How to Talk to Girls at Parties (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Ein Feel-Good-Movie für den inneren Freak

Es ist enttäuschend, aber es muss gesagt werden. Nach dem Konsum dieses Filmes hat man trotzdem keinen Schimmer, wie man denn nun Mädchen auf Partys am besten anspricht. Nicht den geringsten. Dafür bekommt man aber eine ordentliche Bildung in Sachen Punk-Musik, Großbritannien in den 1970er Jahren, Latexkleidung, den Vorteilen von Analsex und Chakra-Punkten. Also alles, was man sonst so fürs Leben wissen sollte.

Wer die Werke von John Cameron Mitchell und Neil Gaiman kennt, der wird sofort erkennen, was für eine fantastische Kombination How To Talk to Girls At Parties ist. Gaimans Kurzgeschichte in Mitchells (Hedwig and the Angry Inch) Händen – das hat Potential. Tatsächlich liefert der Film, was diese wunderbare Kombination verspricht: einen wilden Ritt durch einen kleinen abgefuckten Vorort in Großbritannien in Jahr 1977. Vic (Abraham Lewis), John (Ethan Lawrence) und Enn (Alex Sharp) sind gerade so weit in der Pubertät, dass es Zeit wird, endlich mit Mädchen rumzumachen. Wenn sie denn wüssten, wie man an die rankommt. Die drei Freunde sind leidenschaftliche Punks und gehen jeden Abend in den kleinen Club, in dem Queen Boadicea (Nicole Kidman) die neusten Entdeckungen auftreten lässt, bevor sie sich an den Kommerz verkaufen. Nach solch einem Konzert wollen die Jungs auf eine Afterparty, verirren sich aber und landen bei einer ganz anderen Feier von sehr eigenartigen Leuten. Alle tragen Latexkleidung in sechs verschiedenen Farben: rot, orange, gelb, blau, weiß und lila. Sie reden nicht, es gibt Performances und irgendwie ist alles seltsam. Sehr seltsam. Während Vic einer jungen Frau namens Stelle verfällt, ist John von der Musik fasziniert. Und Enn, der Schüchterne der Truppe, sucht die Küche, wo er sich verstecken kann, trifft aber versehentlich auf Zan (Elle Fanning), die in einem eigenartig kultischen Ritual ihre Frustration zum Ausdruck bringt und verlangt, endlich mal neue Erfahrungen machen zu dürfen. Da kommt so ein kleiner Punker natürlich gerade recht, also verbringen Enn und Zan die nächsten 48 Stunden miteinander, damit er ihr zeigen kann, was man so macht als normaler Mensch. Schnell wird klar, Zan und Co. sind Außerirdische, die sich farblich und in ihren Kompetenzen in Chakra-Punkte aufgeteilt haben, aber noch ehe das so recht geklärt werden kann, hat Vic schon einen ungewollten analen Dreier mit einem Paar und ist Enn völlig verknallt in die eigenartige Zan. Doch dies wird alsbald von ihrem Clan bedroht – und so kommt es, wie es kommen muss: Punker vs. Latex-Aliens.

How To Talk to Girls At Parties ist ein wunderbar absurder und durchgeknallter Coming-of-Age-Film, in dem ahnungslose Jungen mal metaphorisch, mal ganz pragmatisch in die eigenartigen Geheimnisse der Spezies Frau eingeführt werden – und Mädchen sich emanzipieren und nach ihrer eigenen Stimme, Bestimmung und vor allem ihren eigenen Erfahrungen suchen, ohne sich weiter vorschreiben zu lassen, wie sie zu sein haben. Es mag nicht die nächstliegende Idee sein, diese Wege durch Punk-Rock und Außerirdische zu bestreiten, aber sie funktioniert fantastisch. Gaimans verschwurbelte Weltsichten, die stets mit äußerstem Humanismus und einem sehr feinsinnigen Humor gepaart sind, sind in John Cameron Mitchells Händen perfekt aufgehoben. Und auch sonst macht der Film einfach riesig Spaß, dürfen doch alle mal ihre üblichen Images über Bord werfen und einfach Punk sein. Und Elle Fanning mal ausrasten zu sehen, da sie in ihren letzten Filmen immer das dünn-blasse Mädchen in der Blüte mimen musste, fühlt sich sogar für den Zuschauer befreiend an. Gleiches gilt für Nicole Kidman, die ja quasi nur die ältere Version dieses Frauentypus mimen muss. Sie als Punk-Königin fluchen zu sehen, während sie ihre akkumulierte weibliche Weisheit an andere weitergibt und dabei Schnaps säuft und raucht, ist wahrlich ein Genuss.

Und genau dies macht dann auch das Herz des Filmes aus. Aus Punk, Anarchie und Sex entspringen absurde Szenen und Momente voller Tiefe, Liebe und Weisheit, die mehr sind als nur Latex-Nippel und Dosenbier. Es ist ein Feel-Good-Movie für den inneren Freak. Und auch wenn all dies nur Illusion und kinematographische Ersatzhandlung ist, so stellt das Werk doch auch die schmerzliche Frage, wo eigentlich der eigene Punk und das eigene Außerirdischsein hin- bzw. abhandengekommen ist.

How to Talk to Girls at Parties (2017)

Es ist enttäuschend, aber es muss gesagt werden. Nach dem Konsum dieses Filmes hat man trotzdem keinen Schimmer, wie man denn nun Mädchen auf Partys am besten anspricht. Nicht den geringsten. Dafür bekommt man aber eine ordentliche Bildung in Sachen Punk-Musik, Großbritannien in den 1970er Jahren, Latexkleidung, den Vorteilen von Analsex und Chakra-Punkten. Also alles, was man sonst so fürs Leben wissen sollte.

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