Gesetz der Straße - Brooklyn's Finest

Eine Filmkritik von Florian Koch

Brennpunkt Brooklyn

Kaputte Cops, die auf dem schmalen Grad zwischen Gut und Böse wandeln. Das hat man in den letzten Jahren allzu oft gesehen. Zuletzt duellierten sich Edward Norton und Colin Farrell im klischeetriefenden Polizisten-Drama Das Gesetz der Ehre. Wenig originell zitiert der deutsche Verleiher von Brooklyn’s Finest dieses Machwerk mit dem unsinnigen Vorsatz Gesetz der Straße. Dabei orientiert sich Antoine Fuqua in seinem Training Day-Nachfolgewerk an gänzlich anderen filmischen Vorbildern. Für seine ambitionierte Milieustudie stand ihm stilistisch Alejandro González Iñárritus (Babel) Oeuvre Pate. Auch Fuqua erzählt mehrere Handlungsfäden völlig parallel, um sie dann im Showdown schicksalsträchtig zusammenzuführen.
Seit über 20 Jahren ist Eddie (Richard Gere) in Brooklyn als Streifenpolizist unterwegs. Sehnlich wünscht er sich seine bald anstehende Pensionierung herbei. Jeder Arbeitstag bedeutet für den abgehalfterten Mann eine Qual. Ohne den täglichen Kick mit einer Runde Russisches Roulette und einem kräftigen Whiskey-Schluck wäre Eddie nicht mehr lebensfähig. Doch seine innere Emigration muss er auf später verschieben, als man ihm einen jungen Kollegen als Partner zuteilt. Im zweiten Handlungsstrang wird der Zuschauer mit dem völlig aus den Fugen geratenen Leben des Drogenfahnders Sal (Ethan Hawke) konfrontiert. Der gläubige Familienvater nutzt jede Gelegenheit, um illegal an Geld heranzukommen. Verzweifelt kämpft er darum mit seiner schwangeren Frau Angela (Lili Taylor) endlich aus seiner schimmeligen Bruchbude auszuziehen. Doch für eine bessere Wohnlage fehlt Sal die nötige Liquidität. Ein letzter risikoreicher Coup soll ihn von allen finanziellen Sorgen befreien. Im dritten Storypfad verheddert sich Undercover-Cop Tango (Don Cheadle) immer mehr in seiner neuen Gangster-Identität. Endlich will er aussteigen und wieder ein neues Leben führen können. Doch dafür muss er erstmal seinen kriminellen Kumpel Caz (Wesley Snipes) verpfeifen.

Die Ausgangsidee von Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest ist äußerst viel versprechend. Fuqua will an Hand von verschiedenen Fallbeispielen einen Beweis dafür liefern, warum die Selbstmordrate unter Polizisten aus Brooklyn so astronomisch hoch ist. Tief taucht der Regisseur dafür in die Hinterhöfe des üblen New Yorker Stadtteils Brooklyn herab. Fast alle Szenen sind an Originalschauplätzen gedreht, auch die meisten Statisten stammen aus der Gegend. Fuqua lässt in seinem schmal budgetierten Drama ein gewaltiges Panoptikum an schillernden Figuren auftreten und führt dem Zuschauer detailgenau die Codes des kriminellen Brooklyner Milieus vor Augen. Die Sprache ist hart, der Gewaltanteil enorm hoch, für Menschlichkeit gibt es hier wenig Platz. Der düster-deprimierende Tonfall zieht sich wie ein roter Faden durch Fuquas Werk. Warum dieser Antihollywood-Thriller auf verschiedenen Festivals keine Käufer fand und am Ende von Fuqua sogar noch heftig umgeschnitten werden musste hat aber seine Grunde. Im Gegensatz zum packenden Training Day-Vorläufer – Denzel Washington gewann dafür sogar den Oscar – will es Fuqua einfach nicht gelingen eine stimmige Spannungskurve zu erzeugen. Rekordverdächtige 90 Minuten dauert es, bevor erst einmal klar wird, auf was für ein Ziel Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest überhaupt zusteuert. Die überlange Exposition ergeht sich in Klischees, Wiederholungen und geschwätzigen Dialogen voller Fäkalausdrücke. Die Stimmigkeit des Settings kann am Ende nicht mehr über die weitgehende Ereignislosigkeit und Ziellosigkeit des Films hinwegtäuschen. Erst im übertrieben bluttriefenden Showdown baut Fuqua Suspense auf, aber da ist es schon beinahe zu spät.

An den Schauspielern liegt es nicht, dass Das Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest nur schleppend in die Gänge kommt. Das Starensemble kann durch die Bank weg überzeugen. Don Cheadle (Hotel Ruanda) spielt seine Rolle mit der von ihm bekannten Integrität und Verletzlichkeit, Richard Gere steht die Müdigkeit und Ausgebranntheit seines Charakters jederzeit ins Gesicht geschrieben. Geres Antagonisten Cop-Rolle in Mike Figgis’ großartigem Film Internal Affairs hat allerdings eine ganz andere Tiefe. Immerhin darf er in einer der beeindruckendsten Szenen von Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest zeigen, wie es sich anfühlt, wenn man die Marke am Tag der Pensionierung ohne Zeremoniell oder wenigstens einer kleinen Respektsbezeugung abgeben muss. Einen soliden Auftritt hat auch Wesley Snipes (Blade), der nach seinem Steuerskandal und einer Reihe von B-Pictures als Caz ein unbestreitbares Charisma an den Tag legt. Nur Ethan Hawke fällt ein wenig aus der Reihe, da seine Figur irritierende „Déjà-Vus“ heraufbeschwört. Sein fiebrig-fahrlässiges Verhalten erinnert doch allzu sehr an Colin Ferrells Auftreten in Gesetz der Ehre. Immer wieder schrammt Hawke mit seiner breit zur Schau gestellten selbstzerstörerischen Attitüde an den Rand einer Parodie vorbei.

Während Fuqua wie bereits in Training Day stilistisch mit einem passenden Score, einer dynamischen Kamera und gezielten Schnitten alles richtig macht, kann er sich den Schwächen des überkonstruierten Plots nicht entziehen. Am Ende bleibt Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest ein starbesetztes, aber nicht immer zwingendes Copdrama ohne tiefere Erkenntnisse. Epochemachende Vorbilder wie William Friedkins Brennpunkt Brooklyn bleiben unerreicht.

Gesetz der Straße - Brooklyn's Finest

Kaputte Cops, die auf dem schmalen Grad zwischen Gut und Böse wandeln. Das hat man in den letzten Jahren allzu oft gesehen. Zuletzt duellierten sich Edward Norton und Colin Farrell im klischeetriefenden Polizisten-Drama „Das Gesetz der Ehre“.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen