nach Sonnenallee, in dem sich Leander Haußmann als Regisseur für Ostzonales empfahl, versackt er hier in peinlichen Plattitüden, denen nur wenige Glanzpunkte entgegen stehen.

Die DVD ist technisch sowohl was Bild und Ton betrifft in Ordnung, ohne spektakulär zu sein. Sehr, sehr dürftig ist das Bonusmaterial der hier besprochenen Einzel-DVD. Wer mehr Hintergrund zum Film haben möchte, muß sich an die Special-Edition halten, die ein umfangreiches Making of und mehr als 40 Minuten entfallener Szenen enthält.

NVA

Ende der 1980er Jahre, als die Wiedervereinigung schon vor der Tür steht, wird der sensible Henrik (Kim Frank, Ex-Sänger der Popgruppe Echt) zum Dienst in die unattraktivste Armee der Welt, die Nationale Volksarmee, kurz NVA eingezogen.
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Meinungen

Stefan Duda · 12.10.2020

Sah den Film gerade auf MDR. Schade, dass ich nicht mitgezählt habe, wie oft der Tongalgen im Bild zu sehen war. Hatte schon angenommen, das sei ein running gag. Aber wohl doch nicht.

Wera · 23.01.2007

Leander Haußmann darf bei mir seit "Sonnenallee" alles. Dass "NVA" nicht der Bringer war, ist nicht schlimm. Es scheint nur jeder vergessen zu haben, dass es Haußmann war, der die gern verlachte "Ostalgie" im Kino eingeleitet hat, was in Deutschland seitdem alle Lebensbereiche beeinflusst hat. Somit ist es völlig überflüssig, aufzustöhnen, wenn es wieder einen Film über die DDR gibt.

jko · 10.10.2006

"NVA" ist der schlechteste Film, den ich in den letzten Jahren gesehen habe und hat nicht einmal RTL2-Niveau.

Deborah Hartmann · 01.04.2006

"NVA" habe ich jetzt mal auf DVD gesehen. Ich muss schon sagen, dass ich sehr gelacht habe. RTL2 ist was für Schwachsinnige, aber keinesfalls für das Publikum eines wirklich gut gemachten Films, da scheint jemand die Tatsachen zu verdrehen. Das Konzept von "NVA" erinnert an den DEFA-Film "Der Reserveheld". Einen Vergleich dieser beiden Darstellungen fand ich hochinteressant. Gut, dass es Leander Haußmann gibt!

Sebastian D. · 02.03.2006

Interessante Sache. Meine Armeezeit war schrecklich, aber manche blühten auch richtig darin auf. Ich habe trotzdem sehr viel gelacht.
Stichwort "Menschenrechte:Ich finde, dass damit etwas lax umgegeangen wird. Heute erfahren wir häufig von zu Tode deprimierten Berufssoldaten, da gibt es sogar viele Dokumentationen drüber. Ich denke, Menschenrechte waren in der DDR doch schon allein deswegen gegeben, weil der Staat niemanden auf der Strecke ließ. Diese pauschale Aburteilung kann ich nicht ganz nachvollziehen.

· 04.11.2005

Ein klasse Film, richtig lustig gemacht und man bekommt doch einen guten eindruck wie es damals war, nur nich so lustig...

@Peter
Ich kann nich glauben das es sowas ("Musikbox….| Schildkröte") in deiner Zeit nicht gab!?!

Mirko · 23.10.2005

Ich habe mich köstlich über die Darstellungen im Film amüsiert. Meine Armeezeit lag etwas vor und nach dem zeitlichen des Filmes und einige Dinge konnte ich durchaus nacherleben, aber Andere wiederum überhaupt nicht. Als damaliger Offiziersschüler kannte ich die EK-Bewegung nur Ansatzweise und dass ein Soldat wegen eines solchen Vergehens wie dargestellt nach Schwedt musste kann ich nicht ganz glauben....
Mein Studium Endete im April 1990, aber einfach gehen konnte ich dort auch nicht.
Zumindest steht eins fest: Wenn die NVA gewusst hätte, wie es beim Feind aussah, dann hätte es den Feind nicht mehr gegeben.....

· 21.10.2005

Unentschieden ist aber noch nett ausgedrückt - ich finde unbeeindruckend und mit Hang zur Dämlichkeit besser. RTL2-Material!

tut nix zur sache · 13.10.2005

ebenso lustig wie populistisches werk, das einen sehr untentschieden zurück lässt.

Olaf · 08.10.2005

Insgesamt Note "Gut". Es soll ja eine Komödie sein. Wer erwartet, dass darin das Thema NVA in Gänze gezeigt und reflektiert wird, hat wohl eine falsche Erwartung - es ist keine Doku. Wenigstens wurde auch Schwedt - was sonst totgeschwiegen und bis heute nicht aufgearbeitet wurde - erwähnt. Bei uns gab es einen Reservisten, der 3 Monate Schwedt bekam - die Folgen waren wie im Film. Zurück kam ein zu 100% gebrochener Mensch. Ich weiß nicht, wo "Peter" (einige Beiträge vorher) "gedient" hat - aber E-Bewegung mit all ihren Häßlichkeiten war wesentlicher Bestandteil für einen normalen Soldaten. Menschenrechte waren in der DDR ein Fremdwort - in der NVA waren sie völlig unbekannt.

Olaf

· 04.10.2005

Liebevolle Veralberung der DDR

Uwe Bohl · 04.10.2005

Liebe Nancy!Hier kann man versuchen zu verstehn, wie junge Menschen 1.5 Jahre ihres Lebens weggenommen bekamen, ohne eine wirkliche Alternative gehabt zu haben. In der heutigen Zeit gibt es für jede Gesinnungsgruppe einen Ausweg aus der seinerzeit noch verordneten Wehrpflicht und zwar einen solchen der von der Gesellschaft 100prozentig anerkannt wird.Um die gesamte Sache NVA einigermaßen erträglich zu gestalten, wurde halt um die Zeit totzuschlagen allerhand Blödsinn gemacht. Wenn man diese Dinge dann in einem Film etwas überzogen darstellt, und dieser Film bedient ja auch nicht das Genre Drama, dann steigert das meiner Meinung nach nur noch den Unterhaltungswert dieser Komödie.
Vielleicht hatte Stoiber Recht. Wer aber ist bittschön Stoiper?

Peter · 03.10.2005

Ich bin ohne Vorurteile an diesen Film gegangen. NVA bedeutet auch für mich ein Zeitabschnitt in meinem Leben. Doch was da gezeigt wurde hat nichts und wirklich gar nichts mit der NVA zu tun. Viele in den alten Bundesländern haben nun einen „kleinen Eindruck“ aus den Leben der NVA bekommen. Die NVA bestand also nur aus Trottel, Schlappschwänzen und Versagern.(die können ja nicht mal gerade durch den Wald laufen…| müssen den Flur mit der Zahnbürste putzen…|Musikbox….| Schildkröte…) Das waren Dinge die es so in der NVA zu meiner Zeit nicht mal ansatzweise gab. Es gab nämlich auch in der NVA Menschenrechte. Das ist kein Film den man weiterempfehlen muss. Dieser Film bekommt in allen Kategorien die Note 7. Es ist schon traurig wie man versucht die NVA mit primitiven Mitteln in den Dreck zu ziehen. Einfach nur SCHLECHT!!!!!

Gast · 03.10.2005

Also ich könnte verstehen, wenn der Autor sich weigert. Heißer Anwärter auf die "goldene Zitrone",

· 03.10.2005

Hallo,
tut mir leid, dass euer Autor so wenig mit dem Film anfangen konnte,
ich fand ihn wirklich lustig!
Vielleicht einfach nochmal reingehen?

Gefreiter K · 01.10.2005

Der Film ist sehr realistisch.
Ich glaub richtig verstehen können diesen Film nur die, die das alles durchmachen mussten.
Allen anderen wünsche ich, das sie das gezeigte nie erleben müsen.

Detlef · 02.10.2005

Der Film ist in etwa so wie eine Comedy-Nacht bei RTL. Und so etwas will man ja eigentlich nicht haben. Ich jedenfalls nicht.

Michael · 01.10.2005

Der Film zeigt die Dinge, wie sie waren. Glücklicherweise nicht naturalistisch, aber auch nicht zu sehr klischeeversessen. Leider habe ich Vorgesetzte erleben müssen, gegenüber denen die Filmhelden nette Mitmenschen waren. Wer sich über das Faktische bei der NVA informieren möchte, dem sei die Dokumentation "die verschwundene Armme" empfohlen. Welche menschlichen Befindlichkeiten und Unwegbarkeiten im Zusammenhang mit dem
Dienst bei der NVA verbunden sein konnten, zeigt der Film sehr gut. Ich finde die Mischung zwischen Klamauk und Ernsthaftigkeit gut. Die Rückkehr Krügers aus Schwedt war nur schwer erträglich, weil die Brechung seines Wesens in eindringlicher Weise dargebracht wurde. Und wie immer bei Leander Haußmann kam das Beste zum Schluß.
Mir hat der Film trotz mancher Schwächen sehr gut gefallen, an manchchen Stellen wäre weniger mehr gewesen.
Mit Ostalgie hat der Film zum Glück nichts zu tun.

Nancy · 30.09.2005

Lieber Herr Bohl!
Was bittschön soll dieser Blödelfilm an den Menschen in der ehemaligen DDR verstehen helfen? Dass Stoiper recht hatte?

Uwe Bohl · 26.09.2005

Ich weiß nicht wer diese Eingangsbewertung geschrieben hat, aber mit Sicherheit war er nicht im Herbst 89 bei der NVA so wie ich. Hausmanns Film ist ein äußerst wertvoller Beitrag zum Verstehen der Menschen in der ehemaligen DDR und ich würde mir wünschen, das er auch in den alten Bundesländern Beachtung findet.