Königin der Wüste (2015)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Unterwegs auf zwei lahmen Füßen

Im Jahre 1868 wird Gertrude Bell (Nicole Kidman) geboren und macht seitdem nur Ärger. Denn Gertrude will sich nicht daran halten, ein braves Mädchen zu sein, das lächelt, wenn ein Mann ihr etwas (mal mehr, mal weniger) Spannendes erzählt.

„Mach den Männern keine Angst mit deinem Intellekt“, warnt sie die Mutter – aber da ist es zu spät. Gertrude hat bereits eine exzellente Ausbildung als Historikerin in Oxford hinter sich und wünscht sich nichts mehr, als die Welt zu sehen. Und da sie mit dieser Haltung ohnehin keinen Mann finden wird, schickt man sie nach Teheran. Unter der Aufsicht von Henry Cadogan (James Franco) lernt sie dort das Land und die Sprache besser kennen. Und bald auch Henry, den drittklassigen Diplomaten und notorischen Spieler, in den sich Gertrude verliebt. Ihr Vater verbietet eine Hochzeit. Als sie nach England fährt, um ihn zu überzeugen, bringt sich Cadogan um.

Fortan widmet Gertrude ihr Leben und ihr Herz der Wüste. Sie reist durch weite Teile des noch bestehenden osmanischen Reiches, betreibt archäologische Forschungen, schreibt über Land und Leute und erkundet die Beduinenstämme – eine Arbeit, die 1920 dazu führt, dass sie maßgeblich an der Neuordnung des Mittleren Ostens in neue Länder und Gebiete beteiligt ist.

Gertrude Bell, so zeigt der Film deutlich, ist der wahre Lawrence von Arabien, auch wenn Letzterer hier ebenfalls in Gestalt von Robert Pattinson auftaucht. Und da wären wir auch schon bei einem von diversen Schwachpunkten des Filmes: der Besetzung. Drei Stars gönnt sich Herzog: Kidman, Franco und Pattinson. Und keiner der drei kann diesen Film wirklich tragen. Während Kidman sich stets bemüht, bleibt sie doch eine recht blasse Frau, die – obwohl sie eine starke Persönlichkeit besitzt und anstrengende Reisen unternimmt – immer aussieht, als würde sie gleich dahinsiechen. Die charakterliche Stärke kommt ebenfalls nur selten zur Geltung. Oft mündet ihre Darstellung eher in Sturheit (mit einer Portion kolonialistischer Arroganz), Wut oder langen poetischen Tagebucheinträgen. Doch vor allem diese Einträge und Gedanken schaffen eher Distanz, als dass sie einem die Figur nahebringen würden. Franco und Pattinson sind Leerstellen. Während Franco eher fad daherkommt, ist Pattinson im Lawrence-von-Arabien-Outfit einfach nur unbeholfen und eigenartig verkleidet.

Doch auch die Geschichte humpelt auf zwei lahmen Füßen. Mit einer Laufzeit von über zwei Stunden fließt der Film mal in perfektem Tempo, mal in Zähigkeit vor sich hin. Vor allem im letzten Drittel hat man das Gefühl, dass sich eine Episode an die nächste reiht, ohne jedoch zu einer Geschichte zusammenzuwachsen. Man fragt sich, was Herzog an dieser Biografie reizt, die er scheinbar ungewöhnlich leidenschschaftslos erzählt. Und dann bemerkt man es. Irgendwo zwischen den Zeilen, zwischen den Oasen und der Sandwüste, der Salzwüste, der sengenden Sonne und den kalten Nächten erahnt man, wer der wahre Protagonist ist und wo Herzogs unerschütterliche Passion begraben liegt. Es sind nicht die Menschen, es ist nicht die Frau und auch nicht ihre Geschichte. Es ist die Wüste selbst.

Eingefangen in wirklich wunderschöne Bilder, ist sie es, die alle Liebe und Aufmerksamkeit bekommt. Das Farbspiel, der Sand, der vom Wind weggetragen wird, die kleinen Oasen, die Sonne, die Sterne der Nacht, die Felsen, die hier und da herausragen, die Salzkrusten, über die die Karawane stolpert – sie sind die wahren Stars des Filmes. Und es bleibt nur ein enttäuschtes Seufzen über den Erzählfilm, der Königin der Wüste geworden ist – und ein wenig Liebe für den Wüsten-Dokumentarfilm, der hier verborgen liegt und den Herzog hätte machen sollen.

(Festivalkritik Berlinale 2015 von Beatrice Behn)

Königin der Wüste (2015)

Im Jahre 1868 wird Gertrude Bell (Nicole Kidman) geboren und macht seitdem nur Ärger. Denn Gertrude will sich nicht daran halten, ein braves Mädchen zu sein, das lächelt, wenn ein Mann ihr etwas (mal mehr, mal weniger) Spannendes erzählt. „Mach den Männern keine Angst mit deinem Intellekt“, warnt sie die Mutter – aber da ist es zu spät.

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Meinungen

Jan Peters · 26.08.2015

Dieser Film ist einfach nur unglaublich schlecht. Weder anspruchsvoll noch episch, sondern wirklich nur unglaublich langatmig und inhaltslos. Pseudeokitschromantik, schlimmer als in einer Pilcherschnulze und dazu eine dünne Story. Die goldenen Himbeeren warten hoffentlich schon.