My Beautiful Country

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Feind im eigenen Haus

Die Grenzen, die am meisten schmerzen, teilen nicht Länder voneinander, sondern gehen mitten hindurch durch Gebiete, Regionen, Länder, die eigentlich zusammengehören. Das war in Deutschland so bis zur Wiedervereinigung und ist derzeit noch in Korea zu beobachten. Und auch in Michaela Kezeles My Beautiful Country, der vor kurzem beim FILMZ-Festival in Mainz unter dem Titel Die Brücke am Ibar zu sehen war, geht es um solch eine Grenze, die vor allem deshalb schmerzt, weil sie Nachbarn, Freunde und Bewohner ein und derselben Stadt plötzlich trennt.
Der Fluss Ibar teilt eine kleine Stadt während des Kosovo-Krieges Ende der 1990er Jahre in einen serbischen und einen albanischen Teil. Dort lebt in einfachsten Verhältnissen die junge Serbin Danica (Zrinka Cvitešić), die nach dem Tod ihres Mannes im Krieg ihre zwei Söhne Vlado (Andrija Nikčević) und Danilo (Miloš Mesarović) durchzubringen versucht. Das Trauma des Verlustes hat bei beiden Kindern seine Spuren hinterlassen, Danilo redet kein Wort mehr und auch Vlado schottet sich immer mehr ab von seiner Umwelt. Um sich den Traum von einem neuen Fahrrad zu erfüllen, das sein Vater ihm versprach, taucht er im Fluss nach Fischen und verkauft sie an einen Händler – gerade so, als könne ein Fahrrad den Verlust des Vaters in irgendeiner Form wieder gutmachen. Trotz aller Widrigkeiten versucht Danica so etwas wie Normalität zu schaffen, was angesichts der Umstände nahezu unmöglich erscheint.

Dann steht plötzlich der verwundete UCK-Kämpfer Ramiz (Mišel Matičević) in ihrem Haus, der sich auf der Flucht vor seinen serbischen Gegnern befindet – und obwohl die beiden eigentlich von ihrer Herkunft und ihren Erfahrungen her zutiefst verfeindet sein müssten, nimmt Danica den Flüchtigen bei sich auf und pflegt ihn. Schließlich gelingt es dem Verwundeten auch, mit Danilo eine Beziehung aufzubauen, während Vlado weiterhin äußerst reserviert gegenüber dem Feind im eigenen Haus bleibt. Allerdings bleibt das ihrer Nachbarin nicht lange verborgen – und so hat die Liebesgeschichte, die sich zwischen den beiden anbahnt, keine Chance. Zumindest nicht dann, wenn sie an diesem Ort bleiben…

Entgegen der Erwartungen an einen Film, der vor dem schwierigen Hintergrund des Kosovo-Krieges spielt, wählt Michaela Kezele, selbst Tochter eines Serben und einer Kroatin, einen entschieden weicheren, in manchen Szenen fast schon poetischen Tonfall der Erzählung, der die Schrecken des Konfliktes zwar nicht ausblendet, aber doch erheblich mildert. Statt den Film in sonst bei Kriegsdramen üblichen vorwiegend düsteren Tönen zu malen, taucht Kezele ihre Bilder in einen wahren Rausch aus Licht und leuchtenden Farben, der den großen Emotionen, die sie vorführt, nur auf den ersten Blick widerspricht. Zumal die Filmemacherin wie bereits bei ihrem Kurzfilm Milan die NATO-Bombardierungen mit uranhaltiger Munition thematisiert und so wahrlich nicht vor den Gräueln des Krieges zurückweicht. Vor allem dank der überzeugenden Darsteller und Kezeles sehenswerter Bildsprache gelingt das Wagnis, auf ganz andere Art und Weise von Krieg und Hass zu erzählen. Und möglicherweise geht gerade deshalb der Film ein wenig mehr unter die Haut, weil er sich den Erwartungen, die an ihn aufgrund seiner Thematik gerichtet werden, auf so bezaubernde und anrührende Weise widersetzt.

My Beautiful Country

Die Grenzen, die am meisten schmerzen, teilen nicht Länder voneinander, sondern gehen mitten hindurch durch Gebiete, Regionen, Länder, die eigentlich zusammengehören. Das war in Deutschland so bis zur Wiedervereinigung und ist derzeit noch in Korea zu beobachten. Und auch in Michaela Kezeles „My Beautiful Country“, der vor kurzem beim FILMZ-Festival in Mainz unter dem Titel „Die Brücke am Ibar“ zu sehen war, geht es um solch eine Grenze, die vor allem deshalb schmerzt, weil sie Nachbarn, Freunde und Bewohner ein und derselben Stadt plötzlich trennt.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen