Traders’ Dreams – Eine Reise in die eBay-Welt

Eine Filmkritik von Tomasz Kurianowicz

Im virtuellen Raum des globalisierten Handels

Selbst der hartnäckigste Realitätsverweigerer wird zugeben müssen, dass wir in einer globalisierten Welt leben. Die rasanten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt dulden nichts Langsames und Verträumtes, also gilt der gut gemeinte Rat, sich den digitalen Herausforderungen zu stellen. Der Einkauf um die Ecke wird bald nur noch in Opas Erzählungen stattfinden und Briefeschreiben, na ja, ist schon heute ein Relikt aus vergangener Zeit. Auch die Welt des Konsums hat sich verändert. Sie ist verspielter geworden, und damit verführerischer. Wenn der Rubel ins Rollen kommt, sind der globalen Shoppingparty keine Grenzen gesetzt. Eine australische Damenhandtasche aus Brasilien gefällig? Kein Problem. Ebay macht’s möglich.
Die Filmemacher Marcus Vetter und Stefan Tolz haben sich in ihrem Traders’ Dreams – Eine Reise in die eBay-Welt vor die Aufgabe gestellt, das multinational agierende Unternehmen „Ebay“ zu durchleuchten. Mit 150 Millionen Nutzern hat sich die Einkaufsplattform im Internet innerhalb kürzester Zeit einen bedeutenden Namen gemacht, der mittlerweile großes Geld erwirtschaftet. Die Klientel setzt sich aus unterschiedlichen Schichten und Altersstufen zusammen, was den Beweis anbringt, dass der Einkauf im Internet kein Privileg junger Internetnutzer, sondern ein Privileg aller geworden ist.

Der Film zeigt Episoden aus verschiedenen Kontinenten und Menschen unterschiedlichster Herkunft, die sich mit dem Phänomen Ebay befassen. In einem mexikanischen Dorf versuchen engagierte Künstler ihre mühevoll erarbeiteten Objekte zu versteigern, um sich von den geringen Margen der Händler zu emanzipieren. Im sächsischen Borna entdeckt ein arbeitsloser Familienvater im Internetkaufhaus Ebay das Potenzial, sich aus seiner Misere endlich zu befreien. Schottische Rentner und Cowboys aus den Südstaaten erzählen voller Begeisterung von ihren revolutionären Erfahrungen mit der Plattform. Schon hier wird der erste Mangel spürbar: Es sind zu viele Geschichten, die der Film zusammenzuführen versucht. Erst nach einer halben Stunde beginnt man zu verstehen, welchen Weg die Regisseure verfolgen. Mit der Kamera werden überraschend zurückhaltend die Positionen von Ebaynutzern, –machern und –konkurrenten eingefangen, was allerdings auf eine Botschaft zu verzichten heißt. Durch die Distanz wird gleichsam der Anspruch aufgegeben, die Mechanismen und Strukturen globaler Wirtschaftspolitik zu destruieren. Wenn die alljährliche Ebay-Live-Party eingefangen wird, auf der Nutzer aus der ganzen Welt fast sektenhaft ihren Lieblingskonzern feiern, dann wünscht man sich mehr subversive Hinweise, die das kritische Denken in Gang setzen. Wenn Nutzer ihrer Ebay-Plattform huldigen, spielen die Regisseure ganz unauffällig dem Umfeld angepasste Musik ein. Das sind jene unmotivierten Handgriffe, die störend wirken und ratlos erscheinen. Traders’ Dreams – Eine Reise in die eBay-Welt hätte sich total verrannt, wenn da nicht der Familienvater aus Borna wäre, der das Aufbäumen eines Mannes vergangener Tage repräsentiert. Anfangs noch fasziniert von der Internetidee, eröffnet er zusammen mit seiner Familie einen Ebay-Shop und versucht sich mit dem Verkauf von Produkten aus der Region. Am Ende steht er mit seinem Scheitern für das zweite Gesicht dieser Ebay-Welt, die mit bunten Lettern und vermeintlich spielerisch in Gewinner- und Verlierertypen selektiert.

Traders’ Dreams – Eine Reise in die eBay-Welt

Selbst der hartnäckigste Realitätsverweigerer wird zugeben müssen, dass wir in einer globalisierten Welt leben.
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Meinungen

· 22.06.2007

super Film, gesehen in der Filmpreview in München!