Zodiac – Die Spur des Killers

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Hetzjagd ohne Happy End

In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren wurde die Gegend um San Francisco von einer Mordserie erschüttert, die vor allem deshalb großes Aufsehen erregte, weil der Mörder den Kontakt zur Öffentlichkeit förmlich suchte. Der Zodiac, wie sich der Täter selbst nannte, sandte Briefe und codierte Botschaften an die örtliche Presse, in denen er grauenerregende Details nannte und weitere Morde ankündigte. Der Mörder, den ein Überlebender als schwarz gekleidete Gestalt mit einer Art Henkerskapuze und einem stilisierten Zeichen in der Art eines Keltenkreuzes beschrieb, zelebrierte das Spiel mit der Macht und genoss es, Angst und Schrecken zu verbreiten: „… Ich werde in Zukunft nicht mehr ankündigen, wann ich meine Morde begehen, sie werden wie normale Raubüberfälle aussehen, wie Totschlag im Affekt oder auch wie vorgetäuschte Unfälle usw….“ Dann wieder kündigte er an, Schulkinder ins Visier nehmen zu wollen, was in der Öffentlichkeit zu panikartigen Reaktionen führte.

Auch David Fincher, geboren 1962 und zum Zeitpunkt des ersten Mordes, zu dem sich Zodiac bekannte, gerade einmal sieben Jahre alt, wuchs im Schatten des unheimlichen Killers auf und war ebenso wie seine Klassenkameraden in Marin County nahe San Francisco fasziniert wie abgestoßen von den Nachrichten, Gerüchten und Warnungen, die in jener Zeit umherspukten. Und vielleicht erklärt das ja Finchers Interesse an dem Fall und seine sehr spezielle Herangehensweise an diesen Film.

Im Mittelpunkt von Finchers Verfilmung der Ereignisse steht der junge Karikaturist Robert Graysmith (Jake Gyllenhaal), der zur Zeit der Morde für den San Francisco Chronicle arbeitete und der zunächst nicht mit den Ermittlungen und journalistischen Nachforschungen im Fall des Zodiac-Killers zu tun hatte. Doch Graysmith kann sich der Faszination des Killers mit den bizarren Botschaften nicht entziehen, immer wieder sucht er die Nähe zu Paul Avery (Robert Downey jr.), der beim Chronicle als Starreporter für die Kriminalfälle zuständig ist, ein ebenso charmanter wie abgebrühter Journalist. Immer wieder kreuzen sich die Wege von Graysmith und Avery mit denen der beiden Detectives Dave Toschi (Mark Ruffalo) und William Armstrong (Anthony Edwards), die bemüht sind, die über verschiedene Gebiete verstreuten Morde und Zuständigkeiten wie in einem Puzzle zusammenzuführen. Doch während sie alle fieberhaft nach Spuren, Indizien und möglichen Verdächtigen suchen, ist der Killer, der bislang nur in der Bay Area mordete, längst in San Francisco selbst angekommen. Und selbst als die Morde eines Tages einfach aufhören und Avery und Armstrong resignieren, kann Graysmith einfach nicht damit aufhören, jeder nur erdenklichen Spur nachzugehen – er ist förmlich besessen von der Jagd auf den Mörder und auch Toschi kommt nicht zur Ruhe…

David Finchers neuer Film Zodiac – Die Spur des Killers / Zodiac nach den Aufzeichnungen des realen Robert Graysmith, der zwei Bücher über den Zodiac-Killer verfasste, wird all diejenigen enttäuschen, die sich vom Regisseur von Filmen wie Se7en, Fight Club oder The Game eine nahtlose Fortsetzung seiner Arbeiten erwartet haben. Am deutlichsten ist dies vielleicht in den Bildern zu spüren, die dann und wann aufblitzen lassen, welche bildnerischen Möglichkeiten in den Geschichte um einen der berüchtigtsten Serienmörder gesteckt hätten. Rasende Montagen der Codes und ineinander verschwimmende Buchstaben, wenn Robert Graysmith die Akten wälzt, oder Autofahrten aus der Vogelperspektive sind aber eher die Ausnahme und bilden Inseln der Vertrautheit in einem ansonsten sehr zurückhaltend gestalteten Film, der weitgehend auf Gewaltdarstellungen verzichtet und sich stattdessen auf den Verlauf der Ermittlungen aus der Sicht der Verfolger des Killers und anderer Beteiligter konzentriert.

Der Gang der Geschichte und die Auswirkungen auf die Beteiligten erinnern beinahe an Friedrich Dürrenmatts Buch Das Versprechen, das der Autor selbst als ein „Requiem auf den Kriminalroman“ bezeichnete. Hier wie dort bleibt das Verbrechen zunächst unaufgeklärt (Hierin unterscheidet sich Dürrenmatts Romanvorlage von der späteren Verfilmung mit dem Titel Es geschah am hellichten Tag) und bestimmt das Schicksal des Ermittlers. Ausgehend von dieser Ähnlichkeit kann man Zodiac – Die Spur des Killers wohl als „Requiem auf den Thriller“ bezeichnen. Die historische Wahrheit über den Fall des Serienmörders aus San Francisco wird jedenfalls nicht auf dem Altar der Genre-Konventionen geopfert, und das ist ohne Zweifel mutig und verdient Respekt. Wirklich berühren aber kann Fincher mit dieser Thriller-Dekonstruktion nur in wenigen Momenten — aber vielleicht war gerade das auch nicht sein Ziel. Trotzdem: Der Eindruck bleibt höchst ambivalent.

Vielleicht wird sich auch der Fall des Zodiac-Killers eines Tages per Zufall aufklären, indem neue Beweise auftauchen oder wie bei Dürrenmatt eine Beichte auf dem Sterbebett erfolgt. Ob das den Seelenfrieden von Robert Graysmith, Detective David Toschi und all den Hinterbliebenen der Mordopfer wiederherstellen wird, ist allerdings zweifelhaft, zu tief sind die Wunden und Narben einer Jahrzehnte langen Hetzjagd ohne Happy End.
 

Zodiac – Die Spur des Killers

In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren wurde die Gegend um San Francisco von einer Mordserie erschüttert, die vor allem deshalb großes Aufsehen erregte, weil der Mörder den Kontakt zur Öffentlichkeit förmlich suchte.

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Meinungen

jackson · 10.08.2007

bester serienkillerfilm ever.

Pilaf · 03.06.2007

Anstatt mit ansteigender Spannung aufzuwarten, verläuft der Film doch sehr im Stil eines Antiklimax. Leider. Tendenzen zum Spannungsaufbau sind vorhanden, werden aber durch zu detailreiche, langatmige und teils unnötige Dialoge abgetötet.

rotekatze · 01.06.2007

Hab mehr erwartet. Ziemlich langatmig mit einem etwas nervigen Hauptdarsteller.