Geheime Staatsaffären

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Machtspiele

Eigentlich ist der Name bereits in seiner rotzfrechen Art und Weise, die Hauptfigur zu charakterisieren eine Frechheit – Jeanne Charmant-Killman. Im Ernst, welche Frau heißt so? Doch dem Altmeister Claude Chabrol kann man solche Offensichtlichkeiten eigentlich kaum krumm nehmen, zumal man förmlich das verschmitzte Augenzwinkern zu sehen glaubt. Okay, Monsieur Chabrol, wir wollen Ihnen das gerade noch einmal so durchgehen lassen. Zumal Geheime Staatsaffären / L’ivresse du pouvoir als Aufarbeitung des Elf-Aquitaine-Affäre ein subtiles Stück um die Machenschaften und die Verlockungen der Macht nicht nur französische, sondern durchaus allgemeingültige Missstände aufs Korn nimmt.
Die Untersuchungsrichterin, die den eingangs erwähnten sprechenden Namen trägt (Isabelle Huppert), ist bei ihren Kollegen in Paris für ihre Unerbittlichkeit und Bissigkeit bekannt, so dass sie hinter vorgehaltener Hand längst einen anderen Namen trägt – der Piranha. Und Biss braucht sie auch, denn Monsieur Humeau (Francois Berleand), Chef eines großen Industrieunternehmens, ist in undurchsichtige Geschäfte verwickelt, die mit den Tatbeständen Unterschlagung öffentlicher Gelder, Korruption und Veruntreuung einhergehen. Und Humeau hat einflussreiche Freunde und Komplizen, die alle Hebel in Bewegung setzen, um die energische Untersuchungsrichterin zu stoppen, selbst vor Sabotageakten schrecken Jeannes Gegner nicht zurück. Doch auch diese genießt Protektion auf höchster politischer Ebene und versteht es wie ihre Kontrahenten, die Mechaniken der Macht zu ihrem Vorteil auszunutzen. Ihre Ehe mit dem Arzt Philippe (Robin Renucci) aber schlittert während der aufreibenden Untersuchungen in eine ernsthafte Krise, so dass sie bald nur noch ihren Neffen Félix (Thomas Chabrol) als Vertrauensperson besitzt. Doch Jeanne lässt nicht locker, selbst als sie auf einen höheren Posten weg von den pikanten Untersuchungen der Affäre befördert wird, lässt der Piranha nicht los…

„Jegliche Ähnlichkeit mit bekannten Persönlichkeiten wäre, wie man sagt, unbeabsichtigt…“ bekennt Claude Chabrol zu Beginn seines Filmes, doch wer den Meister der Demaskierung der Lüste und Leidenschaften der Bourgeoisie kennt, wird unweigerlich über den Wortlaut des Satzes stolpern, der das Gegenteil von dem meint, was er aussagt. Deutlich angelehnt an die so genannte Elf-Aquitaine-Affäre, in deren Fallstricken sich beinahe auch der deutsche Ex-Kanzler Helmut Kohl verfangen hätte, analysiert Chabrol die geheimen Mechanismen, die den Staat bewegen und zeigt, welche Auswirkungen wirtschaftliche und politische Macht auf den Charakter von Menschen haben können – und zwar auf beiden Seiten des Gesetzes. Da sich der Regisseur aber nur in Grundzügen an der realen Affäre orientiert, gelingt ihm eine großartige Parabel, die als Blaupause nahezu aller Polit-Skandale der letzten zwanzig oder dreißig Jahre taugt. Das mag manche Kritiker enttäuschen, die Chabrol, dem große Moralisten, vorwerfen, nicht standhaft genug die Stellung zu beziehen gegen Amtsmissbrauch und Korruption. Und in gewisser Weise haben sie auch Recht. Doch was Chabrol letzten Endes zeigt, ist die Verführbarkeit jedes Einzelnen. Und damit gelingt ihm, so ist zu befürchten, eine ebenso brillante wie zutreffende Gesellschaftsanalyse. Schade nur, dass solche Filme derzeit nicht aus Deutschland kommen, denn aufzuarbeiten gäbe es auch hier wahrlich genug.

Geheime Staatsaffären

Eigentlich ist der Name bereits in seiner rotzfrechen Art und Weise, die Hauptfigur zu charakterisieren eine Frechheit – Jeanne Charmant-Killman. Im Ernst, welche Frau heißt so?
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Meinungen

Marzo · 14.03.2008

Kann meinem Vorredner nur zustimmen. Der Film ist total langweilig und einfach nur überflüssig, und Isabelle Huppert ist inzwischen wohl magersüchtig geworden!?!?

Gäst · 28.07.2007

Das ist der schwächste Chabrol-Film, den ich je gesehen habe. Auch Isabelle Huppert spielt hier für ihre Verhältnisse nur durchschnittlich.

JePc · 13.02.2007

Der Film ist vergleichbar mit einer langen Autofahrt auf der Rückbank eines Kleinwagens. Die amateurhaften Übergänge zwischen den springenden Szenen sollen den Film wahrscheinlich auflockern, wirken jedoch wie eine Raststätte an der Papi nicht anhält.
Es gelingt jedoch sehr gut den Stress in der Geschichte so auf den Zuschauer zu übertragen, dass man sich fragt ob es nicht entspannender wäre aufzustehen und zur Arbeit zu sprinten.

Ein anstrengender Film, da hilft auch der verklemmte Humor nichts.

nedia · 12.10.2006

Der Film ist langatmig, altbacken und nichtssagend. Ein Chabrol muß sich an seinen Meisterwerken wie "Eine Frauensache" oder "Die Phantome des Hutmachers" messen lassen, und da fragt man sich, was dieser Film hier überhaupt soll? Da können auch die guten Darsteller nichts retten.

Timo aus Berlin · 15.09.2006

Ich muss Thorde aus vollster Überzeugung zustimmen. Ich weiß nicht in welchem persönlichen Verhältnis Chabrol stehen muss, um diesem Film noch etwas Gutes abzugewinnen. Er ist in jedem Belang nicht nur langatmig und ohne jeden Überraschungsmoment, sondern auch einfach stumpf. Er erzählt eine Geschichte, die an sich nichts Neues beinhaltet und das dann auch noch auf langweiligste Art und Weise.
Ungelogen der schlechteste Film den ich in den letzten Jahren gesehen habe

ist doch gar nicht so übel · 31.07.2006

Das Problem bei dem Film ist, daß es sehr schwer fällt, der Story zu folgen und den roten Faden zu behalten, wenn man von den Hintergründen der Elf-Affäre nicht viel weiß (und das geht hier wohl den meisten so). Das macht den Film anstrengend, und zudem ist er zu lang geradten. Ansonsten ist er sehr gut gemacht, und die Darsteller sind allesamt hervorragend. Und wie die wie die großartige Huppert die aufgeblasenen Bonzen mit ihrer lässigen Arroganz auseinandernimmt, ist auf jeden Fall sehenswert.

Katharina · 27.07.2006

Fand den Filma unbedingt sehenswert. Außerdem spielte er ja (wenn auch nicht offiziell) auf die Elf-Aquitaine-Story in den 90er Jahren an, so dass er einen zusätzlichen interessanten Aspekt bekam. Ja, und dann die Schauspieler, allen voran Isabelle Huppert, waren doch auch super. Ich finde, Chabrol hat wieder einmal einen tollen Film gedreht.

gast · 22.07.2006

Isabelle Huppert ist wieder einmal grandios aber ohne sie wäre der Film überhaupt nicht sehenswert. Chabrol hat im Alter seinen Biß verloren.

Thorde · 15.07.2006

Nicht ganz,der Film heißt "L´Ivresse du pouvoir".Aber trotzdem bin ich der Meinung,dass auch Komödien einen Sinn haben sollten.Lustig sollten sie vor allem sein.Aber dem war leider überhaupt nicht so.

kuki · 16.07.2006

@Thorde: Der Film sollte ursprünglich "La Comedie Du Pouvoir" heißen, mußte dann aus urheberrechtlichen Gründen in "L'Ivresse Du Pouvoir" umgenannt werden.

kuki · 13.07.2006

Nanana, so schlecht ist der Film nun auch wieder nicht. Mir hat er jedenfalls gefallen udn auch de Rest des Publikums der Berlinale, das begeistert war, auch wenn es nicht der beste von Chabrol ist. Den Anspruch, ein ernsthafter Film über Politik zu sein, hat der Film überhaupt nicht, es ist eine Komödie, daher auch der ursprüngliche Titel (la comedie du pouvoir).

Thorde-aus-MS,NRW · 12.07.2006

Ich bin weder unterbelichtet,noch hasse ich ernste Filme oder Politik.Das ist aber auch egal,weil dieser Film weder mit Anspruch noch mit Ernsthaftigkeit in Verbindung geracht werden kann,geschweige denn mit Politik.Es ist ok,wenn man eine solche Geschichte an den Mann bringen will,aber den Zuschauer damit 2 Stunden zu Tode zu langweilen ist unnötig.Die Inszenierung war absolut lahm un einschläfernd.Null Spannung,öde Sprüche,
vorraussehbare Dialoge und "tragische" Momente,
die den Kinosaal wider Absicht zu großem Gelächter zwangen.
Und dass alle am Ende applaudierten,spricht nicht für den Film,denn alle waren froh,als er endlich vorbei war,denn am Ende war die Kritik der Zuschauer gefragt.Dies interessierte nicht jeden,deshalb hat die Hälfte der Menge schon nach 20 Minuten begonnen,
das Kino zu verlassen.
Diese Sneak Previews können manchmal echt enttäuschen.