Noseland (2014)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Kruder Humor trifft berückende Musik

„Das Land der Nasen“, so nennt sich dieser Dokumentarfilm – denn seine Hauptfigur, der weltberühmte Dirigent, Violinist und Bratschist Julian Rachlin, hat einen Nasenfetisch. Das behauptet dieser Film jedenfalls – wobei er aber auch von Anfang an erkennen lässt, dass man ihm eigentlich nichts so recht glauben kann. Produzent, Regisseur und Erzähler von Noseland ist Aleksey Igudesman – ebenfalls ein bekannter Musiker und zugleich ein Selbstdarsteller, der Michael Moore nachzueifern scheint. Im Jahre 2010 nahm er das „Julian Rachlin and Friends“-Festival zum Anlass, den Versuch eines heiteren Dokumentarwerks über weltbekannte klassische Musiker zu wagen.

Und so ist auch gleich klar, dass Noseland ein Film über Musik-Nerds ist, die ihre ganz eigene Weltsicht haben – und ebenso auch ihre ganz eigene Sprache und ihren ganz eigenen Humor. Es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte der Mathe-Club ein Video über sich selbst gedreht. Das ist erst einmal ziemlich cool und witzig für die Mitglieder – doch ob und wie viel bei Menschen außerhalb des kleinen Kreises ankommt, ist fraglich. So sind dann auch viele Gags – und ja, es gibt tatsächlich viele – reine Insiderwitze, denen man nicht so ganz zu folgen vermag. Überhaupt ist Igudesmans Humor reichlich vorpubertär und wiederholt sich ad infinitum bei dem Versuch, mit den Klischees über klassische Musiker humorvoll umzugehen. Auch die Bemühung, mit großen Namen außerhalb der Musikerwelt (etwa Sir Roger Moore und John Malkovich) an Reiz für das breitere Publikum zu gewinnen, gelingt nur bedingt. Malkovichs Auftritt ist zwar fraglos das Highlight des Films — aber nach zwanzig Minuten ist der Schauspieler leider schon wieder verschwunden. Moore darf indes nur ab und zu (und ohne erkennbaren Zusammenhang) Dinge in die Kamera sagen, die sein Publizist ihm allerdings besser ausgeredet hätte.

Daher lässt sich nur konstatieren, dass Noseland ein völliges Durcheinander mit äußerst fragwürdigem Humor und wenig Stringenz ist, das obendrein noch viel zu lang geraten ist. Doch es gibt ein großes „Aber“. Denn die Musik, die im Film immer wieder vorkommt, rettet dem Werk das Leben – gar die Seele. Nicht nur, weil sie absolut klasse ist (man würde ja gar nichts anderes erwarten), sondern auch weil die Momente, in denen Igudesman die Musik „für sich sprechen“ lässt, die Verständnisschwierigkeiten überbrücken können und eine unglaublich rührende Intimität der Protagonisten zeigen, deren Liebe zur Musik den Zuschauer überwältigt und mitreißt. An diesen Stellen kommt man den Musikern näher, als dies an vielen anderen Stellen der Fall ist, an denen die Beteiligten zwar Backstage- und Alltagseinblicke gewähren, aber durch den Versuch, unentwegt witzig zu sein, eine immense Distanz schaffen und dadurch gewissermaßen eine Maske tragen, hinter der sie sich verstecken können. Auch die Kameraarbeit (Sebastian Leitner) und Visualisierung der musikalischen Strecken zeigt das Potential, dass in diesem Werk steckt. Es gelingt ihnen immer wieder, wenn auch nicht lang, die Barriere von Musik zu Bewegtbild zu überschreiten und Verbindungen zu schaffen zwischen Kunst, Film und den Protagonisten. So wachsen letztere einem dann letztlich doch ein wenig ans Herz – und am Ende gar dieser hochgradig eigenartige Film, der sich aus seinem eigenen Schlamassel mit einem subtil-spitzbübischem Charme herauszumogeln weiß.

Noseland (2014)

„Das Land der Nasen“, so nennt sich dieser Dokumentarfilm – denn seine Hauptfigur, der weltberühmte Dirigent, Violinist und Bratschist Julian Rachlin, hat einen Nasenfetisch. Das behauptet dieser Film jedenfalls – wobei er aber auch von Anfang an erkennen lässt, dass man ihm eigentlich nichts so recht glauben kann. Produzent, Regisseur und Erzähler von Noseland ist Aleksey Igudesman – ebenfalls ein bekannter Musiker und zugleich ein Selbstdarsteller, der Michael Moore nachzueifern scheint.

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