Lüge und Wahrheit – Shattered Glass

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 5. Mai 2014, EinsPlus, 21:45 Uhr

Es waren spannende und nicht selten spektakuläre journalistische Arbeiten für Zeitschriften wie The New Republic, Rolling Stone und Harper’s Bazaar, die dem vormaligen Jurastudenten Stephen Glass ab Mitte der 1990er Jahre reichlich Erfolg als Journalist bescherten. Als sich schließlich aber herausstellte, dass der größte Teil dieser Artikel jedoch nicht gut recherchiert, sondern vielmehr erfunden war, ging ein Aufschrei der Empörung durch die Medien und Stephen Glass’ vielversprechende Karriere den Bach hinunter. Die Geschichte dieses Mannes und Skandals zeichnet der Spielfilm Lüge und Wahrheit – Shattered Glass von Billy Ray auf geradezu akribische Art, basierend auf den autobiographischen Ausführungen des Journalisten nach, die unter dem Titel The Fabulist erschienen.
Beim Nachrichtenmagazin The New Republic in Washington herrscht ein heißes Klima der Konkurrenz unter den überwiegend jungen Journalisten, zu denen auch der smarte und wortgewandte Stephen Glass (Hayden Christensen) gehört, der gerade beginnt, sich durch markante Reportagen einen klingenden Namen innerhalb der Branche aufzubauen. Bei seiner Kollegin Caitlin (Chloë Sevigny) und bei seinem Chefredakteur Michael Kelly (Hank Azaria) und dessen späterem Nachfolger Charles „Chuck“ Lane (Peter Sarsgaard) genießt Glass das Ansehen eines zuvorkommenden und korrekten Charakters mit beachtlichem Talent, bis der Online-Journalist Adam Penenberg (Steve Zahn) Vorwürfe gegen ihn vorbringt, als er bei eigenen Recherchen so gar keine Angaben aus Glass’ Artikel über einen jungen Hacker nachvollziehen kann …

Da hat Regisseur Billy Ray mit seiner Crew und seinen Darstellern einen ansprechenden, anspruchsvollen und offenbar sorgfältig recherchierten Film über den modernen Journalismus des ausgehenden letzten Jahrhunderts gedreht, der nicht den Skandal in den Vordergrund der differenziert gestalteten Dramaturgie stellt, sondern die ausführliche Charakterzeichnung des Helden und seiner Mitspieler sowie die gesellschaftspolitischen Hintergründe einer Nachrichtenredaktion, die von ihrem verlässlichen Renommee bei ihren Lesern lebt. Lüge und Wahrheit – Shattered Glass berührt im Zuge der Rekonstruktion von Stephen Glass’ Geschichte spannende existenzielle, ethische Fragestellungen in Bezug auf Berichterstattung, Wahrheitsgebot und das Verlangen nach Sensation und Skandal, das die Leser so manchen Blattes möglicherweise nicht unerheblich umtreibt.

Im Zeitalter der Freaks und Fakes, deren (Selbst-)Inszenierungen zuvorderst im World Wide Web und der Television eine bunte Bühne mit wachsendem Publikum finden, hat sich vermutlich die hehre Frage nach der Wahrheit längst relativiert. Der leibhaftige Stephen Glass, der mittlerweile sein Jurastudium erfolgreich abgeschlossen und recht früh seine Lebensbeichte verfasst hat, ist weiterhin als Autor und in anderen Zusammenhängen tätig, musste aber aufgrund moralischer Bedenken gegen ihn auf eine Zulassung als Rechtsanwalt verzichten, was sicherlich weniger seine Kenntnisse und seine Begabungen schmälert als seinen Wirkungsradius. Dabei könnte sich ein Mann von seinem Ruf wohl doch künftig auch nicht mehr die kleinste Ungereimtheit leisten, möge man denken.

Lüge und Wahrheit – Shattered Glass

Es waren spannende und nicht selten spektakuläre journalistische Arbeiten für Zeitschriften wie The New Republic, Rolling Stone und Harper’s Bazaar, die dem vormaligen Jurastudenten Stephen Glass ab Mitte der 1990er Jahre reichlich Erfolg als Journalist bescherten. Als sich schließlich aber herausstellte, dass der größte Teil dieser Artikel jedoch nicht gut recherchiert, sondern vielmehr erfunden war, ging ein Aufschrei der Empörung durch die Medien und Stephen Glass’ vielversprechende Karriere den Bach hinunter.
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Meinungen

Simon Kaiser · 06.05.2014

Vorzüglicher Film! Kann ich jedem empfehlen. War positiv überrascht.