Mütter und Töchter

Eine Filmkritik von Annette Walter

Der abwesende Vater

Drei Frauen, deren Schicksale auf tragische Weise miteinander verbunden sind: Karen (Annette Bening) bekam als Teenager ihre Tochter Elizabeth (Naomi Watts) und gab sie weg. Diese unfreiwillige Adoption beeinflusst das Leben von Mutter und Tochter nachhaltig — obwohl sie sich nie trafen. Das junge Paar Lucy (Kerry Washington) und Joseph möchte unbedingt ein Baby, doch Lucy kann keine Kinder bekommen. In Rodrigo Garcias Film Mütter und Töchter werden mehrere Handlungsstränge mittels des beherrschenden Motivs der Mutterschaft miteinander verbunden. Die Lebenswege einander fremder Personen kreuzen sich auf schicksalshafte Weise. Mutterschaft, die, weil sie entzogen wurde, ein Leben verderben kann wie im Fall von Karen, die, weil sie aufgrund biologischer Unzulänglichkeit unmöglich ist wie bei Lucy und die abwesende Mutter wie bei Elizabeth.
Nun schüren Filmen wie 21 Grams und Babel als Referenzwerke und Alejandro González Iñárritu als Produzent erst mal hohe Erwartungen. Diese kann Mütter und Töchter allerdings nur bedingt erfüllen. Der Film erreicht keinesfalls die Größe der beiden vorher genannten Filme, sondern verheddert sich allzu oft in Klischees.

Das Problem an Mütter und Töchter ist, dass er sich wahnsinnig ernst nimmt. Für Zwischentöne ist kein Platz. Der Zuschauer soll tunlichst nicht auf die Idee zu kommen, das Schicksal der Protagonisten auch nur eine Sekunde nicht mit größter Sorge zu beobachten. Natürlich sind mit Naomi Watts, Annette Bening und Samuel L. Jackson Vollprofis am Werk sind. Doch leider sind ihre Figuren für ein Drama, das Realität widerspiegeln will, zu starr ausgefallen, als dass man sie als lebensnah bezeichnen könnte. Die simplen Schlüsse, die der Film zieht (abwesende Mutter = lebenslange Gefühlskälte), erscheinen wie am Reißbrett konstruiert. Der Handlungsstrang des ungewollt kinderlosen Paares Lucy und Joseph kommt über weite Strecken des Filmes reichlich unmotiviert daher, um schließlich durch ein kurios konstruiertes Ende dramaturgisch legitimiert zu werden.

Interessant ist der Film dennoch wegen der Art und Weise, in der er sich mit Geschlechterrollen befasst. Männer werden in Mütter und Töchter zum komplett unnötigen Beiwerk degradiert. Elizabeth übernimmt beim Sex mit ihrem Chef Paul (Samuel L. Jackson), mit dem sie eine Affäre hat, die absolute Kontrolle. Die über Jahrhunderte sozial konstruierte Rolle des Vaters als Beschützer und Ernährer kommt schlichtweg nicht vor. Daraus resultiert ein großes Maß an Konfusion: Welche Vaterrolle soll ein Mann erfüllen? Der Film variiert traditionelle Geschlechterrollen.

Dennoch bleibt Mütter und Töchter konventionellem Denken verhaftet. Elizabeth arbeitet sich als kühle Karrierefrau in einer männerdominierten Berufswelt nach oben. Dies schafft sie nur, so bestätigt es der Film, indem sie sich männlich codierte Eigenschaften wie Skrupellosigkeit, Sachlichkeit und sexuelle Dominanz aneignet. Für die konsequente Umsetzung wird sie bestraft. Mit ihrem Scheitern entlarvt der Film diesen Lebensentwurf als Irrweg. Und so schafft es Mütter und Töchter dann doch noch, einige Momente zurückzulassen, über die man länger nachdenkt.

Mütter und Töchter

Drei Frauen, deren Schicksale auf tragische Weise miteinander verbunden sind: Karen (Annette Bening) bekam als Teenager ihre Tochter Elizabeth (Naomi Watts) und gab sie weg. Diese unfreiwillige Adoption beeinflusst das Leben von Mutter und Tochter nachhaltig — obwohl sie sich nie trafen.
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Meinungen

Waltraut Schäfer · 03.04.2011

Es scheint ein vielversprechender Film zu sein, der viele Facetten des Themas aufgreift.
Ich bin gespannt.

www.adoption-im-dialog.de
Waltraut Schäfer
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