It Follows

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Es ist hinter dir her!

Ein Vorort. Eine saubere, leere Straße, Einfamilienhäuser mit gut gepflegten Vorgärten und Autos vor der Garage. Wir sind in den USA, genauer gesagt in Michigan. Doch diese Exposition, die einen schon fast vermuten lassen könnte, dass It Follows ein netter kleiner Familienfilm ist, wird sofort gebrochen.
Ein junges Mädchen läuft plötzlich völlig verstört auf die Straße und scheint sich von etwas verfolgt zu fühlen, dass nur sie sehen kann. Nachbarn fragen, ob alles in Ordnung ist, während sie erst im Kreis läuft und dann in ihr Auto springt und wegfährt. Ein paar Minuten später wird man dieses Mädchen wieder sehen. Am Strand, tot und mit einem Körper, der völlig verbogen und gebrochen ist.

Einen ästhetisch schönen und gleichsam atmosphärisch intensiven Horrorfilm wollte David Robert Mitchell machen — ein Unterfangen, das ihm schon einmal mit The Myth of the American Sleepover (2010) geglückt ist. Doch dieser neue Film von ihm ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger kein kleiner Independentstreifen mit Micro-Budget mehr. Umso größer ist nun die Fallhöhe, die der Regisseur damit versucht aufzufangen, dass er sich strikt an das ästhetische und inhaltliche Konzept seines Erstlingswerkes hält und dieses mit einer Hommage an das Genre selbst verbindet. Das Ergebnis ist eine interessante Melange aus amerikanischem Autorenkino und konventionellem Studiofilm, ganz ähnlich wie vor kurzem mit Gareth Edwards Godzilla zu sehen, nur, dass dieser einen noch größeren Brocken zu bearbeiten hatte.

It Follows erzählt die Geschichte von Jay (Maika Monroe) einem jungen Mädchen, dass sich einen Dämon per Geschlechtsverkehr einfängt — und man kann nicht umhin, darin eine Allegorie auf die typisch amerikanische Angst vor Sexualität zu sehen. Sie schläft mit einem Jungem, dem dieser Dämon vorher auf gleiche Weise zugetragen wurde. Das Perfide an diesem Dämon: Wer ihn sich einfängt, wird ihn erst wieder los, wenn er/sie mit jemand anderem schläft und diesen quasi damit ansteckt. Und zwar bevor der Dämon es schafft einen zu ermorden. Doch so schnell ist man nicht aus der Nummer raus, denn wenn einer in der dämonischen Ansteckungsfolge stirbt, geht der Fluch auf den vorherigen zurück. Eine interessante Idee, mit der Mitchell hier spielt, ist es doch sonst so, dass nur die Jungfrauen überleben und die sexuelle Aktiven die ersten sind, die ins Gras beißen müssen.

Einen interessanten Nebeneffekt hat das natürlich auch noch: Man muss sein Opfer möglichst so wählen, dass es attraktiv ist und dementsprechend bald einen neuen Sexpartner findet, sonst ist man aufgeschmissen. Höchst neurotisch ist dieser Ansatz, der auf sehr eigene Weise die erstickende Moralisierung von Sexualität und auch die Angst vor deren Gefahren Schwangerschaft, Geschlechtskrankheiten aber eben auch moralische „Verseuchung“ der Jugend in das typische Gewand des „Teenage Angst“-Horrorstreifens einbaut. Doch die Idee allein trägt keinen Langfilm. Vor allem keinen, der nicht den konsequenten Weg geht und seine Protagonisten fürs Überleben alles kurz und klein vögeln lässt, sondern überraschend keusch bleibt. So verliert It Follows nach und nach seinen Schwung und ist im letzten Akt doch sehr konventionell und gar ein wenig langweilig.

Was sich aber niemals abnutzt, ist die dichte Atmosphäre, die Mitchell erschafft und die auf jeden Fall sein Markenzeichen werden wird, wenn sie es denn nicht schon ist. Die elektronische Musik, die den Soundtrack aus William Friedkins Der Exorzist ins 21. Jahrhundert transportiert, funktioniert genauso gut, wie die melancholischen und für einen Horrorfilm sehr langsam und geduldigen Einstellungen auf die jugendlichen ProtagonistInnen. Diese wiederum sind das Gegengift zu den üblichen Darstellungen lauter, hyperaktiv-überdrehter Jugendlicher. Jay und Co. sind nachdenkliche, stille Menschen, denen die Schwere, der sie umgebenden Welt eindringlich in jede Pore strömt. Es ist, so lässt sich aus It Follows konstatieren, kein Zuckerschlecken in Amerika jung zu sein.

It Follows

Ein Vorort. Eine saubere, leere Straße, Einfamilienhäuser mit gut gepflegten Vorgärten und Autos vor der Garage. Wir sind in den USA, genauer gesagt in Michigan. Doch diese Exposition, die einen schon fast vermuten lassen könnte, dass „It Follows“ ein netter kleiner Familienfilm ist, wird sofort gebrochen.
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Meinungen

@PollySees · 09.07.2015

Ich verstehe die allgemeine Begeisterung über diesen Film nicht. Nominiert für den Drehbuchpreis in Cannes?? Wofür genau?? Es gibt im Grunde keine Geschichte die über die Prämisse hinaus geht, der Handlungsbogen beschränkt sich auf: Es folgt-Sie laufen weg-Es folgt-Sie.. u.s.w. Beim ersten "BUH" Moment schrickt man vielleicht noch zusammen, danach werden diese sehr vorhersehbar. Tolle Bilder ja. Die ersten paar Minuten mochte ich richtig gerne. Aber ab dann ging es bergab, bis es mir am Ende richtig langweilig war. Da haben die Bilder auch nicht mehr geholfen. Im besten Fall ist der ganze Film eine Analogie auf Clamydien.
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