Zwischen uns das Paradies

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Lebenswege in Bosnien

Auf den ersten Blick erscheint alles wie in einem ganz normalen Land. Luna (Zrinka Cvitešic) und Amar (Leon Lucev) sind ein ganz normales Paar, haben tolle Jobs – er ist Fluglotse, sie Stewardess -, sie sehen gut aus und genießen das Leben. Und dennoch: Irgendetwas stimmt nicht mit den beiden, zumindest nicht mit Amar. Denn dieser trinkt heimlich und wird für ein halbes Jahr suspendiert, als er alkoholisiert im Dienst erwischt wird. Es ist ein erster kleiner Kratzer in der nach außen perfekten Fassade. Noch schlimmer ist es für das Paar, dass es trotz aller Bemühungen nicht klappt mit der Schwangerschaft, obwohl sich beide sehnlichst ein Kind wünschen.
Dann trifft Amar bei einem Ausflug auf einen Bekannten aus früheren Tagen, mit dem er gemeinsam im jugoslawischen Bürgerkrieg gekämpft hat und der mittlerweile ein strenggläubiger Muslim geworden ist. Anfangs lächeln Luna und Amar und amüsieren sich über die Burka der Frau des Wahhabiten. Doch dann bekommt Amar von seinem Freund aus Kriegszeiten einen Job in einem Camp dessen muslimischer Gemeinschaft an einem See angeboten und unterweist dort, getrennt von Luna, die Kinder der Gruppe. Unter dem Einfluss der Wahhabiten verändert sich Amar, was auch Luna nicht verborgen bleibt. Plötzlich vertritt ihr Freund seltsame Ansichten, verweigert den Sex mit ihr, solange sie nicht nach islamischem Recht getraut sind und stellt sein Leben radikal um – angeblich weil er ein besserer Mensch werden will. Doch will und kann Luna mit diesem völlig veränderten Mann wirklich zusammenleben? Die junge Frau muss sich entscheiden, ob sie bereit ist, für die Liebe alles und vor allem sich selbst aufzugeben …

In gewisser Weise bildet Jasmila Žbanićs neuer Film Zwischen uns das Paradies/ Na Putu den größtmöglichen Kontrast zu dem ebenfalls im Berlinale-Wettbewerb befindlichen Shahada. Zwar handeln beide Film von den Lebenswegen und den Schwierigkeiten junger Muslime in Europa, doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon. Žbanić beschränkt ihre Sicht auf ein einziges Paar und erzählt in klaren und einprägsamen Bildern von ihrem Thema. Hier sind es die kleinen, ganz alltäglichen und – auch die herausragenden Schauspieler – überaus glaubwürdigen Probleme der Personen, die das leise, aber ungeheuer intensive Drama vorantreiben.

Mit sparsamem, aber höchst effizientem Musikeinsatz vertraut Žbanić ganz auf die exemplarische Kraft ihres Drehbuchs. Und sie tut gut daran, nicht alles zu thematisieren und ins Bild zu rücken. Von den Verletzungen, die der Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegovina angerichtet hat, bekommen wir allenfalls am Rande eine Ahnung. Doch dies genügt vollkommen, um die Figuren glaubwürdig und authentisch erscheinen zu lassen. Vor allem aber berühren sie uns, insbesondere Luna, deren schlussendliche Entscheidung auch ein Fanal an junge Musliminnen sein soll, sich nicht einfach den Regeln der Religion unterzuordnen, sondern für ihre Freiheit und ihren Lebensstil zu kämpfen. In Zeiten wie diesen, in denen sich die Fronten zwischen den Religionen zu verhärten drohen und damit radikale Strömungen Zulauf bekommen, ist dies eine ebenso einfache wie dringend nötige Botschaft.

Zwischen uns das Paradies

Auf den ersten Blick erscheint alles wie in einem ganz normalen Land. Luna (Zrinka Cvitešic) und Amar (Leon Lucev) sind ein ganz normales Paar, haben tolle Jobs – er ist Fluglotse, sie Stewardess -, sie sehen gut aus und genießen das Leben. Und dennoch: Irgendetwas stimmt nicht mit den beiden, zumindest nicht mit Amar. Denn dieser trinkt heimlich und wird für ein halbes Jahr suspendiert, als er alkoholisiert im Dienst erwischt wird. Es ist ein erster kleiner Kratzer in der nach außen perfekten Fassade.
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