Hotel Desire

Eine Filmkritik von Lida Bach

Das indiskrete Zimmer

„Nicht rauchen, sonst fängt es an zu regnen!“, mahnt Antonias kleiner Sohn Luca seine Mutter. Dabei ist ein Wolkenbruch alles, wonach sich die junge Mutter in der Sommerhitze sehnt. Die Sonne brennt wie die unterdrückte Lust, welche Antonia (Saralisa Volm) seit sieben Jahren nicht auslebt. Ein „Aschenputtel“ nennt sie Marcel (Jan-Gregor Kremp), der nachsichtige Manager des Luxushotels, in dem sie als Zimmermädchen arbeitet. „Und jetzt schlüpf aus deiner erbärmlichen Kleidung und streif dir dein Märchenkleid über“, rät Marcel. Ein filmisches Märchen ist Hotel Desire. Der Schauspieler und Regisseur Sergej Moya inszeniert seinen erotischen Kurzfilm mit dem süffisanten Humor einer Sittenkomödie und der expliziten Sexualität eines Pornos. Doch Hotel Desire sei kein Porno, sagt Moya, sondern ein „porNEOgrafischer“ Film.
Dabei ist die Wortkreation, die einen niveauvollen Erotikfilm beschreiben soll, überflüssig, weil das Wort Porno dafür ausreicht. Man muss es nur in seinem ursprünglich wertfreien Sinn begreifen. Das lustvolle Schauen muss das Kinopublikum wieder lernen, ebenso wie Antonia es tut. In einer Suite trifft sie auf den blinden Maler Julius Pass (Clemens Schick), der seine Modelle mit den Händen ertastet – und Antonias Körper, der nach Nähe dürstet wie die Stadt nach Regen.

Es gibt noch mehr Männer da draußen, verrät der Schluchzenden ihre Freundin Julia (Palina Rojinski): „Ich habe sie gesehen.“ Und die Männer haben Antonia gesehen. Der junge Hotelportier (Frederick Lau), der Rezeptionist (Trystan Pütter) und der Hoteldirektor (Herbert Knaup) umfangen Antonia mit den Augen. Blicke sind niemals nur Blicke, sondern Coda für Begehren, Besitzen, Berührungen. Zuerst versteckt Antonia ihren Blick hinter Sonnenbrillengläsern und senkt ihn verschämt. Antonias körperliche Spuren der Mutterschaft sind geringe Makel, die Moya weder durch Make-up retuschiert noch durch Aufnahmewinkel kaschiert. Viel mehr hebt er sie hervor als individuelle Eigenheiten, welche den Reiz erhöhen – gleich dem Leberfleck, den sich im Barock Adelsdamen aufmalten. Die Mutterrolle assoziiert sie mit Lustverzicht, dessen Synonym das selbstauferlegte Nikotinverbot ist. Als „Zigarette danach“ wird das Rauchen zum doppelten Sinnbild für verbotenen Genuss. Die naheliegende Symbolik zeigt die hintersinnige Kritik des Regisseurs, dessen selbstironische Referenzen an den Kitsch von Kinoromanzen den Besuch im Hotel Desire zum kecken Amüsement machen.

Fast diebische Freude habe es ihm bereitet, bei seiner Arbeit „am Rand des Trivialen und der Klischees zu wandeln und dabei den Spagat zwischen dem melancholischen Seelenleben der Figuren und einer luftig leichten Verpackung zu versuchen.“ Luftig leicht ist auch die ideale Umschreibung für den filmischen Quickie. Die erotische Komödie entstand mit einem Budget von 170.000 Euro, die sogar vor Ablauf der selbstgesetzten Frist zusammenkamen. Der hiesigen Filmförderung war das Projekt aufgrund seiner Ausrichtung dabei keinen Cent wert. Anders dem potentiellen Publikum, an das sich Moya auf der Filmwebsite wandte. Als erster deutscher Film entstand Hotel Desire ausschließlich dank Crowdfunding. Ein buchstäblich enthüllendes Votum.

Ins Kino gelangt Hotel Desire zwar nur zur Premiere und wird danach über das Internet — via www.videoload.de — vertrieben. Doch bereits das vorab im Internet veröffentlichte Drehbuch stellte klar, dass Moyas Hotel Desire keine Absteige für Akkordsex ist. Zuckeriges, Pikantes und ein Hauch Bitterkeit vermischen sich dort zu einer Kostprobe dessen, was Porno sein kann. Porno, Porno, Porno. Man möchte es am Liebsten solange wiederholen, bis auch der letzte es vorbehaltlos ausspricht. Wie Woody Allen in Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber nie zu fragen wagten mit einem Riesenpaar Brüste antrotzt gegen amerikanische Prüderie, von der auch wir nicht so frei sind, wie wir gerne behaupten. Porno ist ein Genre wie Komödie, Western, Thriller oder Kinderfilm. Im Gegensatz zu letzterem freilich richtet es sich an Erwachsene. Erwachsene sollten mit Sexualität und deren anspruchsvoller verbaler und visueller Darstellung umgehen können. Besser noch: sie genießen können.

Hotel Desire

„Nicht rauchen, sonst fängt es an zu regnen!“, mahnt Antonias kleiner Sohn Luca seine Mutter. Dabei ist ein Wolkenbruch alles, wonach sich die junge Mutter in der Sommerhitze sehnt. Die Sonne brennt wie die unterdrückte Lust, welche Antonia (Saralisa Volm) seit sieben Jahren nicht auslebt.
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Meinungen

kakadu · 11.12.2011

Der Volksmund sagt ja eigentlich: "Dumm f.... gut", aber wenn ich dann in einer Rezesion erfahre, wie belesen Frau S. L. Volm doch ist und dass sie Bücher unter 800 Seiten nicht anfasst, dann kann ich mir doch schon ausrechnen, was für ein verklemmtes Gekrampfe beim Sex dabei rauskommt. In der FAZ wurde der Film auch schon in die neue Duschgel-Werbeecke verbannt. Anscheinend ist ihr die Zusammenarbeit mit Kultregisseur ein bisschen zu Kopf gestiegen.

jul.boehme@gmx.de · 10.12.2011

einfach schlechter Plot. Und Es handelt sich hier eher um Erotik...