Heinz und Fred

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Es war einmal in Schrottland...

In vielen Momenten erscheint dieser Dokumentarfilm wie ein verschrobenes kleines Märchen. Woran der Film kaum einen Zweifel lässt. Denn bereits zu Beginn trägt einer der beiden Protagonisten eine Geschichte vor, die mit „Es war einmal…“ beginnt. Und doch ist Heinz und Fred unzweifelhaft in unserer Gegenwart angesiedelt und erzählt eine Geschichte, wie sie eben auch typisch ist für das Leben hierzulande. Und genau diese Mischung macht den unzweifelhaft immensen Charme dieses Filmes aus.
Tief im Mansfelder Land, einer Region in Sachsen-Anhalt, die früher vom Kupferbergbau geprägt war, leben Heinz Reichswald (70) und sein Sohn Fred (25). Die beiden Männer haben sich dort in der Provinz ihr kleines Königreich geschaffen: Ihr Anwesen ist von einer hohen Umfriedung umgeben und gleicht einer Trutzburg. Innerhalb ihrer Burg herrschen die beiden über ein riesiges Reich aus Stahl und Schrott. Unzählige Maschinen, vom Bagger über Traktoren und Wohnwagen bis hin zu allerlei sonstigen Maschinen und Fortbewegungsmitteln sind hier zu finden. Und meist hat der Zahn der Zeit bereits seine überdeutlichen Spuren hinterlassen. Was Vater und Sohn aber keineswegs stört – im Gegenteil. Unermüdlich stehen die beiden Männer Tag für Tag in aller Herrgottsfrühe auf, werkeln, schrauben, bohren, hämmern und schweißen an den Maschinen herum, um sich dann wieder erschöpft vom Tageswerk früh zu Bett zu begeben.

Wer nun allerdings glaubt, das emsige Treiben auf dem Anwesen der Reichwalds diene dem Lebensunterhalt der beiden, sieht sich getäuscht: Es geht den beiden Männern, die in nahezu perfekter Symbiose miteinander leben, nicht darum, die reparierten Maschinen zu verkaufen oder auch nur zu verwenden. Niemand hat ihnen einen Auftrag zur Reparatur oder Restauration erteilt, sie arbeiten einzig und allein aus eigenem Antrieb und aus Freude am Tun. Die Arbeit, so vermutet man, ist vielmehr das, was den beiden Männern und ihrem Leben Sinn und Struktur gibt: Heinz’ Frau, so erfährt man irgendwann im Film, ist vor einigen Jahren gestorben, und Freds Geschwister leben anderswo ihr eigenes Leben. Und so blieb Heinz, dem Vater, nur die Sorge um Fred, der geistig zurückgeblieben ist.

Dass Fred dauerhaft alleine zurechtkommen würde, ist eher unwahrscheinlich, wenn man sieht, mit welchen Schwieirgkeiten er zu kämpfen hat, als der Vater einmal für mehrere Tage weg ist. Und so ist das Reich der beiden auch ein gefährdetes, das mit dem Ableben des Vaters in ernsthafte Schwierigkeiten kommen würde. Wie die Maschinen, so sind auch die Reichwalds selbst von der Unbarmherzigkeit der Zeit bedroht.

Äußerst behutsam erzählt Mario Schneider diese berührende Geschichte der Reichswalds, fügt gebrochene Märchenmotive wie etwa einen Mundart sprechenden Erzähler und eine bezaubernde, die Atmosphäre kongeniale unterstreichende Filmmsuik hinzu und erschafft so eine ebenso anmutig-schöne wie traurige Fabel, die niemals langweilt, sondern immer direkt ins Herz trifft.

So märchenhaft und surreal dieser Film auch anmuten mag – man ahnt bereits, dass dieser Geschichte um einen alten König und einen jungen Prinzen kein gutes Ende beschieden ist. Heinz Reichswald verstarb 2008 an den Folgen eines Herzinfarktes, sein Reich und sein Vermächtnis dürften nun endgültig dem Untergang geweiht sein. Nur gut, dass es diesen Film gibt, der aus den glücklichen Tages dieser Königreichs Schrottland berichten kann.

Heinz und Fred

In vielen Momenten erscheint dieser Dokumentarfilm wie ein verschrobenes kleines Märchen. Woran der Film kaum einen Zweifel lässt. Denn bereits zu Beginn trägt einer der beiden Protagonisten eine Geschichte vor, die mit „Es war einmal…“ beginnt.
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Meinungen

Torsten Gerlach · 29.05.2009

Fand den film ganz gut.was mich aber interessieren würde ist,was mit fred passiert ist nach dem tod des vaters.

spolert · 27.01.2009

fand den film sehr ergreifend und kenne auch aus meiner arbeit als fotograf solche momente wo einem das leben wieder sehr nahe gebracht wird. vielen dank für diesen tollen film