The Exchange

Eine Filmkritik von Festivalkritik Venedig 2011 von Patrick Wellinski

Horror Vacui

Was kann man machen, wenn man bereits mit seinem Erstling einen großen Erfolg gelandet hat und alle nun mit Spannung das zweite – noch bessere – Werk erwarten? Eran Kolirin hatte mit Die Band von nebenan einen wundervoll komischen und herzerwärmenden Film über die kulturellen Differenzen im Nahen Osten gedreht und sich so einen Namen in der Welt des Kinos gemacht. The Exchange heißt sein zweiter Film und der ist ihm leider kräftig misslungen.
Kolirin folgt hier dem Physikprofessor Oded (Dov Navon) in Israel, der ein unaufgeregtes Leben zwischen Haus mit Ehefrau und seiner Arbeit führt. Einmal kommt er während einer Pause bereits am Nachmittag in seine Wohnung zurück und erlebt einen existenziellen Schock, als er sein Leben aus einer ganz anderen Perspektive sieht.

Der Schlüsselsatz hier lautet: „Komisch, nachmittags sieht die Wohnung ja ganz anders aus.“ Das ist der Ausgangspunkt, das Konzept und auch die große Schwäche dieses Films. Oded beginnt die Arbeit zu schwänzen und betrachtet — quasi von außen – sein Leben, während seiner eigenen Abwesenheit. Er sieht wie seine Frau im Bett schläft, wie die Nachbarn mit dem Fahrstuhl fahren und was sich auf der Straße abspielt – dabei wird er schon kurze Zeit später von einem Nachbarn erwischt, der sich aber auch als äußerst gestört erweist. So empfindet dieser Zwangsneurotiker es als befreiend, die leerstehenden Wohnungen der Hausbewohner anzuschreien.

The Exchange bebildert die Leere eines langweiligen Lebens, mit leeren, architektonischen und kühlen Einstellungen, die die Figuren in den einzelnen Kadern immer streng geometrisch anordnen. Daraus entwickeln sich an zwei oder drei Stellen dann doch ganz lustige und lakonische Momente, die aber nicht repräsentativ für den trägen Rhythmus der Erzählung sind. Prägend ist eher das taube Gefühl der enttäuschten Erwartung, da sich hier vor unseren Augen ein interessantes Regietalent dekonstruiert und förmlich in Luft auflöst.

Der Film weckt unschöne Erinnerungen an inhaltsleeres und ideenloses Konzeptkino, das einem gerne auf großen Festivals als innovativ und wagemutig verkauft wird. Und es fällt schwer einem wie Kolirin, der sicher kein schlechter Regisseur ist, hier zur Seite zu stehen und seine Idee einer Ennui-Studie zu verteidigen. Aber The Exchange scheitert nun mal an seiner Unentschiedenheit und Kraftlosigkeit. Es scheint fast so, als hätte der Fluch des zweiten Werkes Eran Kolirin dann doch noch ereilt.

(Festivalkritik Venedig 2011 von Patrick Wellinski)

The Exchange

Was kann man machen, wenn man bereits mit seinem Erstling einen großen Erfolg gelandet hat und alle nun mit Spannung das zweite – noch bessere – Werk erwarten? Eran Kolirin hatte mit „Die Band von nebenan“ einen wundervoll komischen und herzerwärmenden Film über die kulturellen Differenzen im Nahen Osten gedreht und sich so einen Namen in der Welt des Kinos gemacht. „The Exchange“ heißt sein zweiter Film und der ist ihm leider kräftig misslungen.
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