What Happiness Is

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Streben nach dem Bruttonationalglück

Nicht Gold, nicht Erdöl oder sonst ein Rohstoff ist es, was die Welt am Laufen hält, sondern etwas ganz Anderes, Unfassbares, nach dem doch jeder strebt. Glück braucht der Mensch, weiß der Volksmund, „viel Glück“ wünschen wir Anderen und vor allem uns selbst und am Ende des Lebens sollen wir bitteschön möglichst viel Glück und glückliche Momente angesammelt haben. Die amerikanische Verfassung kennt den „pursuit of happiness“ und garantiert das Streben nach Glück als eines der Grundrechte der Menschen (und tritt genau dieses Grundrecht andauernd mit Füßen). Viel besser haben es da die Menschen im Königreich Bhutan, einem Staat mitten im Himalaya, der sich nach vielen Jahren der Abschottung nun nur zögerlich dem so genannten Fortschritt öffnet und dabei einen ganz neuen Weg zu gehen versucht. Hier kümmert sich die Regierung nicht um die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts, stattdessen geht es um die Anhebung des Bruttonationalglücks – und die Regierung des Landes nimmt diese Aufgabe verdammt ernst. Denn Glück ist kein Produkt des Zufalls, sondern das Ergebnis harter Arbeit. Und um das hehre Ziel zu erreichen, bedarf es erst einmal eingehender Befragungen.
In What Happiness Is – Auf der Suche nach dem Glück spürt der österreichische Filmemacher Harald Friedl dem staatlich gewollten Streben nach Glück nach. Mit der Kamera begleitet er die Interviewer des Ministeriums für Glück bei ihren Interviews, die auf einem umfangreichen Fragebogen beruhen, der dazu dient, den aktuellen Stand des Fortschritts in Sachen Glück zu ermitteln. Insgesamt umfasst die Befragung knapp 250 Fragen, die durch detailliertes Nachfassen ergänzt werden. Abgedeckt werden Wünsche und Sehnsüchte sowie das Privatleben der Menschen, aber auch Fragen zur Infrastruktur, zu Spiritualität und zu psychologischen Aspekten und überhaupt zum Leben und den Einstellungen der Menschen — rund 7000 sollen repräsentativ Auskunft geben über den aktuellen Status quo in Sachen Glück. Aus westlicher Sicht wirken die Fragen ungewohnt insistierend und gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Ausspähaktionen verschiedener Geheimdienste geradezu gefährlich, doch anscheinend ist das der Preis für das Glück, das wie die Sicherheit nicht umsonst zu haben ist.

Überhaupt merkt man bei Friedls Film, wie sehr das Glück und die generelle Einstellung zum Leben geprägt sind von der Kultur, der Umgebung und den Erfahrungen mit den Errungenschaften der Zivilisation. An einer Stelle etwa äußert eine Frau, die in einer einsamen Gegend im Himalaya lebt, sinngemäß, sie sei glücklich über den Handymast in ihrer Nähe, weil dieser ihr die Kommunikation mit der Außenwelt ermögliche. Nun mag manch einer hierzulande über so viel vermeintliche oder tatsächliche Naivität lächeln oder sich über die Unwissenheit der Gefahren beschweren. Andererseits aber machen Szenen wie diese deutlich, wie unterschiedlich man – je nach eigener Lage – Segnungen des alltäglichen Lebens betrachten kann. Schon allein deshalb mutet das Land im Himalaya zwar teilweise wie eine Insel der Glückseligkeit an, hat aber für das Glücksstreben und die manchmal schon leicht manische Suche nach dem Zustand völliger Zufriedenheit zivilisationsgeplagter Europäer, Amerikaner und Japaner nur eine sehr begrenzte Aussagekraft. In Thimpu gibt es weder McDonald’s noch Starbucks, doch es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis auch hier der Fortschritt und das Wachstum Einzug halten werden. Und damit, so legt es der Film nahe, wird sich auch das Leben und das (Glücks)Empfinden der Bevölkerung massiv verändern – wie man vermuten muss, wird dies kaum zum Besseren sein.

Dennoch taugt die Situation in Bhutan zumindest als Denkanstoß zum Vorbild: Die Berechnung der Gross National Happiness fußt auf vier Säulen, sie lauten „konstante und gerechte Wirtschaft“, „Umweltschutz“, eine „gute Regierung“ und „Schutz und Unterstützung kultureller Werte“. Eine ehrliche Neuorientierung an diesen vier Faktoren würde zwar auch bei uns nicht alle Probleme aus der Welt schaffen. Aber sie wäre zumindest ein erster und wichtiger Schritt.

What Happiness Is

Nicht Gold, nicht Erdöl oder sonst ein Rohstoff ist es, was die Welt am Laufen hält, sondern etwas ganz Anderes, Unfassbares, nach dem doch jeder strebt. Glück braucht der Mensch, weiß der Volksmund, „viel Glück“ wünschen wir Anderen und vor allem uns selbst und am Ende des Lebens sollen wir bitteschön möglichst viel Glück gehabt haben. Die amerikanische Verfassung kennt den „pursuit of happiness“ und garantiert das Streben nach Glück als eines der Grundrechte der Menschen (und tritt genau dieses Grundrecht andauernd mit Füßen).
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Meinungen

Traveldoc Lutz · 11.08.2013

Als reisebegleitender Arzt komme ich in solch entlegene Gebiete Asiens - im Nov. 2013 auch nach Bhutan. Eigentlich sind die Lebensbedingungen ähnlich wie in Tibet, Ladakh oder Kaschmir oder Myanmar. Hätte mir gewünscht, dass nicht nur Interviews mit Untertiteln gezeigt werden, sondern auch etwas vom Ambiente des Glücklichseins: Die grandiose Heimat, die Berge, das Tigernest.
Vieles in diesem Film erinnert mich an meine Kindheit, als es noch kaum Tel. oder Waschmaschienen oder asphalt. Straßen gab. Auch in Bhutan wird das Wasser den Berg hinunter fließen, d.h. die sog. Zivilisation wird Besitz ergreifen. Dann ist es mit dem Glück wie bei uns. PS: Sehen Sie mal den Menschen und den Kindern in die Augen in der sog. 3. Welt: Sehen Sie unglückliche Menschen ? Sehen Sie soviele unzufriedene Gesichter (wie bei uns)? Glück ist eine Aufgabe, die jeder für sich hart erarbeiten muß mit den Bausteinen der Arbeit, Verantwortung, Pflicht, Achtung, Selbstachtung, Toleranz, Demut und des sozialen Einbringens. j.b.Lutz