Liebe auf den ersten Schlag

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Amouröses Überlebenstraining

Zusammen mit Bande des Filles gehört Liebe auf den ersten Schlag (Les Combattants) zu jenen Coming-of-Age-Filmen, die im Herbst 2014 beim französischen Publikum und der Kritik für Aufsehen sorgten. Im Nachspann dankt Combattants-Regisseur Thomas Cailley sogar seiner Filles-Kollegin Céline Sciamma, deren Debüt Water Lilies von 2006 für Hauptdarstellerin Adèle Haenel den Durchbruch brachte. Im Ansatz verkörpert der Jungstar mit dem stechenden Blick in beiden Filmen sogar vergleichbare Rollen – in Water Lilies eine manipulierende Femme Fatale, die nicht nur den Jungs ihrer Klasse den Kopf verdreht, in Les Combattants ein eigenwilliges Mädchen, das nachdrücklich maskulinen Werten nachhängt. In beiden Werken verstecken die Protagonistinnen ihre Unsicherheiten hinter einer harten, unnahbaren Fassade.
Auf den ersten Blick haben Arnaud (Kévin Azaïs) und Madeleine (Haenel) nichts gemeinsam. Nach dem Tod seines Vaters hilft der zurückhaltende Junge in der Tischlerwerkstatt seines älteren Bruders Manu (Antoine Laurent) aus. Daneben hängt er mit Freunden gelegentlich am Strand ab, wo er in den Sommerferien auf Madeleine trifft, die sich für die Kampfausbildung einer Militäreinheit interessiert. Bei einem Demonstrationskampf über Selbstverteidigung gewinnt das brüske Mädchen zunächst die Oberhand, bevor sich Arnaud am Ende lediglich durch einen Biss zu helfen weiß.

Zusammen mit seinem Bruder soll er ausgerechnet ein Poolhaus im Garten von Madeleines Eltern errichten. Dass ihm seine Ex-Gegnerin zunächst die kalte Schulter zeigt, spornt Arnaud nur umso mehr an. Da Madeleine fest an das baldige Ende der Welt glaubt, will sie unbedingt ein Überlebenstraining bei der Armee absolvieren. Ihr zuliebe verlässt Thomas die familiäre Werkstatt und lässt sich überraschend ebenfalls in die Liste des zweiwöchigen Sommer-Boot Camps eintragen. Relativ schnell brechen jedoch Madeleines Erwartungen an der Realität des alltäglichen Drills, weshalb sie mit hartnäckigem Nachfragen häufig aneckt.

Der Humor dieser Tragikomödie entwickelt sich aus dem Spiel mit Rollenbildern und der Konfrontation zweier unterschiedlicher Charaktere, die ihren Weg ins Leben erst finden müssen. Während Arnaud ihr vorwirft, dass sie sich nicht einmal in der Disco mädchenhaft kleide oder verhalte, interessiert sich die stets in Tank-Tops gekleidete Madeleine eher für das Öffnen von Bierflaschen mit den Zähnen. Beim freiwilligen Überlebenstrip in der Wildnis geraten die unvorbereiteten Jugendlichen jedoch bald an ihre Grenzen, was Thomas Cailleys Bruder David mit poetischen Bildern und lakonischem Blick in Szene setzt.

So wie Madeleines Panzer langsam aufbricht, kann sich ihr Verehrer, den es nicht wirklich zum Tischlerhandwerk hinzieht, durch sein pragmatisches Wesen bewähren. Jenseits der amourösen Reibungsflächen und Identitätsfindung bezieht Cailleys Debüt seine Komik durch den bissigen Blick auf Regeln und Restriktionen des Soldatendrills, wobei man ahnt, dass dieser Kosmos nur unwesentlich zugespitzt dargestellt wurde. Präzise gezeichnet erweist sich ebenfalls das soziale Umfeld der Charaktere, wobei der Fokus auf Arnauds Familie liegt, während Madeleines Eltern eher marginale Figuren bleiben.

Für Liebe auf den ersten Schlag, der von Haenels Präsenz als burschikose, pessimistisch eingestellte Außenseiterin lebt, wurde die talentierte Darstellerin nach drei Anläufen endlich mit einem César ausgezeichnet. Gleichfalls haben ihr Co-Star Kévin Azaïs und Thomas Cailley dank seiner stilsicheren, dichten Regie die erhaltene Auszeichnung verdient.

Liebe auf den ersten Schlag

Zusammen mit „Bande des Filles“ gehört „Liebe auf den ersten Schlag“ („Les Combattants“) zu jenen Coming-of-Age-Filmen, die im Herbst 2014 beim französischen Publikum und der Kritik für Aufsehen sorgten. Im Nachspann dankt „Combattants“-Regisseur Thomas Cailley sogar seiner „Filles“-Kollegin Céline Sciamma, deren Debüt „Water Lilies“ von 2006 für Hauptdarstellerin Adèle Haenel den Durchbruch brachte.
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