Verónica – Spiel mit dem Teufel (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Der Poltergeist im Hexenbrett

Vor zehn Jahren reüssierte Paco Plaza gemeinsam mit Koregisseur und -autor Jaume Balagueró mit dem fahrigen Found-Footage-Horror [Rec]. In Verónica – Spiel mit dem Teufel geht es deutlich gemächlicher zu. Um (vermeintliche) Authentizität ist aber auch dieser Spuk mit der grandiosen Debütantin Sandra Escacena bemüht.

Madrid, 15. Juni 1991, 1.35 Uhr: Sirenen im prasselnden Regen. Das Blaulicht erhellt die Nacht. Die Kamera klebt dicht am Reifen des Einsatzfahrzeugs, dem ein paar Straßenzüge weiter ein Inspektor im beigefarbenen Trenchcoat, die Zigarette zwischen den Mundwinkeln, entsteigt. Wäre dieser Film nicht vom Start weg klar in Spanien verortet, er könnte auch in New York City oder Chicago spielen, so wie Paco Plaza die Exposition gestaltet. Welch schauerlicher Anblick sich den Beamten am Tatort bietet, enthält uns der Regisseur vor. Nach einem Hinweis, dass Verónica auf einem Polizeibericht basiere, blendet Plaza drei Tage zurück. Der Countdown beginnt.

Madrid, 12. Juni: Verónica (Sandra Escacena) entsteigt ihrem Bett mit einem tiefen Gähnen, das Chuck Namaneras Musik zu einem Schrei verzerrt. In der Wohnung herrscht Gewusel, weil die Jugendliche nicht nur selbst zur Schule, sondern auch ihre drei jüngeren Geschwister dorthin bringen muss. Ihre Mutter Ana (Anna Torrent) ist die meiste Zeit abwesend, ihr Vater vor Kurzem gestorben. Bereits in diesen ersten Szenen beweist Paco Plaza sein Talent fürs Zwischenmenschliche und ein beachtliches Gespür für Zeitkolorit. Mutters kleine Bar um die Ecke, ein Fußballspiel im Fernsehen und die Héroes del Silenceio auf den Ohren genügen, um die Aufbruchstimmung zu Beginn des neuen Jahrzehnts aufleben zu lassen. Doch während ihre Mitschülerinnen Rosa (Ángela Fabián) und Diana (Carla Campra) hoffnungsfroh in die Zukunft blicken, ist Verónica hoffnungslos auf die Vergangenheit fixiert. Mit einem Hexenbrett beschwört sie im Keller ihrer Schule den Geist ihres Vaters herauf – und das ausgerechnet während einer Sonnenfinsternis! Dass Nonnen diese Lehranstalt leiten, versteht sich bei dieser Konstellation von selbst.

Klingt dick aufgetragen, ist aber erstaunlich leicht verdaulich – zumindest, wenn man den Spuk nicht allzu ernst nimmt. Schon der Einstieg mit seinen Anleihen an den US-amerikanischen Polizeifilm deutet an, dass es Paco Plaza und seinem Koautor Fernando Navarro mehr auf munteres Zitieren denn auf müdes Zittern ankommt. Eine blinde Nonne aus dem Genrebaukasten, Innenhöfe in Kreuzform, Verónicas geradezu naiver Glaube an billige Okkultheftchen vom Kiosk und ein Monster, das die Wohnung mal wie Nosferatus Schatten, mal wie der Poltergeist heimsucht, zaubern dann auch eher ein Schmunzeln als einen Angstschrei auf des Zuschauers Lippen. Plaza und Navarro spielen den Horror allerdings konsequent bis zum bitteren Ende durch, was einer gewissen unfreiwilligen Komik ab und an nicht entbehrt.

Handwerklich ist Plazas Streifen ein weiterer Beweis, wie hoch das Niveau des spanischen Genrekinos ist. Verónica ist nicht nur exzellent ausgestattet und anzusehn, Plaza wartet auch mit einigen ausgefallenen visuellen Spielereien auf, etwa wenn die Protagonistin sich selbst auf der Straße begegnet, während sich die Welt um sie verkehrt herum dreht. Debütantin Sandra Escacena verkörpert diese verirrte Jugendliche mit so viel Geschlossenheit, dass der Film zusammenhält, egal wie oft er unterwegs auseinanderzubrechen droht.
 

Verónica – Spiel mit dem Teufel (2017)

Vor zehn Jahren reüssierte Paco Plaza gemeinsam mit Koregisseur und -autor Jaume Balagueró mit dem fahrigen Found-Footage-Horror „[Rec]“. In „Verónica – Spiel mit dem Teufel“ geht es deutlich gemächlicher zu. Um (vermeintliche) Authentizität ist aber auch dieser Spuk mit der grandiosen Debütantin Sandra Escacena bemüht.

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