Männer im Wasser

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Schweben lernen

Frisch geschieden und arbeitslos: Für den Ex-Journalisten Frederik (Jonas Inde) läuft es derzeit nicht gerade rund. Doch zum Glück gibt es ja den Sport. Und in seinem Fall heißt das Spiel der Wahl Hallenhockey. Aber wenn man einmal Pech hat, gesellt sich das Unglück nicht selten prompt hinzu: Da Frederik und seine Hockey-Kumpels weder Kinder, noch weiblich noch behindert sind, verlieren sie ihre Hallenzeiten und haben nun nicht mal mehr eine Trainingsmöglichkeit. Depression und Frust macht sich breit, bis Frederik während eines feucht-fröhlichen Junggesellenabschieds und dank seiner zeitweise bei ihm lebenden Tochter Sara (Amanda Davin) auf eine verrückte Idee kommt: Wie wäre es, wenn man sich darauf verlegen würde, ein männliches Synchronschwimm-Team zu gründen?
Zunächst ist das Ganze nur eine sprichwörtliche Schnapsidee, die dazu dienen soll, Geld für einen Hockeytrainingsplatz aufzutreiben. Doch mit der Zeit wollen es Frederik und seine Mannen – allesamt in der Midlife-Crisis – einfach wissen. Ist es möglich, mit einem allenfalls mittelmäßigen Talent und vor allem von der eigenen Willenskraft angetrieben, aus dem chaotischen Haufen ein harmonisches Team zu formen, das in einem weiblich dominierten Sport durch Anmut, Grazie und perfekte Synchronizität besticht? Zumal dann, wenn niemand die eigenen Anstrengungen zu würdigen weiß und man schnell in den Verdacht gerät, homosexuell zu sein?

Unter dem Generalverdacht hat vor allem der homophobe Victor (Peter Gardiner) sehr zu leiden. Und als das Team schließlich nach langen Wochen und Monaten des Übens die erste professionelle Performance ihrer Kür just bei einem Gay-Pride-Wochenende aufführen muss, sieht man es Victor förmlich an, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlt. Doch es gibt ein gemeinsames Ziel, das die Truppe eint: Als schwedische Nationalmannschaft wollen sich die Neulinge bei der Weltmeisterschaft in Berlin endlich mit anderen Teams messen. Denn in ihrer Heimat sind sie die einzige männliche Synchronschwimmgruppe. Auf dem Weg nach Berlin aber gibt es noch eine Menge Hindernisse zu überwinden, um dabei sein zu können. Und als man plötzlich überraschend zum heißen Titelanwärter avanciert, stellt das das Mannschaftsgefüge auf eine harte Probe…

Natürlich fühlt man sich bei dieser sympathischen Komödie über Loser, die eines Tages über sich hinauswachsen, dann und wann an Ganz oder gar nicht / The Full Monty erinnert. Doch Männer im Wasser hat durchaus seinen eigenen Charme, macht sich en passant über Männer in der Midlife Crisis ebenso lustig wie über die Auswüchse des Gutmenschen-Proporz-Denkens der liberalen schwedischen Gesellschaft, die vor lauter Besorgtheit ums Image vergisst, dass Homophobie und Ausgrenzung bereits im Kleinen beginnt. Angesichts der vielen privaten und gesellschaftlichen Verkrampfungen, die der Film manchmal aufreizend beiläufig zeigt, gewinnt eine Szene innerhalb des Films so eine ganz neue Bedeutung: Um überhaupt erst die Grundlagen für die verzwickten Figuren und Manöver zu schaffen, müssen die Männer sich erst einmal beibringen lassen, wie man im Wasser schwebt – eine bessere (und schwierigere) Übung in Sachen Gelassenheit gibt es wohl kaum. Einfach loszulassen ist manchmal gar nicht so einfach…

Im Gefolge des bereits erwähnten Films Ganz oder gar nicht oder anderer Filme über vermeintliche Außenseiter, die das Unmögliche wagen (Calendar Girls etwa oder On a Clear Day) könnte Måns Herngrens Männer im Wasser unter Umständen zu einem ähnlichen Programmkino-Hit werden wie vor einiger Zeit der ebenfalls aus Schweden stammende Wie im Himmel. Das Zeug dazu hat er auf alle Fälle.

Männer im Wasser

Frisch geschieden und arbeitslos: Für den Ex-Journalisten Frederik (Jonas Inde) läuft es derzeit nicht gerade rund. Doch zum Glück gibt es ja den Sport. Und in seinem Fall heißt das Spiel der Wahl Hallenhockey. Aber wenn man einmal Pech hat, gesellt sich das Unglück nicht selten prompt hinzu: Da Frederik und seine Hockey-Kumpels weder Kinder, noch weiblich noch behindert sind, verlieren sie ihre Hallenzeiten und haben nun nicht mal mehr eine Trainingsmöglichkeit.
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Meinungen

Olaf Sperlich · 07.09.2010

Was zu Beginn eine super Lachnummer war, entwickelte sich zu einem sehr tiefgründigen Filmereignis. Mein Tipp......auf die leisen Zwischentöne während der komischen Szenen achten. Glückwunsch zu dieser Produktion.

kinogänger · 05.09.2010

Tut mir leid, aber mir hat der Film nicht gefallen. Schweden wieder als Vorreiter des neuen Mainstreams, dass Männer "normal" sein müssen in typischen Frauenrollen. Der gewollte Versuch Europa von Skandinavien aus zu erziehen in schwedischem, in einer einem schwedischen Möbelhaus adäquaten Qualität verpackt.

Nelly5 · 20.08.2010

ja - echt frisch die "jungs". ;-))) war genau das richtige fürs volle freiburger openair-kino.

Dagmar Zernetsch · 20.08.2010

Ein wunderbarer, komischer und unterhaltsamer Film mit ungeahnten "Tiefen".