The Fighter (2010)

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Boxen fürs Familienglück

Am 18. Juli 1978 verliert der Boxer Richard „Dicky“ Eklund (Christian Bale) gegen Sugar Ray Leonard (Sugar Ray Leonard), den Sieger der Olympischen Spiele von 1976, nach Punkten. Dennoch ist Eklund an diesem Abend der moralische Sieger. Und trotz Niederlage ist es der Höhepunkt von Eklunds Boxkarriere. Es folgt der heftige Fall eines einstmals hoffnungsvollen Sporttalents: Crack, Überfälle, Haftstrafen. Genau zu dieser Zeit setzt David O. Russells Spielfilm The Fighter ein.

Ein Fernsehteam von HBO will einen Dokumentarfilm über Dicky drehen. Er ist überzeugt, dass es ein Film über sein Comeback werden soll. Aber das Werk — das den Titel High on Crack Street: Lost Lives in Lowell tragen wird und 1995 wirklich ausgestrahlt worden ist — hat nur seine Drogensucht im Visier. Dabei glaubt Dicky wirklich an seine Rückkehr in den Profisport. Zuerst will er seinen talentierten Halbbruder Micky Ward (Mark Wahlberg) als Trainer zum Weltmeistertitel bringen, und damit dann die langersehnte Revanche gegen Sugar Ray herbeiführen. Unterstützt wird er bei diesem absurden Plan von seiner erfolgssüchtigen und kettenrauchenden Mutter Alice (Melissa Leo).

The Fighter bedient sich auf den ersten Blick der klassischen Mittel des Boxerfilms und Biopics. Allerdings ruht sich Regisseur O. Russell mit seiner ruhigen und bedachten Inszenierung nicht auf den üblichen Genre-Etiketten „historisch akkurat“ und „basierend auf einer wahren Geschichte“ aus. Die wesentliche Stärke dieses Films liegt in seiner erzählerischen Ausgewogenheit. The Fighter wirft einen präzisen Blick auf die innerfamiliären Verhältnisse dieser beiden Boxerbrüder. So steht Micky ständig im Schatten seines Halbbruders. Er wird vernachlässigt, nicht ernstgenommen und seine neue Freundin (Amy Adams) nicht akzeptiert. Es fällt ihm schwer sich von Dicky zu lösen, auch wenn der mit seinen Drogeneskapaden Mickys Erfolg im Wege steht.

David O. Russell hat ein feines Gespür für diese Konflikte einer vollkommen dysfunktionalen Familie. Keine Figur wird denunziert, keine fallengelassen und das, obwohl es sehr verführerisch wäre, nur die Geschichte von Micky oder die von Dicky zu erzählen. Damit wirft das Werk auch einen genauen Blick in ein gewisses Milieu der amerikanischen Gesellschaft, das im Kino erst letztens von Ben Affleck in The Town und natürlich auch von Clint Eastwood in Million Dollar Baby und Gran Torino beleuchtet wurde. An letzteren erinnern dann auch die klaren und entsättigten Bilder, die O. Russells Kameramann Hoyte Van Hoytema einfängt.

Natürlich ist The Fighter weit entwerft von der Klasse eines Boxfilms wie Martin Scorseses Wie ein wilder Stier. Dazu ist er zu brav und zu sehr darauf bedacht möglichst viel Authentizität zu erzeugen. Immer wieder werden Originalaufnahmen von Dicky Eklunds und Micky Wards Kämpfen gezeigt. Und wenn der Film dann in den Ring steigt, werden die klaren Bilder durch leicht flackernde, grobkörnige Fernsehaufnahmen abgelöst. Das ist nicht wirklich innovativ, soll aber eine Unmittelbarkeit suggerieren, die der Film eigentlich nicht nötig hat.

Davon abgesehen ist The Fighter ein großartiger Schauspielerfilm geworden. Christian Bale ist dabei sicherlich die eindrücklichste Leistung gelungen. Stark abgemagert, mit tiefen und dunklen Augenhöhlen, spielt er den Drogenabhängigen Dicky mit angenehmer Zurückhaltung. Dadurch kann auch Mark Wahlberg, dessen Figur sich erst langsam entwickelt, überzeugen. Gleiches gilt für Amy Adams. Die wirkliche Überraschung ist allerdings Melissa Leos Verkörperung eines wahren Muttermonsters. Es ist beeindruckend wie sie das Gleichgewicht zwischen Besessenheit und Hoffnungslosigkeit hält, ohne dabei ins Chargieren zu verfallen.

Am Ende ist es aber der angenehm unpathetische Ton, der The Fighter zu einem wirklich sehenswerten Film macht. Der Zwang während des Abspanns dann doch noch mal den tatsachenbasierten Charakter zu betonen — und damit die Pathosschiene zu bedienen — ist unnötig, aber der Handschrift der Produzenten geschuldet. Die Weinsteins machen nunmal Siegerkino. Filme, die vor allem bei den Oscars abräumen sollen. Im Falle von Christian Bale und Melissa Leo wird sich das wohl bewahrheiten. In diesem Sinne sind die Weinsteins sicherlich so etwas wie die erfolgreichsten Boxtrainer unter den Filmproduzenten. The Fighter ist vielleicht nicht das ultimative Schwergewicht dieser Trainerkarriere, ein solider Mittelklasse-Champion ist er allemal.
 

The Fighter (2010)

Am 18. Juli 1978 verliert der Boxer Richard „Dicky“ Eklund (Christian Bale) gegen Sugar Ray Leonard (Sugar Ray Leonard), den Sieger der Olympischen Spiele von 1976, nach Punkten. Dennoch ist Eklund an diesem Abend der moralische Sieger. Und trotz Niederlage ist es der Höhepunkt von Eklunds Boxkarriere.

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Meinungen

BMG Feger Metzingen · 08.06.2011

Klasse Verfilmung des noch lebenden Boxers. Zeigt so richtig die Amerikanische Vorstadtfamilie... Große Schauspieler ***** Auch beim 2.Mal Sehenswert