King Ping - Tippen Tappen Tödchen

Eine Filmkritik von Lida Bach

Treppenmord am Tippen Tappen Tödchen

Hexenkessel Ruhrpott. Wenige Wochen bevor Helge „00 Schneider“ als Kommissar in Mülheim an der Ruhr Im Wendekreis der Eidechse rotiert, schicken Christoph Schmidt und Dirk Michael Häger ihren eigenen Ermittler in eine nicht minder berüchtigte Metropole. Wuppertal. Crime Capital of Nordrhein-Westfalen. Dort jagt Titelheld Clemens „King Ping“ Frowein einen Killer mit Faible für tödliche Stürze von Treppen. Davon hat Wuppertal mehr als jede andere deutsche Stadt; behaupten die Filmemacher, die noch skurrilere Theorien über den Handlungsort aufstellen.
Eine äußert Clemens, der nach der Suspendierung vom Polizeidienst als Pinguin-Pfleger im Zoo Sozialstunden ableistet, während der drollige Vorspann noch auf nette Trash-Unterhaltung hoffen lässt: „Es gibt Leute, die behaupten, Wuppertal hätte mehr Bekloppte als jede andere Stadt im Pott.“ Sobald die Kreuzung aus Kriminal- und Lokalkolorit anläuft, werden es wohl einige mehr werden. Nicht Bekloppte, sondern Leute, die glauben, erstere tummelten sich am Filmschauplatz. Wo sonst fand Co-Produzent und Nebendarsteller Häger die (Klischee)Figuren für seinen selbstverfassten Plot? Okay, möglicherweise haben Schmidt und er sie einfach aus dem deutschen Komödien-Pott gefischt. Charakterisierung ist im Grunde nur lästig. Papierdünne Figuren erleichtern das Abpausen. Scheint die Vorlage überdeutlich durch, sollen Kameraspielchen retuschieren. Mit filmkosmetischen Tricks nicht nur Schönheitsfehler zu kaschieren, sondern sich komplett mit Maskenkitt des Off-Beat-Kinos zuzukleistern ist quasi im himmlischen Sinn. „Der liebe Gott ist Visagist.“, schwärmt verzückt der lokale Lederschwule Wölfken (Hans-Martin Stier). Er ist Make-up Artist, Metal-Sänger (einer Gruppe namens – Insider-Gag! — „Stier“) und Türsteher im Puff; womöglich dem der Puffoma (Lore Duwe), die sich für Clemens eines dubiosen Sektenführers erinnert.

Der üble Schlüsselprotagonist mit Messias-Fassonschnitt bestätigt Clemens‘ Abneigung gegen „Jesusfreaks“. So einer war der suspekte Biobauer (Jörg Reimers) und die schroffe Kita-Leiterin (Angelika Bartsch), die der außerdienstliche Ermittler ins Auge fasst, und der pensionierte Polizei-Veteran Dieter (Hans Richter). Clemens einstiger Kollege liegt nach einem trunkenen Konzertabend (Band: „Stier“) mit Genickbruch am Fuß einer Treppe. Wer jetzt „Stairway to Heaven“ denkt, tut das bitte leise, sonst ist das für die Mördersuche schon ein Spoiler. Andererseits ist von Spoilern zu sprechen fast zu viel der Ehre für einen Kleinstadtkrimi, der so gern Pulp Fiction wäre. Dafür fehlt es dem Kiez-Kuriositätenkabinett allerdings an Härte und Widerspenstigkeit. Als Szene-Lokalitäten sind die von der Schwebebahn verbundenen Tatorte, an denen der Serientäter wieder schubst, lediglich insofern glaubhaft, als sie wie für die Szenen eines TV-Krimis hergerichtet aussehen. Im Café-cum-Friseursalon, wo Namenspatronin Biggi (Bela B. Felsenheimer) frisiert, musiziert und Espresso serviert, und Clemens mit seinen Kumpeln Sülli (Sinan Akkus) und Salva (Marco Wohlwend) die schmierigen Aktionen der Polizeibeamten „Elli“ Elbroich (Godehard Giese) und Dudenbrock (Häger) im Web posten, treffen sich noch schrägere Vögel als der in Animationen als Pinguin dargestellte Clemens.

Von der deutsch-türkischen Hausfrau (Lilay Huser), über die männerhassende Pathologin Nicole (Jana Voosen), für die Clemens‘ Herz schlägt, bis zu einer für etwas Künstlerflair herbemühten Pina-Bausch-Tänzerin. Als sie das „über die Leute lustigmachen“ nervt, erwidert Wölfken, die seien schon lustig. Sind sie leider nicht. Mit der Annahme, Karikaturen im „San Francisco Deutschlands“ (O-Ton Tom Tykwer über Wuppertal, so O-Ton Schmidt) garantierten einen Komödien-Hit, macht es sich das Filmemacher-Duo und sein Zweite-Wahl-Regisseur Claude Giffel zu leicht. Gleiches gilt für das Kalkül hinter dem pseudo-originären Soft-Boiled-Krimi, den auf Festivals gesichtete Debüts inspirierten. Ganz anarchisch habe man sich da gesagt, so Schmidt, „Lass uns das machen.“ Frei nach dem Motto: Bei dem, was mitunter als Kinofilm durchgeht, kann man selbst einen machen. Das gleiche denkt man als Zuschauer auch nach King Ping.

King Ping - Tippen Tappen Tödchen

Hexenkessel Ruhrpott. Wenige Wochen bevor Helge „00 Schneider“ als Kommissar in Mülheim an der Ruhr „Im Wendekreis der Eidechse“ rotiert, schicken Christoph Schmidt und Dirk Michael Häger ihren eigenen Ermittler in eine nicht minder berüchtigte Metropole. Wuppertal. Crime Capital of Nordrhein-Westfalen.
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