Wann endlich küsst du mich? (2016)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Familienaufstellung mit ordentlicher Coming-of-age-Beilage

Eine muntere Familienaufstellung mit ordentlicher Coming-of-age-Beilage versprechen schon die ersten Bilder und Szenen von Julia Ziesches Debütfilm Wann endlich küsst du mich?, doch statt perlendem Witz und tieferen Erkenntnissen über die ganz besonderen Verbindungen zwischen Müttern und Töchtern herrscht in der trägen Komödie recht viel Biedersinn und Langeweile vor. Von einem Kinostart/-besuch ist in diesem Falle eher abzuraten, im Fernsehen hingegen – zumal im Dritten wegen des starken baden-württembergischen Regionalbezugs – scheint die kreuzbrave Familienkomödie genau richtig aufgehoben.

Die Schauspielerin Doris (Olivia Grigolli) ist 48 Jahre alt und startet gerade mit ihrer Karriere richtig durch, weil sie nun endlich die Chance hat, die Hauptrolle in einer Fernsehserie zu ergattern – praktischerweise entstammt das Werk der Feder ihres Mannes (Alex Brendemühl). Dann aber erfährt sie, dass sie – ausgerechnet jetzt und in ihrem Alter – ein Kind erwartet, das alle neuen Pläne und Perspektiven auf einen Schlag zunichtemachen würde. Doch es geht nicht nur in ihrem eigenen Leben, sondern auch in dem ihrer beiden Töchter Mascha (Marie Rosa Tietjen) und Viola (Luise von Finckh) drunter und drüber. Während erstere gerade mit ihrer Magisterarbeit hadert und sich überdies von ihrem Freund getrennt hat (warum gleich noch mal?), widerfährt der 16-jährigen Viola etwas ganz Ähnliches wie ihrer Mutter – auch sie ist schwanger. Und wie ihre Mutter, gegen die sie natürlich heftig pubertär revoltiert, so ist auch für sie diese Schwangerschaft zur „Unzeit“; ist eine der beiden Frauen zu alt, erscheint die andere mit ihren 16 Jahren zu jung. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht werden hier zweieinhalb Frauengenerationen exemplarisch nebeneinander platziert – und erschiene das nicht schon konstruiert genug, spielt auch Doris’ Mutter (Marlen Diekhoff) eine weitere Rolle in dem sich nun entspinnenden Reigen, in dem Doris vor allem eines lernen muss – loszulassen.

Abgesehen von der reichlich konstruiert wirkenden Prämisse der Geschichte besitzt Wann endlich küsst du mich? sowieso ein eher beschränktes Konfliktpotenzial: Abgesehen von den üblichen Kabbeleien zwischen Müttern und Töchtern (die Väter spart der Film gnädig oder fahrlässig – je nach Sichtweise – aus) verfügt keine der Figuren über irgendeine Fallhöhe, die dazu angetan wäre, Anknüpfungspunkte für eine Parteinahme seitens des Publikums zu bieten. Und so quälen sich die Darsteller_innen sichtlich bemüht durch ein zähes Skript und Dialoge, die wie eine endlose Aneinanderreihung von bemühten Plattitüden aus der liberal-bürgerlichen Vorort-Spießerhölle wirken. Auch der Szenenaufbau und die Auflösungen, die oftmals eher theatral als filmisch anmuten, sind dazu angetan, den bemüht flotten Erzählfluss. der zudem von der penetrant heiteren Filmmusik begleitet wird, zu verlangsamen. Dies alles wirkt freilich so bemüht und verkrampft, dass sich kaum je weder Tiefgründigkeit noch zumindest einigermaßen gelungene Unterhaltung einstellen mag.

Immerhin aber finden zumindest Kamera und Schnitt in manchen Szenen überraschende Lösungen und Übergänge für die verfahrenen Szenen. Dies und die gelegentlichen Einschübe von Frontalaufnahmen, die wie ein Kommentar zur starren Dynamik der sich im Film entwickelnden Figurenkonstellation erscheinen, lassen zumindest ein klein wenig Spannung und ein minimales Vergnügen durchschimmern, das der Film aber insgesamt niemals einlöst, sondern immer nur als kurzen Hoffnungsschimmer aufblitzen lässt.
 

Wann endlich küsst du mich? (2016)

Eine muntere Familienaufstellung mit ordentlicher Coming-of-age-Beilage versprechen schon die ersten Bilder und Szenen von Julia Ziesches Debütfilm „Wann endlich küsst du mich?“, doch statt perlendem Witz und tieferen Erkenntnissen über die ganz besonderen Verbindungen zwischen Müttern und Töchtern herrscht in der trägen Komödie recht viel Biedersinn und Langeweile vor.

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