Kick in Iran

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Frauenpower unterm Kopftuch

Sport und Politik – ein ungleiches Paar, das besonders in autoritären Regimes extrem verquickt ist. Wenn etwa im Iran erstmals eine Frau zu den Olympischen Spielen fahren darf, dann geht es um mehr als um Medaillen. Sara Koshjamal-Fekri heißt die junge Teakwondo-Kämpferin, die Geschichte geschrieben hat. Sie war 2008 bei den Spielen in Peking die erste Iranerin, die ihr Land bei den Besten der Welt vertreten durfte. Regisseurin Fatima Geza Abdollahyan hat ihr eine leise, berührende Dokumentation gewidmet.
Die Sportlerin verdankt ihre Fahrt nach Peking nicht nur dem harten Training und ihrem eisernen Willen. Eine entscheidende Rolle spielten die politischen Kräfteverhältnisse. Die waren schon in den Jahren 2007 und 2008 nicht mehr so starr, wie es im Westen vielleicht den Anschein hatte. So wollte ein Freitagsprediger die Fahrt zu Wettkämpfen ins Ausland noch strikt verbieten. Das komme der „Prostitution“ und „Unzucht“ gleich, sei also eine schwere religiöse Sünde. Aber siehe da, es gab auch liberale Tendenzen, selbst innerhalb der Regierung. Das zuständige Ministerium befand, eine Frau dürfe durchaus für die Ehre ihres Landes streiten.

Einzige Bedingung: Die Wettkampfkleidung muss den ganzen Körper bedecken. Im Fall von Teakwondo – ein Kampfsport, bei dem die Treffer mit Fußtritten erzielt werden – ließ sich das einrichten, im Gegensatz etwa zu Karate. Auch wenn die Iranerinnen mit ihrem Kopftuch unter dem Kopfschutz mehr schwitzen müssen als ihre Konkurrentinnen im Rest der Welt.

Regisseurin Fatima Geza Abdollahyan hat die Sportlerin und ihre Trainerin mehr als neun Monate lang bei den Vorbereitungen für Olympia mit der Kamera begleitet. Sie hat daraus einen ruhigen, beobachtenden Film gemacht, der vieles zwischen den Zeilen erzählt. Das ist zum Teil ästhetisches Konzept und zum Teil politische Notwendigkeit. Denn die in Deutschland geborene Regisseurin, deren Eltern aus dem Iran stammen, hat den Film zum großen Teil im Iran gedreht. Da hätten allzu explizite politische Bekenntnisse wohl zu Problemen geführt.

Trotzdem ist Kick in Iran kein reiner Sportfilm. Weil der Fokus auf den beiden Frauen liegt — ihrer Freundschaft, ihrer Lebensfreude und ihren Ambitionen – erzählt die Dokumentation viel über den Wunsch, den iranischen Frauen mehr Freiheiten zu erkämpfen. Der Sport fungiert dabei über weite Strecken als Metapher: für die Notwendigkeit, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, für die Hürden, die dabei zu überwinden sind, und für die Beharrlichkeit, an den gesteckten Zielen trotz Rückschlägen festzuhalten.

Es ist eine Erfolgsgeschichte: Zu der Zeit, als die heutige 38-jährige Trainerin noch selbst aktiv war, durften die Frauen das Haus nach 16 Uhr nicht mehr verlassen. Damals hätten die Sportlerinnen mit dem heute akzeptierten Wettkampfdress auch vor 16 Uhr keinen Fuß auf die Straße setzen dürfen, geschweige denn ins Ausland reisen. Mit den – immer noch sehr eingeschränkten – Freiheiten von Sara wird damit auch ein Traum ihrer Trainerin wahr, für die es vor zwanzig Jahren undenkbar war, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Das erklärt die beeindruckende Freundschaft zwischen den beiden Frauen und die große Kraft, die sie ausstrahlen. Eine Kraft und Solidarität, die auch unter all den anderen Sportlerinnen spürbar ist. Und die für die politische Zukunft des Landes noch einiges hoffen lässt.

Kick in Iran

Sport und Politik – ein ungleiches Paar, das besonders in autoritären Regimes extrem verquickt ist. Wenn etwa im Iran erstmals eine Frau zu den Olympischen Spielen fahren darf, dann geht es um mehr als um Medaillen. Sara Koshjamal-Fekri heißt die junge Teakwondo-Kämpferin, die Geschichte geschrieben hat. Sie war 2008 bei den Spielen in Peking die erste Iranerin, die ihr Land bei den Besten der Welt vertreten durfte. Regisseurin Fatima Geza Abdollahyan hat ihr eine leise, berührende Dokumentation gewidmet.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen