Gordos - Die Gewichtigen

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Kalorienjunkies, Schlankheitswahn und Glücksversprechen

Wer kennt sie nicht, die überflüssigen Pfunde, die durch zu viel Schokolade, Chips oder ähnlich kalorienreiche Sünden ihren Weg an den Körper finden und damit zu Problemzonen werden. Davon können die Protagonisten dieser spanischen Komödie ein Lied singen, weswegen sie sich beherzt in eine Gruppentherapie begeben, um endlich das Traumgewicht zu erreichen und dadurch das Glück auf Erden zu finden – oder etwa nicht?
Abel (Roberto Enríquez) hat eine Marktlücke gefunden: Er bietet Kurse für Dicke an (oder diejenigen, die sich als dick empfinden), stolziert mit seinem ästhetischen Astralkörper vor unglücklichen und übergewichtigen Menschen entlang und versucht mit Gesprächs- und Verhaltenstherapie zu einem besseren Körpergefühl, der Gewichtsreduzierung und damit einhergehend einem schönerem Leben beizutragen. Gleich zu Beginn jeder Gruppentherapie verlangt er von seinen Probanden allerdings eine schier unüberwindliche Aufgabe, denn alle sollen sich nackt ausziehen, um ihren Körper sich und den anderen zu präsentieren. Klar, dass hierbei schon die ersten das Handtuch werfen. Diejenigen, die durchhalten, sind offensichtlich nicht davon abzubringen, die Tortur der Diäten, des Entsagens und der längerfristigen Lebensumstellung auf sich zu nehmen. Das Personal, das Regisseur Daniel Sánchez Arévalo hier auffährt, ist extrem bunt gemixt und hat bei all den Bemühungen (ob dick oder dünn) doch nur den einen Wunsch: Glücklich und geliebt zu werden.

Als da wären: die wunderschöne Paula (Verónica Sánchez), ihres Zeichens Lebensgefährtin Abels, von selbigem schwanger und dadurch nun auch zur (kurzfristigen) Dickleibigkeit verdammt, wodurch er wiederum an seine eigenen mentalen und libidinösen Grenzen stößt. Des Weiteren Enrique (Antonio de la Torre), ein schwuler Entertainer, der ehemals selbst schlank war, für ein Diätmittel warb und dies nun selbst bitter nötig hätte. Ihm zur Seite wird Pilar (Pilar Castro) gestellt, die sich von dessen Homosexualität überhaupt nicht aus der Ruhe bringen lässt, frei nach dem Motto: „Du hast nur noch nicht mit der richtigen Frau geschlafen!“ Es folgt der gertenschlanke (wenngleich nur wenig durchtrainierte) Alex (Raúl Arévalo), der als verklemmter Katholik keinen Sex ohne Ehe will, sich aber dennoch den Sünden der Liebe mit seiner pummeligen Freundin Sofía (Leticia Herrero) hingibt, die sich gegen das Verbot des außerehelichen Geschlechtsverkehrs gehörig zur Wehr setzt und ihren Liebsten mit lüsterner Raffinesse um den Finger wickelt.

Kaum zu glauben, dass Leonor (María Morales), erfolgreiche Businessfrau, auch in der Gruppentherapie von Abel teilnimmt, denn deren überzählige Pfunde fallen eigentlich so gar nicht ins Gewicht, und sie will nur ihrem Freund zu liebe abspecken (ein hoffnungsloses Unterfangen). Dann erscheint auch noch Andrés (Fernando Albizu), XXL-Format und Vater von zweieiigen Zwillingen, der eigentlich ganz vergnügt mit seinen Fleischesmassen zu sein scheint. Dessen Frau Beatriz (Teté Delgado) bringt mindestens ebenso viel Kilos auf die Waage, sagt aber diesem ganzen Diätwahn von vornherein kategorisch ab. Ihre Kinder wiederum, Luis (Adam Jerzierski) und Nuria (Marta Martín), beharken sich andauernd, weil der eine „unterdünn“ und die andere „überdick“ ist. Dabei ist die Frage nicht zu vergessen, ob Luis tatsächlich der Bruder von Nuria bzw. Andrés ihr Vater ist. Ein kleiner zufälliger Mord geschieht auch noch, eine Entbindung findet statt und es gibt natürlich jede Mende Sex! Zudem wird das munter-frustrierte Leben der Figuren vom Kalorienzählen, Streiten und Lieben bestimmt, wobei der Humor des Filmes nicht die Tiefsinnigkeit des Themas außer Acht lässt: Führt man tatsächlich ein glücklicheres Leben, nur weil der BMI-Wert den Tabellen entsprechend positiv ausfällt? Der Film gibt eine ganz klare Antwort: Nein!

Gordos — Die Gewichtigen ist laut Daniel Sánchez Arévalo, der bereits 2007 mit dem Drama Dunkelblaufastschwarz von sich reden machte, nicht etwa ein „Film über die körperliche, sondern über die emotionale Fettleibigkeit“. Eine erstaunliche Sichtweise, die das Credo des Films angibt und nebenbei noch Themen wie etwa versteckte Homosexualität oder die Doppelmoral des Katholizismus behandelt. Was auf den ersten Blick als moralisierendes Lehrstück erscheinen könnte, entpuppt sich rasch als herzerfrischende Komödie im Stile Woody Allens oder einer bittersüßen Parodie eines Pedro Almodóvars – oder sollte es anders herum sein? Wie auch immer: Anschauen, amüsieren und danach hemmungslos essen!

Gordos - Die Gewichtigen

Wer kennt sie nicht, die überflüssigen Pfunde, die durch zu viel Schokolade, Chips oder ähnlich kalorienreiche Sünden ihren Weg an den Körper finden und damit zu Problemzonen werden. Davon können die Protagonisten dieser spanischen Komödie ein Lied singen, weswegen sie sich beherzt in eine Gruppentherapie begeben, um endlich das Traumgewicht zu erreichen und dadurch das Glück auf Erden zu finden – oder etwa nicht?
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Meinungen

Josef Wutz · 26.02.2010

GORDOS kommt am 13. Mai 2010 in die deutschen Kinos. Verleih ist Arsenal Film