Jack in Love (2010)

Eine Filmkritik von Lida Bach

Love Boat

Philip Seymour Hoffmann gibt sein Kinodebüt. Jahre liegt es eigentlich schon zurück, doch nun hat erlebt der oscargekrönte Schauspieler eine cineastische Wiedergeburt — und zwar als Regisseur. Nein, ein Meisterwerk ist sein Regiedebüt Jack in Love nicht. Auf ungelenke Weise – so ungelenk wie der sympathische Titelcharakter – bietet die romantische Ruderpartie dennoch etwas Vielversprechenderes. Die eigenwillige Tragikomödie erzählt mit lakonischem Witz vom Ver- und Entlieben zweier befreundeter Paare. Jack in Love ist einer jener kleinen Independent-Film, die berührender sind als ein konventioneller Mainstreamerfolg. Die lakonische Komödie glänzte bereits Off-Broadway durch ihr hochkarätiges Ensemble. Neben Daphne Rubin-Vega und John Ortiz agierte auch Hoffmann selbst in Robert Glaudinis Theaterstück Jack goes boating. In Hoffmanns humorvoll-herber Romanze feiern die drei Bühnenkollegen nun ein Kinowiedersehen.

Sie sitzen alle im gleichen Boot. Und alle trudeln im Kreis. Dr. Bob (Tom McCarthy), der sich für den König der Wellen hält, der Wellen, welche die Gefühle der Mitarbeiterinnen seines Begräbnisinstitut schlagen, in dem Dr. Bob weit lieber die Lebenden untersucht und nicht ahnt, dass seine Avancen die meisten so kalt lassen wie diejenigen seiner Klienten, die später keine Rechnung erhalten. Oder so kalt wie Connie (Amy Ryan), die von einem für sie zubereiteten Romantikdinner und einer Bootsfahrt im Central Park träumt, doch deren Amouren zuverlässig kentern, weshalb ihre Kollegin Lucy (Daphne Rubin-Vega) und deren Gatte Clyde (John Ortiz) einen gemeinsamen Abend mit Clydes zurückgezogenem Kumpel Jack (Philip Seymour Hoffmann) arrangieren, der allerdings weder kochen, noch schwimmen kann, was den für zu seiner eignen Überraschung verliebten Einzelgänger vor eine doppelte Herausforderung stellt.

Der unspektakuläre Originaltitel Jack Goes Boating verweist auf Jacks Positionswechsel in seinem ereignislosen Leben. Sein eigenes Dasein spielt sich ohne ihn ab. Das Ruder in die Hand zu nehmen scheut er sich im wahrsten Sinne. Lieber verharrt er in der Rolle des unbeteiligten Beobachters, zu der ihn seine Chauffeurtätigkeit prädestiniert. Auf seinem Platz lässt er sich in stillem Einvernehmen mit dem Zuschauer vom New Yorks Alltagssatiren unterhalten und scheitert unterdessen an seiner eigenen Passivität. Einen Antrag bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben zu stellen ist für ihn eine Herausforderung, einer Frau einen zu stellen noch mehr. Es ist bezeichnend (und irgendwie typisch), dass der vielleicht unglamouröseste aller Filmstars sich als Jack noch eine Spur zurückgenommener inszeniert als die vergleichbaren Charaktere aus The Savages oder Synecdoche. Dass Jack in Love dennoch einen eigenen Charme entfaltet, liegt vor allem an den lebensnahen Charakteren. Hoffmann versucht nicht die kauzigen Liebesanekdoten wohlhabender Manhatten-Anwohner nachzuahmen, sein New York ist eine graue Winterstadt, in der einen unbeholfenen Liebenden durch Liebe und kuriose Zufälle aus der emotionalen Reserve locken.

Die Freundschaften und Romanzen der unscheinbaren Figuren wirken gerade deshalb authentischer als in glatten Massenkomödien. Für seinen Kumpel wandert Clyde vom Waldorf ins Schwimmbad. Jack wiederum kämpft für Connie um kleine Alltagssiege. Die schlichten Erfolge schenken dem unter Dreadlocks und Kopfhörern vergrabenen Einzelgänger auf ebenso berührende Weise neues Selbstvertrauen wie Connies Zuneigung. Zu einem großen Sieg über die eigene Verschlossenheit reicht es schon, sich statt im Leben im Central Park treiben zu lassen.
 

Jack in Love (2010)

Philip Seymour Hoffmann gibt sein Kinodebüt. Jahre liegt es eigentlich schon zurück, doch nun hat erlebt der oscargekrönte Schauspieler eine cineastische Wiedergeburt — und zwar als Regisseur.

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